Pilzberater Martin Heilingbrunner erklärt den Kindern und ihren Eltern die Pilzwelt rund um Ursheim. Bild: Diana Hahn
Herbstzeit ist Pilzzeit. Aber einfach so losziehen, ohne sich mit Pilzen auszukennen und einfach alle Schwammerl, wie man in Bayern sagt, in sein Körbchen zu werfen, ist keine gute Idee. Denn wenn man bedenkt, dass es alleine in Deutschland rund 14000 bekannte Großpilze gibt, kann es schnell passieren, dass ein giftiges Exemplar in den Korb wandert. Schön ist es, wenn man mit jemandem losziehen kann, der sich gut mit den Pilzen in unserer Umgebung auskennt. In Martin Heilingbrunner aus Ursheim habe ich jemanden gefunden, der nebenbei als Pilzsachverständiger arbeitet und im Rahmen des Ferienprogramms auch mal Kinder und deren Eltern mit in den Wald auf Pilzsuche nimmt. Ich durfte die Gruppe dabei begleiten.
Ursheim - Mit Martin Heilingbrunner und seiner Gruppe bin ich am Raiffeisenlager in Ursheim verabredet. Als ich ankomme ist die Gruppe schon fast komplett. Die meisten sind mit einem Körbchen ausgerüstet, um die Pilze, die wir hoffentlich reichlich finden werden, auch nach Hause zu transportieren. Nachdem die Gruppe vollzählig ist, gibt es von Martin Heilingbrunner eine kleine Einführung. Unter anderem erklärt er schmunzelnd, dass man um Krapfen zu backen, Hefe braucht und die sei schließlich auch nichts anderes sei, als ein Pilz der pfurzt und somit dafür sorgt, dass der Teig aufgeht. Den Kindern vermittelt er so, dass Pilze auch in der Lebensmittelherstellung wichtig sind und dass es diese in den verschiedensten Formen gibt.
Wir machen uns auf den Weg Richtung Wald. Während wir uns dem Wald nähern erzählt mir Martin Heilingbrunner, dass er vor 12 Jahren seine Ausbildung zum Pilzberater bei der Deutschen Gesellschaft für Mykologie gemacht hat. "Das war ein Kurs mit theoretischem und praktischem Teil und einer Prüfung", erklärt Heilingbrunner. „Alle fünf Jahre muss man eine weitere Veranstaltung belegen, damit man die Zulassung als Gutachter nicht verliert“ , so Heilingbrunner weiter. "Das wichtigste ist allerdings, dass man seine Grenzen kennt und es auch sagt, wenn man einen Pilz nicht kennt. Es gibt wohl keinen, der alle Pilze kennt", betont Martin Heilingbrunner. Auch für den Giftnotruf ist Heilingbrunner, der eigentlich als Sachgebietsleiter Soziales beim BRK Kreisverband Nordschwaben arbeitet, tätig. Da kann es schon mal passieren, dass er hinzugezogen wird, wenn der Verdacht auf Pilzvergiftung besteht. Aber auch wenn man Pilze gesammelt hat und sich unsicher ist, ob diese essbar sind, kann man ihn zu Rate ziehen.
Roh sind alle Pilze giftig
Währenddessen haben wir auch den Wald erreicht. Kaum im Wald haben die Kinder auch schon die ersten Pilze gefunden. Am ersten Exemplar erklärt Martin Heilingbrunner, wie man die einzelnen Teile des Pilzes nennt. Als da wären der Pilzhut, an dessen Unterseite sich die Lamellen oder der Schwamm bzw. eine Röhrenschicht befindet, und der Stiel. "Der Pilz selbst ist die Frucht. Das kann man mit dem Apfelbaum vergleichen. Der Apfel ist Frucht vom Apfelbaum. Und der Pilz der über der Erde wächst ist der Fruchtkörper. Der eigentliche Pilz wächst unter dem Boden und besteht aus vielen Pilzfäden. Einmal im Jahr treiben dann die Fäden Pilze aus", erklärt uns Heilingbrunner.
Auch einen Fliegenpilz haben wir auf der Wanderung gefunden. Bild: Diana Hahn
Wir gehen weiter und finden ein weiteres Pilzexemplar, eine sogenannte Nebelkappe. "Dieser Pilz
kann Magen-Darm-Störungen hervorrufen und in Tierversuchen wurde Krebs durch die Nebelkappe ausgelöst", informiert uns der Pilzberater. Noch ein Stück weiter stoßen wir auf einen Pilz der Kahler Krempling heißt. Auch diesen sollte man besser nicht verzehren, denn dieser löst Allergien aus, welche zur Blutzersetzung führen können", weiß Martin Heilingbrunner zu berichten. Insgesamt sei es wichtig zu wissen, dass grundsätzlich alle Pilze im rohen Zustand giftig sind: "Das liegt auch am Chitin das in den Pilzen enthalten ist. Dies macht die Pilze schwer verdaulich und führt zu Problemen im Magen- und Darmbereich. Deshalb ist es wichtig darauf zu achten, dass die Pilze bei der Zubereitung komplett durcherhitzt werden", rät der Pilzberater. Außerdem, so Heilingbrunner weiter, solle man generell nur Pilze essen, die man genau kennt. Trotzdem solle man Pilze, die man für giftig hält, nicht "weg kicken". Denn für Tiere sind diese nicht giftig und somit Nahrung. Zudem, erklärt er den Kindern, sei es nicht gefährlich ist, einen Giftpilz anzufassen: "Man vergiftet sich nicht, weil man einen giftigen Pilz angefasst hat, denn das Gift nimmt man nicht über die Haut auf. Allerdings sollte man es dann vermeiden den Finger in den Mund oder die Nase zu stecken. Denn über die Schleimhäute kann man sich sehr wohl vergiften. Nach dem Pilze sammeln heißt es deshalb auch: Hände waschen", so Heilingbrunner. Passend zum Thema Giftpilze finden wir einige Meter weiter einen leuchtend roten Fliegenpilz. "Der ist giftig", sind sich die Kinder sofort einig. Woher dieser Pilz seinen Namen hat erklärt uns Martin Heilingbrunner auch. "Früher wurde der giftige Pilz in süße Milch gegeben und so als Fliegenfalle in der Nähe von Kuhställen benutzt."
