6. Juni 2018, 20:43

Erstaufnahme wird Ankerzentrum – Geht das?

Auf dem Gelände der ehemaligen Alfred-Delp-Kaserne wird bereits abgerissen, ein Teil jedoch soll als Ankerzentrum Flüchtlinge aufnehmen. Bild: Frank Felten
Am vergangenen Montag kündigte der Bayerische Ministerpräsident Markus Söder an, dass die Erstaufnahmeeinrichtung am Donauwörther Schellenberg in ein Ankerzentrum umgewidmet wird. Dieser Schritt wirft nun Fragen auf.
Donauwörth – Seit vielen Jahren ist Dr. Ulrich Roßkopf als Rechtsanwalt in Donauwörth niedergelassen. Als gebürtiger Parkstädter hat er 2015 gemeinsam mit Falk Freisleben, niedergelassener Arzt in Donauwörth, Unterschriften gegen die Einrichtung einer Asyleinrichtung auf dem Gelände der ehemaligen Alfred-Delp-Kaserne gesammelt. „Durch die mehreren Tausend Unterschriften, die innerhalb weniger Tage zusammen gekommen sind, ist es gelungen, die damals vom Donauwörther Stadtrat einstimmig verabschiedete Resolution auf eine breite gesellschaftliche Basis zu stellen“ so Roßkopf rückblickend.
Aus Erstaufnahme wird Akerzentrum – geht das so einfach?
Nach dem 31.12.2019 soll Donauwörth frei über das Konversionsgelände in der Parkstadt verfügen können. „Die getroffene Vereinbarung gilt“, betonte Ministerpräsident Söder anlässlich seines Auftritts in Daiting. Mit diesen Worten bezog er sich auf eine „politische Vereinbarung“, die bis heute aber kaum jemand im Wortlaut kennt, bestätigte diese grundsätzlich. Zwischenzeitlich soll die EAE allerdings als Ankerzentrum genutzt werden. An diesem Punkt stellt sich für den Juristen Roßkopf die Frage, ob die Erstaufnahmeeinrichtung während der Laufzeit der Vereinbarung einfach so umgewidmet werden darf. Falls ja, wäre das für Roßkopf eine Erklärung dafür, weshalb dieses Schriftstück nur einem exklusiven Personenkreis, der bezeichnenderweise im politischen Lager des Ministerpräsidenten zu finden ist, zugänglich zu sein scheint.
Wie berichtet, hatte der Freistaat im August 2015 die Einrichtung einer Asylunterkunft in der ehemaligen Alfred-Delp-Kaserne beschlossen. Zu diesem Zweck wurde dem Freistaat eine Fläche von rund 8 Hektar der ehemaligen Kaserne von der BIMA zur Verfügung gestellt. Diese Fläche sollte – so der verkündete Kompromiss – bis 31.12.2019 als Erstaufnahmeeinrichtung dienen und anschließend an die Stadt gehen. Außerdem erklärte sich der Freistaat bereit, Donauwörth finanziell unter die Arme zu greifen. Welche Zusagen konkret gemacht wurden oder ob diese erfüllt wurden, ist aber bis heute unklar. „Es ist allerhöchste Zeit, dass endlich alle relevanten Dokumente öffentlich gemacht werden, damit sich die Öffentlichkeit selbst ein Bild davon machen kann, was tatsächlich vereinbart ist – und wie verbindlich diese Vereinbarungen sind“, so Roßkopf.
Dem pflichtet sein Mitstreiter Freisleben bei: „Nach jetzt drei Jahren haben wir festgestellt, dass wiederholt der gefundene Kompromiss in Frage gestellt wurde – nur um dann zu versichern, dass er Gültigkeit hat. Trotzdem wird das einmal Kommunizierte immer wieder einseitig verändert.“ In den sozialen Medien stellen sich deshalb viele Bürger die Frage, was die Versicherung von Ministerpräsident Söder wert ist, dass es mit Ablauf von 2019 keine Erstaufnahmeeinrichtung mehr geben soll. Da niemand ernsthaft davon ausgehen kann, dass bayernweite Ankerzentren terminiert auf den 31.12.2019 erledigt sind, muss rechtssicher geklärt werden, wo dann – wenn nicht in Donauwörth – ein Ankerzentrum in Schwaben entstehen kann. Dass diese Frage von hiesigen politischen Mandatsträgern nunmehr umgehend zu klären ist, darin sind sich Roßkopf und Freisleben einig.
Besuch des Innenministers soll Klarheit brigen 
Von Seiten der Stadt Donauwörth kann man die Kritik nicht nachvollziehen, wie uns Pressesprecherin Annegret Moser in einem Statement mitteilte. „Was verbindlich vereinbart ist und für die weiteren rund 1 ½ Jahre gilt, wurde zuletzt diese Woche öffentlich hinreichend ausgeführt – von den Stellen, in deren Zuständigkeit die Ausgestaltung liegt: Staatsregierung und Innenministerium.“ Der Rechtsdirektor der Stadt Donauwörth, Richard Lodermeier, erklärt im Telefonat nochmals, dass man sich auf die Vereinbarung verlasse. „Im Moment arbeitet das Innenministerium an einer Erweiterung der Vereinbarung. Ein erster Entwurf liegt bereits vor.“ Außerdem merkte Lodermeier an, dass in seinen Augen wohl keine Nutzungsänderung vorliegt. „Wo bisher Verwaltung ist, bleibt Verwaltung. Wohnräume bleiben Wohnräume,“ so der Rechtsdirektor. „Wir warten gespannt auf den Besuch des Innenministers, der ja angekündigt hat, alle sieben Standorte besuchen zu wollen.“ Bei diesem Besuch will man die offenen Fragen mit Innenminister Joachim Herrmann klären, so Lodermeier. Unter anderem ist noch fraglich, wo die Verwaltungsrichter auf dem Gelände untergebracht werden sollen.