26. März 2020, 18:18
Corona-Pandemie

Heroldinger fühlen sich an den Pranger gestellt

Heroldingen, Ortsteil von Harburg. Bild: Matthias Stark
Im Harburger Ortsteil Heroldingen gibt es laut Landratsamt einen Schwerpunkt mit Corona-Virus-Infektionen. Die Bürger der Ortschaft fühlen sich nun aber an den Pranger gestellt.

Das Landratsamt gab am Mittwoch eine Pressemitteilung heraus, in der die Kreisbehörde mitteilte, dass sich manche nicht an die Quarantäne-Regelungen in Heroldingen hielten und strengere Maßnahmen zumindest überlegt wurden. Gegen diese Anschuldigungen wehren sich nun immer mehr Heroldinger. So gibt es zahlreiche Kommentare auf unseren SocialMedia-Plattformen, die genau dies als nicht richtig schildern. Im Laufe des Donnerstags hat sich nun auch eine betroffene Familie bei uns gemeldet, und kritisiert, dass die Heroldinger nun landkreisweit  "an den Pranger gestellt und als Krisenherd bezeichnet" werden.

Kritik an der Kommunikation

Die Familie hat am gestrigen Mittwoch ihre Testergebnisse bekommen, alle Familienmitglieder sind positiv auf SARS-COV-2 getestet. Wahrscheinlich hat sich ein Kind der Familie im Kindergarten mit dem Corona Virus infiziert und dann die anderen Familienmitglieder angesteckt. Allen gehe es soweit gut, keiner habe schwerere Symptome. Was die Heroldinger allerdings stört, ist die Kommunikation mit dem Gesundheitsamt. Nachdem am Dienstag 17. März, als die Kitas und Schulen bereits geschlossen waren, bekannt wurde, dass im Heroldinger Kindergarten ein Corona-Fall aufgetreten war, wurde viele Kontaktpersonen getestet. Teilweise waren die betroffenen Personen mit dem Gesundheitsamt in telefonischem Kontakt. Das Amt fragte Kontaktpersonen ab und wies an, ein "Fiebertagebuch" zu führen. "So war es auch bei uns", bestätigt der Familienvater. Bei anderen Familien aus seinem Umfeld, mit denen er während der Quarantäne per WhatsApp in Kontakt steht, wäre das allerdings nicht der Fall gewesen, berichtet der Vater. Warum, könne man sich unter den Betroffenen nicht erklären. "Auf Nachfrage beim Landratsamt wurde man dort unfreundliche. Zeitgleich gestand die Mitarbeiterin aber, dass sie seit 48 Stunden durch arbeite. Wir haben Verständnis für die Lage der Behörde. Das ist für alle neu." Trotzdem fühlten sich manche Heroldinger wohl falsch oder nicht ausreichend Informiert. Mittlerweile funktioniere das aber besser, es gäbe feste Ansprechpartner. 

Wunsch nach fairer Behandlung

Was der Familie außerdem aufstößt, ist die Behauptung man würde sich nicht an die Quarantäne halten. „Alle Familien, mit denen wir in Kontakt stehen, haben uns bestätigt, die Quarantäne einzuhalten“, schildert der Vater. „Deshalb können wir uns hier nur gegen diesen Fingerzeig zur Wehr setzen. Das war nicht in Ordnung.“ Das diese Anordnung auch überwacht wird, berichten mehrere Familien, die nun öfter Streifen der Polizei im Ort sichten.

In den Augen der Heroldinger Familie muss man nun gemeinsam zusammenstehen und nach vorne blicken. „Wir sind es doch, die dann in den Firmen wieder arbeiten, wenn andere erkranken und wir gesund sind. Deshalb bitten wir nun darum, dass die Anfeindungen aufhören. Wir können nichts für unsere Erkrankung. Es war klar, dass es irgendwann eine Ansammlung von Erkrankten geben wird. Hier konnte das Gesundheitsamt und das Landratsamt nun lernen, mit der Situation umzugehen."

Abriegelung wurde diskutiert   

Andere Ortschaften in der Bundesrepublik, die so massiv betroffen waren, wurden abgeriegelt. Das Landratsamt bestätigte, dass eine Abriegelung Heroldingens möglich gewesen wäre. "Davon wären jedoch auch nicht am Ausbruch beteiligte Bürger betroffen gewesen. Das wollten wir, wenn möglich vermeiden", so Landrat Stefan Rößle. Das Gesundheitsamt veranlasste für die Betroffenen sowie Verdachtsfälle und Kontakpersonen deshalb eine 14-tägige häusliche Quarantäne. "Wir hoffen, dass diese Maßnahmen nun fruchten" so Rößle. Die Anzahl der Erkrankten ist nun nochmal gestiegen, wie der Landrat außerdem berichtet. "Damit ist Heroldingen ein Krisenherd und zu diesem Wort stehe ich. Deshalb ist es nun wichtig, dass die Bevölkerung den Ernst der Lage erkennt. Aufgrund der weiter steigenden Fallzahlen, bewerten wir die Lage fast stündlich neu und entscheiden weitere Schritte. Das könnte natürlich auch eine befristete Abriegelung sein“. Im ersten Schritt hofft Rößle aber, dass die Situation mit den aktuellen Maßnahmen in den Griff zu bekommen ist. „Wir haben bisher bei den Verstößen auch keine Anzeigen erstellt, sondern die betreffenden Personen ermahnt“. Der Landrat sieht die Ausbreitung des Corona-Virus als Herausforderung für die Gesellschaft. „Wir alle müssen unser Leben nun ändern. Und wenn wir gemeinsam an einem Strang ziehen, dann wird Krise an uns vorbei gehen.“