2. März 2017, 13:18

Zum Studium nach Paris: Thomas Rebele erzählt vom Leben und Lernen in der französischen Hauptstadt

Die "Poilane Souba Crew" Bild: privat
Thomas Rebele aus Buchdorf studierte an der Technischen Universität München (TUM), ging von dort an das Grande École Télécom ParisTech, wo er seit einigen Semestern studiert und aktuell als Doktorand am Thema "Informationsextraktion" arbeitet. Für uns erzählt er von seinem Studium und seinem Leben in Paris...
"Angefangen hat es mit einer Info-Veranstaltung an der Technischen Universität München (TUM). Die Verantwortlichen erklärten den Studenten die verschiedenen Zielländer, Organisatorisches wie Bewerbungsfristen, aber zeigten auch viele Bilder, die Austauschstudenten mitgebracht haben. Die TUM hat mit einer handvoll Instituten Abkommen für Doppelabschlüsse, darunter eines in Paris. Ich wollte nicht umsonst unzählige Stunden französische Vokabeln gepaukt haben, und so beschloss ich, zum Studieren nach Paris zu gehen. Ein Jahr frischte ich meine Französischkenntnisse wieder auf - unter anderem mit einem Sprachtandem, was ich sehr empfehlen kann.
Ich bewarb mich also an der Schule Télécom ParisTech, die den Rang einer Grande École hat (Grandes Écoles haben in Frankreich ein höheres Ansehen als Universitäten). Die Schule hatte ihren Namen in ihrer 140 jährigen Geschichte schon vier Mal geändert, zuletzt 2009. Die nächste Umbenennung bahnt sich schon an, da sie plant, sich mit einer anderen Schule, Télécom SudParis, zusammenzuschließen. Erfreulicherweise wurde ich akzeptiert, und erhielt einen Platz im Wohnheim direkt neben dem Hauptgebäude(nkomplex). Komplex ist noch untertrieben. Regelmäßig entdeckte ich neue Gänge, Räume und Gebäudeteile. Beim Haupteingang gibt es drei Aufzüge ein paar Meter voneinander entfernt, und jeder hat eine andere Nummer für das Erdgeschoss. So muss sich Hogwarts anfühlen. Die Komplexität erklärt sich dadurch, dass die Schule sich über die Jahre vergrößerte und weitere Gebäude anmietete und hinzubaute. Mittlerweile arbeite ich als Doktorand bei Prof. Suchanek im Themengebiet "Informationsextraktion". Es geht darum, automatisch Informationen aus Dokumenten wie Webseiten auszulesen, zu kategorisieren, einzuordnen und in einer Datenbank abzuspeichern. Diese Daten können von Frage-Antwort-Systemen verwendet werden, um Fragen wie "Wann wurde Elvis Presley geboren" und "Welche Politiker waren auch Schauspieler?" zu beantworten.
Mein studentisches Leben...
Das erste halbe Jahr genoss ich so richtig das studentische Leben. Ich lernte viele neue Leute kennen und verbrachte viel Zeit auf den Partys im sogenannten "Foyer" des Wohnheimes. Mir blieb nicht viel anderes übrig, da ich dank Einfachverglasung selbst im 8. Stockwerk die Musik hören konnte und an Schlaf nicht zu denken war. Partys waren Dienstag und Mittwoch, manchmal Donnerstag, seltener am Wochenende. Irgendwann muss man ja auch außerhalb weggehen. Im zweiten Semester wurden die Vorlesungen schwieriger, sodass ich mehr Zeit fürs Lernen invenstieren musste. Der Studienplan an der Télécom ParisTech kam mir straffer vor, als an der TUM. Es gab weniger freie Stunden, und das 1. und 2. Semester schlossen sich ziemlich direkt aneinander an. Im 3. Semester machte ich ein Pflichtpraktikum bei Stupeflix, einem französischen Startup, das Apps für Foto- und Videomontage entwickelt.
Anfangs war ich auf touristischen Pfaden unterwegs...
Im ersten Jahr besuchte ich die ganzen Touristenattraktionen, wie den Eiffelturm, den Louvre, das Schloss Versailles oder das Schloss in Fontainebleau. Mit der Zeit reduzierte sich das aber und das Leben in der Metropole wird für mich zur Normalität. Am Leben in einer Großstadt gefallen mir der gut ausgebaute öffentliche Verkehr, die vielen Leihfarradstationen und die vielen Aktivitäten, die man machen kann. Mich stören die vielen Ampeln (auch wenn ich sie als Fußgänger und Fahrradfahrer meist ignoriere) und der Verkehr. Die Luft könnte besser sein, und mehr Natur wäre nicht schlecht.
Die "Poilane Souba Crew" Bild: privat
Tanz und Musik gehören mittlerweile zu meiner Freizeit...
In meiner Freizeit besuche ich einen Tanzkurs (was ich schon in München angefangen habe), treibe Sport an einem "Street Workout" Platz und spiele Posaune in der Fanfare der Schule. Die Fanfare nennt sich "Poilane Souba Crew" in Anspielung auf das Sousaphon, eine Form der Tuba, bei der der Trichter nach vorne schaut. Mit Trompeten, Posaunen, Klarinetten und Schlagzeug spielen wir auswendig bei schulischen Aktivitäten. Am Anfang fiel es mir schwer, auswendig zu spielen. Nach drei Jahren wird es immer einfacher. Letztes Jahr spielten wir bei "Feier der Musik" im naheliegenden Barviertel "Butte-aux-Cailles". Bei dieser Feier am Tag der Sommersonnenwende macht die ganze Stadt Musik. Freizeit- und Profimusiker nehmen ihre Instrumente und geben ihr Können zum Besten. Wir spielten unsere Standardstücke: Ein Medley aus dem Dschungelbuch und ein Medley von Daft Punk."