Das Foto zeigt die Meisteranwärterin und Siegfried Hafner, Klient der Stiftung Sankt Johannes, beim gemeinsamen Basteln der Teilnehmerurkunden. Jeder der projektbeteiligten Klienten und Mitarbeiter hat am Ende der Projektwoche eine selbstgemachte Urkunde als Dankeschön von Hannah Happ erhalten . Bild: Sarah Herrmann
Was die Burgheimerin Hannah Happ zum Meistertitel bewogen hat und was sie damit vorhat. 
Marxheim - Es ist Donnerstag kurz nach der Mittagszeit. In der offenen Wohnküche der Gruppe Kilian, einer Wohngruppe für Menschen mit höherem Pflegebedarf der Stiftung Sankt Johannes in Schweinspoint, herrscht reges Treiben. Während Egon Müller bunte Herbstblätter auf dem Tisch verteilt, schneidet Siegfried Hafner gerade die vorab geschälten Bananen in kleine Stücke. Am vierten Projekttag der Meisteranwärterin Hannah Happ zum Thema „Herbst“ stehen die Tischdekoration und ein Mandarinen-Bananen-Smoothie auf dem Plan. Die 26-jährige Burgheimerin arbeitet seit drei Jahren als stellvertretende Leiterin der stiftungsinternen Reinigungsabteilung. Begleitend hierzu besucht sie seit Februar 2016 den Vorbereitungslehrgang zur Meisterprüfung in der Hauswirtschaft am Hauswirtschafts- und Verbraucherzentrum des Verbraucherservice Bayern in Augsburg. Im Rahmen ihrer Tätigkeiten bei der Stiftung Sankt Johannes ist Hannah Happ aufgefallen, dass einige der berenteten Klienten Interesse an hauswirtschaftlichen Arbeiten zeigten. Dies hat sie dazu bewogen, ihr Tätigkeitsfeld für diese Menschen zu öffnen, ihre individuellen Stärken zu fördern und die hauswirtschaftlichen Kompetenzen zu erweitern. Der Grundstein für das praktische Projekt im Rahmen der Meisterprüfung war gelegt.
Hauswirtschaftliche Prozesse planen, steuern und betreuen
Nachdem die Idee für eine Hauswirtschafts-Woche speziell für ältere Klienten der Stiftung Sankt Johannes weiter gereift war, hieß es für Hannah Happ dem Plan ein konzeptionelles, finanzielles, und strategisches Grundgerüst in Form einer schriftlichen Projektplanung zu verleihen. „Der Meistervorbereitungslehrgang im Fach Hauswirtschaft soll uns auf eine spätere Tätigkeit als Leitungskraft vorbereiten. Betriebs- und Unternehmensführung, Personal- und Qualitätsmanagement sowie Marketing gehören ebenso zu unserer Ausbildung wie auch die Vertiefung unserer fachlichen Expertise“, erklärt die gelernte Hauswirtschafterin. Wenn Hannah Happ über ihren Beruf spricht, leuchten ihre Augen. Man sieht der 26-Jährigen an, dass sie mit Leidenschaft bei der Arbeit ist. Seit kurzem leitet sie das Team der Textilpflege in den Werkstätten der Stiftung Sankt Johannes. Hier kann sie nicht nur ihr Fachwissen einbringen, sondern arbeitet auch im direkten Austausch mit Menschen mit Behinderung, leitet sie an und zeigt ihnen, wie die einzelnen Arbeitsschritte durchzuführen sind. In ihrer neuen Rolle geht sie förmlich auf. „An dem Beruf der Hauswirtschafterin hat mich von Anfang an der direkte Kontakt zu Menschen interessiert. Wenn wir nach getaner Arbeit nochmal zusammensitzen und den Tag Revue passieren lassen, freue ich mich immer über das Feedback meines Teams. Besonders erfreulich ist für mich, dass die Beschäftigen der Werkstätten hier eingebunden sind und am Ende des Tages sehen, was sie alles geleistet haben“, erzählt die Meisteranwärterin.
Kompetenzen fördern und Barrieren abbauen
Genau darum ging es ihr auch in der Projektwoche. Hierfür hat sie sich kleinere Aufgaben für jeden einzelnen Tag überlegt. „Die Aufteilung in kleinere Teilprojekte war mir besonders wichtig, damit ich die Klienten nicht mit den Aufgaben überfordere und ihnen die Freude an hauswirtschaftlichen Tätigkeiten vermitteln kann“, erklärt Happ. Am ersten Projekttag ging es um die richtige Pflege von Blumen und Pflanzen. Tags darauf wurden Deko-Schalen getöpfert. In Form eines Ratespiels brachte die Meisteranwärterin den Klienten außerdem Tipps und Tricks zur Reinigung der Wohngruppenräume näher. Am Mittwoch drehte sich alles rund um das Thema „riechen und schmecken“. Der gemeinsame Einkauf war ebenso Teil der Projektwoche wie auch das anschließende gemeinsame Kochen und Backen. Besonderes Augenmerk legte die 26-Jährige auf die Qualität der verwendeten Zutaten und darauf, dass die Klienten sich mit einzelnen Lebensmitteln vertraut machen. Getreu dem Motto „den Herbst mit allen Sinnen genießen“ widmete sich der letzte Projekttag der Dekoration des Wohnraumes, im Speziellen des Esstisches, mit der herbstlich gestimmten Tisch-Deko und abschließendem Kuchen und Kaffee. „Die Projektwoche von Hannah Happ hat uns alles sehr viel Freude bereitet und uns gezeigt, welche versteckten Fähigkeiten in unseren Klienten schlummern“, resümiert Waltraut Heimbach, Mitarbeiterin auf Gruppe Kilian, den Verlauf der Woche.
Die Ergebnisse aus der praktischen Projektwoche gilt es nun zu verschriftlichen und vor dem Hintergrund der Lehrinhalte des Meistervorbereitungslehrganges zu reflektieren. Im Frühjahr kommenden Jahres steht dann für Hannah Happ die Projektpräsentation vor einem externen Prüferteam des Ministeriums für Landwirtschaft, Ernährung und Forsten sowie zwei schriftliche Prüfungen und eine sogenannte Situationsanalyse an. Auf die Zeit danach freut sich die Meisteranwärterin besonders, „denn dann kann ich mich wieder voll und ganz auf meine Arbeit als Hauswirtschafterin konzentrieren und die Doppelbelastung von Lehrgang und Job hat ein Ende.“ Schließlich seien die Anforderungen an eine moderne Hauswirtschafts- und Betreuungsdienstleistung bei Weitem nicht gleichzusetzen mit „ein bisschen Haushalt“, wie in einem alten deutschen Schlager besungen. (pm)