Auf unserem weiteren Weg kommen wir in eine Ecke in der ein besonders schmackhafter Speisepilz, die sogenannte Herbsttrompete, wächst. Von Martin Heilingbrunner erhält die Gruppe auch gleich Tipps zur Zubereitung: "Aus diesem Pilz lässt sich eine sehr schmackhafte Soße zubereiten. Oder man trocknet die Pilze und gibt sie dann über das Gericht." Als wir weiter gehen fällt uns ein gelblicher Pilz ins Auge. In diesem erkennt Martin Heilingbrunner sofort einen Gelben Knollenblätterpilz. "Viele Pilze kann man auch am Geruch erkennen. Dieses Exemplar zum Beispiel riecht nach alten Kartoffeln. Roh ist der Pilz giftig. Theoretisch könnte man ihn in gekochtem Zustand essen, jedoch schmeckt der Pilz übel. Man muss allerdings auch aufpassen, dass man ihn nicht mit dem Grünen Knollenblätterpilz verwechselt. Denn der ist hochgiftig", warnt Martin Heilingbrunner. Der Verzehr auch nur geringer Mengen eines Grünen Knollenblätterpilz kann zu einer tödlichen Pilzvergiftung führen, da die enthaltenen Gifte zum Leberversagen führen können. Generell, so informiert uns Martin Heilingbrunner, solle man Pilze mit weißen Lamellen nicht essen. Bei diesen sei die Vergiftungsgefahr besonders hoch. Außerdem rät er auch davon ab junge Pilze zu verzehren, die noch nicht geöffnet sind: "Bei diesen Pilzen", sagt er, "kann man die Pilzmerkmale noch nicht erkennen und den Pilz deshalb nicht eindeutig bestimmen."
Pilze immer im Korb sammeln
Auch wenn im Herbst Pilze Hauptsaison haben, gibt es eigentlich das ganze Jahr über Pilze. Ein besonderer Pilz, so Heilingbrunner, ist der Samtfußrübling, da dieser auch Frost übersteht: "Bei Frost friert er einfach ein und wenn es wieder taut, dann wächst er weiter." Etwas weiter im Wald entdecken wir auch noch einige Maronen oder auch Braunkappen, beliebte Speisepilze. Hier erfahren wir von Martin Heilingbrunner, dass man am besten den Schwamm an der Unterseite des Huts vor der Zubereitung entfernt, da dieser oft matschig ist.
Mittlerweile haben alle Kinder einige Pilze in ihrem Korb und wir machen uns langsam auf den Rückweg. Während wir zurück durch den Wald gehen, gibt Martin Heilingbrunner noch einige Tipps für das Sammeln von Pilzen: "Wichtig ist, dass man Pilze nur im Korb sammelt. In einer Plastiktüte verderben sie schnell. Außerdem muss man gut aufpassen falls man ein Messer zum Pilze sammeln dabeihat. Wenn es ein klappbares Messer ist, sollte man es nach dem Gebrauch unbedingt wieder zusammenklappen. Ein Küchenmesser sollte man unbedingt im Korb aufbewahren. Andernfalls kann man im Wald schnell stolpern und sich verletzen. Außerdem solltet ihr nicht einfach jeden Pilz in den Korb werfen. Zeigt ihn erst euren Eltern, damit nicht aus Versehen ein giftiger im Korb landet."
Mittlerweile haben wir schon ein gutes Stück zurückgelegt. Bevor wir auf die Straße einbiegen, die uns zu unserem Ausgangspunkt zurückführt, passieren wir noch ein Wildgehege in dem sich eine ganze Herde Rehe befindet. Als die Tiere uns entdecken, gehen alle, bis auf ein besonders mutiges Exemplar, auf Sicherheitsabstand und beäugen uns neugierig aus der Ferne. Als wir uns nähern ist es aber auch um den Mut des kleinen Einzelkämpfers geschehen und er ergreift die Flucht. Wir gehen weiter und bald schon nähern wir uns dem Waldrand und haben freien Blick auf Ursheim. Kurz bevor wir den Wald verlassen entdecken wir noch einen kleinen Unterstand. Darunter ein Holzstumpf, aus dem jemand Figuren geschnitzt hat. Zwei Eulen, ein Bär und einige Igel sehen wir. "Warum hat man den Holzfiguren ein Dach gebaut?“, fragt Heilingbrunner in die Runde. "Damit das Holz nicht nass wird. Denn dann können auf dem Holz Pilze wachsen und die zersetzen dann das Holz", erklärt er den Kindern nochmal.
Schließlich erreichen wir unseren Ausgangsort nach einem erfolgreichen Nachmittag. Jeder hat Pilze im Gepäck und vor allem viel Neues zum Thema Pilze erfahren.