Die Giants aus Nördlingen. Bild: Gerd Lessau
Vier Minuten vor dem Ende der regulären Spielzeit schien im bayerischen ProB-Derby zwischen den Giants TSV Nördlingen und dem FC Bayern München II alles gelaufen. Die favorisierten Gäste, mit der Empfehlung von drei Siegen in Serie ins Ries gekommen, führten mit elf Punkten Vorsprung, und das Heimteam hatte gerade sechs Angriffe in Folge verballert. Was sollte da noch viel passieren? Doch beim Basketball gibt’s manchmal verrückte Irrungen und Wendungen und eine davon erlebten gestern Nachmittag die rund 650 Zuschauer in der Hermann-Keßler-Halle.
Nördlingen - Doch der Reihe nach. Die Bayern, die die Playoff-Teilnahme (die besten Acht der Tabelle) bereits sicher in der Tasche haben, waren mit einer ganz jungen Truppe nach Nördlingen gekommen. Die Jungspunde, im Schnitt gerade gut 20 Jahre alt und von Oliver Kostic und dem deutschen Ex-Nationalspieler Demond Greene gecoacht, wirkten zunächst reichlich uninspiriert und lagen nach zweieinhalb Minuten mit 0:6 im Rückstand. Kostic weckte dann seine Mannen ziemlich lautstark (10:12), aber die letzten sieben Punkte des ersten Viertels erzielten wieder die Giants zum überraschenden 17:12-Zwischenstand. In diesem Stil ging es zunächst auch in den zweiten zehn Minuten weiter (24:17), ehe der Ex-Nördlinger im Bayern-Trikot, Georg Beyschlag, mit zwei erfolgreichen Dreiern innerhalb einer Minute seine einzigen werferischen Lichtblicke in dieser Partie hatte. Nördlingen konterte noch einmal zum 29:25, kassierte dann aber fünf Punkte in Serie zum 29:30-Halbzeitstand. Ärgerlich war aus Sicht des Heimteams zu diesem Zeitpunkt vor allem die schwache Freiwurfquote (nur sieben Treffer bei 15 Versuchen), schon mehrmals in dieser Saison die Achillesferse der Nördlinger Korbjäger.
Ungewöhnlich begann die zweite Hälfte: Weil Bayern-Trainer Kostic die Schiedsrichter auf dem Weg in die Kabine scharf kritisiert hatte, erhielt er ein technisches Foul, sodass Nördlingen eine Freiwurfchance und anschließenden Ballbesitz erhielt, aber vergab. Überhaupt kam den Giants jetzt mehr und mehr die Treffsicherheit abhanden und nur noch Eddy Edigin hielt unter dem Korb dagegen. Über 29:35 und 33:41 zogen die Gäste auf 41:54 davon, vor allem durch drei Drei-Punkte-Würfe in den letzten zwei Minuten. Die Vorentscheidung?
Das meinten zumindest die Münchner, die nach dem 46:57 (35.) wieder in den Schlendrian der Anfangsphase verfielen. Doch die Giants in dieser Saison vor der Schlusssirene abzuschreiben, hat sich schon mehrmals als Trugschluss erwiesen. „Entscheidend war unsere nun höhere Intensität in der Verteidigung“, analysierte Giants-Coach Danny Nelson, der auf Zonendeckung umgestellt hatte und dadurch mehr Rebounds und ein schnelleres Umschalten in den Angriff forcierte. Plötzlich saßen auch die Freiwürfe, zweimal durch Coleman, zweimal durch Smith (54:57). 90 Sekunden vor Schluss traf Lind zum 56:57 und Terence Smith legte einen Dreier zum 59:57 nach. Aber den Gästen gelang 30 Sekunden vor dem Ende mit zwei verwandelten Freiwürfen nach einem unsportlichen Foul von Fabian Brütting der Ausgleich – Verlängerung.
In den fünf Extraminuten wirkten die Münchner regelrecht platt, während die Rieser nicht zuletzt aufgrund des psychologischen Vorteils, eine entschieden geglaubte Partie noch gedreht zu haben, nicht mehr zu stoppen waren. Coleman, Brütting und Lind verwandelten nun fünf ihrer sechs Freiwürfe und Lind steuerte einen weiteren Dreier bei. Bayern war zwar 13 Sekunden vor Schluss noch einmal auf 66:67 heran, aber die letzten beiden Freiwürfe von Terence Smith bedeuteten die Entscheidung zum 69:66.
Weil auch die ärgsten Konkurrenten Lich, Würzburg und Frankfurt am 21. Spieltag gewannen, beträgt der Abstand der Giants zu einem Nichtabstiegsplatz weiterhin schwer aufzuholende sechs Punkte. Kapitän Fabian Brütting machte der engagierte Auftritt seines Teams trotzdem Mut: „Wichtig ist, dass wir – genau wie im Spiel gegen die Bayern – bis zum Schluss dran glauben, dass wir es schaffen können. Schließlich sind am letzten Hauptrundenspieltag und in der dann folgenden Abstiegsrunde noch 14 Punkte zu vergeben.“
Giants: Adrien Coleman 16 Punkte (1 Dreier), Terence Smith 17 (1)/7 Rebounds, Leon Friederici, Eddy Edigin 16/14 Rebounds, Fabian Brütting 4, Adrian Lind 12 (2)/7 Rebounds, Jonas Zink, Robin Seeberger 4 (1), Florian Knie. Philipp Steinmeyer, Lukas Scherer und Johannes Raab wurden nicht eingesetzt. – Erfolgreichste Bayern waren Tobias Korndörfer (18 Punkte), Karim Jallow (15) und Marvin Ogunsipe (10). (Text: Robert Milde)