Es fängt meist harmlos an: ein paar Haare auf dem Kopfkissen, ein kleiner Büschel in der Bürste, vielleicht ein zunehmend kahler werdender Scheitel, den man vorher nicht so wahrgenommen hat. Schnell landet man bei der Suche nach Shampoo gegen Haarausfall und stößt auf eine Parade an Versprechungen: Koffein, Rosmarin, quasi Magie in Flaschen!
Dabei ist Shampoo oft nicht mehr als ein unterstützender Statist und hilfreich für die Kopfhaut, aber kein Wundermittel gegen verlorene Haarpracht.
Haare wachsen schneller, wenn man sie regelmäßig schneidet, oder?
Ein Klassiker unter den Mythen, der sich hält, wie ein schlechter Dauerbrenner im Frühstücksfernsehen, Spitzen schneiden, damit das Haar in Rekordgeschwindigkeit sprießt. In Wirklichkeit hat das Wachstum ganz andere Pläne. Es startet tief unten, im Haarfollikel, und der lässt sich von Scherenaktionen an der Oberfläche nicht aus dem Takt bringen. Die Wachstumsgeschwindigkeit, etwa ein Zentimeter im Monat, konstant, geduldig, unbeeindruckt von äußeren Eingriffen.
Dahinter steckt ein biologisches System mit klarer Rollenverteilung: Wachstumsphase, Übergangsphase, Ruhephase. Ein ständiger Zyklus, bei dem täglich bis zu 100 Haare ausfallen, ohne dass das gleich ein Grund zur Sorge wäre. Wer trotzdem regelmäßig zur Schere greift, macht das aus guten Gründen, gepflegte Spitzen sehen voller aus, Spliss hat keine Chance, das Haar wirkt insgesamt gesünder. Schneller wird’s dadurch zwar nicht, aber schöner eben schon.
Haarausfall liegt an den Genen. Punkt.
Wäre es so einfach, bräuchte es keine Dermatologen, keine Bluttests, keine Spezialshampoos. Ja, genetisch bedingter Haarausfall, Stichwort androgenetische Alopezie ist weit verbreitet. Vor allem bei Männern, aber auch Frauen trifft es, meist am Scheitel oder entlang des Haaransatzes. Verantwortlich ist das Hormon DHT, das die Wachstumsphasen verkürzt und die Haarfollikel nach und nach verkümmern lässt.
Die Gene sind nicht allein auf weiter Flur. Wer dauerhaft unter Strom steht, schlecht schläft, sich einseitig ernährt oder Medikamente einnimmt, liefert dem Haarausfall gleich mehrere Steilvorlagen. Auch hormonelle Schwankungen wie etwa nach einer Geburt oder in den Wechseljahren wirbeln das feine Gleichgewicht durcheinander.
Sogar Umweltfaktoren wie UV-Strahlung oder Luftverschmutzung wirken sich auf die Kopfhaut aus. Und Zigaretten machen nicht nur Falten, sondern auch dünnes Haar. Weniger Gen-Schicksal also, mehr Lebensstil-Puzzle.
Hausmittel, Massagen, Vitamine, das hilft bestimmt. Oder?
Rosmarinöl aufsprühen, Ei aufschlagen, Bier einmassieren, irgendwo zwischen Großmutters Tipps und TikTok-Trends liegt die Wahrheit. Viele Hausmittel pflegen das Haar tatsächlich, stärken es, machen es geschmeidig. Aber den Wachstumsprozess beeinflussen sie in der Regel nicht. Wer echte Unterstützung sucht, braucht Durchblutung, Nährstoffe und eine entspannte Kopfhaut.
Massagen können helfen, das Ganze in Schwung zu bringen. Nicht, weil sie magisch sind, sondern weil sie den Blutfluss anregen und damit die Versorgung der Follikel. Noch wichtiger ist allerdings das, was von innen kommt: Biotin, Zink, Eisen, Vitamin D. Wenn es dem Körper an diesen Bausteinen fehlt, zeigt sich das oft zuerst an Haut und Haaren.
Das Fazit lautet also: Wer das Haarwachstum fördern will, braucht kein Hexenwerk. Sondern Geduld, gute Pflege und die Bereitschaft, auch mal in die Tiefe zu schauen, im wörtlichen wie im übertragenen Sinn.