Vorwürfe gegen Tierwohl-Betrieb

Tierskandal auch im Donau-Ries? Landwirt reagiert auf schwere Vorwürfe

Blick in den Schweinestall - der Landwirt muss sich mit schweren Vorwürfen auseinandersetzen. Bild: Mara Kutzner
Tierschutzaktivisten erheben schwere Vorwürfe gegen einen Schweinehalter im Landkreis Donau-Ries. Der Landwirt hat unserer Redaktion daraufhin Einblick in seine Stallungen gewährt und wirft den Aktivisten vor, seinen Betrieb ins falsche Licht zu rücken.

Aktivisten von Animal Rights Watch e.V. (ARIWA) haben in den vergangenen Monaten in 21 Betrieben in Deutschland heimlich Foto- und Videoaufnahmen gemacht. Spiegel und ZDF berichteten kürzlich ausführlich über teils gravierende Missstände. Auch ein Hof bei Wemding ist betroffen.

Laut ARIWA verschafften sich die Aktivisten im Januar nachts unerlaubt Zutritt. Auf den Aufnahmen aus dem Donau-Rieser Schweinebetrieb sieht man Verschmutzungen im Stall und Auslauf. Laut Anna Schubert, Agrarreferentin bei ARIWA, zeigen die Aufnahmen Schweine, die tief in ihrem eigenen Kot stehen: „Von Tierwohl ist in dieser verdreckten Anlage nichts zu sehen. Es fehlt nahezu vollständig an Stroh, während die Tiere knöcheltief in ihren eigenen Exkrementen leben müssen. Hinzu kommen verletzte, aber offenbar nicht separierte Tiere.“ Damit würde der Landwirt nicht nur gegen das Tierschutzrecht verstoßen, sondern auch gegen die Kriterien des Tierwohl-Labels „Für mehr Tierschutz“ des Deutschen Tierschutzbundes, mit dem sein Schweinefleisch ausgezeichnet ist.  

Aufnahmen von Animal Rights Watch zeigen Schweine auf verdreckten Böden. Bild: Ainmal Rights Watch e.V.

Veterinäramt: Keine Verstöße gegen das Tierschutzgesetz

Dass Tierschutzaktivisten auf seinem Grundstück waren, wusste der Landwirt erst vom Veterinäramt. Das Amt wurde Anfang April von ARIWA informiert und führte eine unangekündigte Kontrolle durch. Ergebnis laut Landratsamt: keine Verstöße gegen das Tierschutzgesetz. Weitere Kontrollen folgten auch auf Wunsch des Landwirts. „Wir wollen ja alles richtig machen“, betont er und lädt auch unsere Redaktion zum Ortstermin auf seinen Hof ein.

Dort stehen vier baugleiche Ställe mit Platz für 1.000 Schweine, meist sind 820 bis 850 Tiere vor Ort. Die Ferkel kommen mit etwa 30 Kilogramm auf den Hof, werden in rund fünf Monaten auf gut 120 Kilo gemästet und in einer Lohnschlachterei in Baden-Württemberg verarbeitet. Das Fleisch landet in EDEKA-Märkten mit dem Label „Haltungsform 4 Auslauf/Weide“.

Jetzt, im Sommer, sind die Ställe nach zwei Seiten offen, ein kleiner Teil ist nicht überdacht. Im Winter werden die Seitenwände geschlossen und die Decke abgesenkt, um den kleineren Raum besser heizen zu können. Überall liegt Stroh, die Tiere futtern, trinken, schlafen oder zanken sich. Nur der vordere Bereich der Buchten ist nicht eingestreut, hier ist nämlich die Kotstelle. Als der Stall 2017 neu gebaut wurde, entschied man sich zum Wohl der Tiere gegen einen Spaltenboden und für festen Untergrund. Der Mist fällt also nicht nach unten, sondern bleibt auf der Fläche liegen – bis eine Maschine kommt und den Mist wegschiebt. Ein- bis zehnmal am Tag werde das gemacht, erklärt der Landwirt. 

Blick vom Stall nach draußen. Bild: Mara Kutzner

„Es ist immer eine Frage der Perspektive“

Die Ferkel werden zusammen auf einer großen Strohfläche gehalten, die Kotstelle ist dementsprechend größer. Die Landwirtsfamilie hat nun sogar ein Schild „Schweinetoilette“ angebracht, um (ungebetenen) Besucher*innen zu signalisieren, dass hier bewusst nicht eingestreut wird. Das Schild können die Ferkel freilich nicht lesen, sie sollen lernen die Bereiche gezielt zu nutzen. Dort wo bereits Kot liegt, koten sie wahrscheinlich erneut, so die Überlegung des Landwirts. 

Er kritisiert, dass auf den Aufnahmen der Tierschützer ausschließlich diese Bereiche zu sehen seien – und zwar nachts und im Winter, wenn die Bedingungen anders wirken als am Tag bei Sonnenschein.

Auch auf die Vorwürfe verletzter Tiere geht er ein: Rangkämpfe und kleinere Blessuren seien bei Schweinen normal. Bei ernsthaften Verletzungen werde selbstverständlich ein Tierarzt hinzugezogen.

Die "Schweinetoilette" kennzeichnet den Bereich des Stalls, wo die Tiere koten sollen. Bild: Mara Kutzner

Vorzeigebetrieb verliert Vertrauen

Bei der Frage, ob er für die Arbeit auf dem Hof Angestellte habe, deutet er nur schmunzelnd auf Frau und Tochter. „Das sind meine einzigen Helfer“, sagt er. Seine Frau gehe in Teilzeit arbeiten, der Betrieb mit 850 Schweinen reiche gerade so aus, um die Familie zu ernähren. Seine Tochter ist Schülerin und kann sich vorstellen, den Betrieb später einmal zu übernehmen, ist aber verunsichert. „Ob man das echt machen will, wenn Leute auf den Hof kommen und kleine Betriebe wie unseren damit kaputt machen wollen?“, sagt die junge Frau.

Direkt angesprochen wurde der Schweinebauer von ARIWA nie. Über die Vorwürfe erfuhr er erst durch unsere Presseanfrage. Früher suchte der Landwirt bewusst die Öffentlichkeit, lud Schulklassen, Politiker und Interessierte auf den Hof ein. Doch damit soll nun Schluss sein. Sogar die Schilder des Labels und eines Tierschutzpreises, der dem Betrieb vor wenigen Jahren verliehen wurde, hat die Familie mittlerweile von der Stallwand abmontiert. „Wir waren immer sehr stolz darauf“, sagt seine Ehefrau. Zu groß sei aber nun die Angst, erneut ins Visier von Menschen zu geraten, die in den Hof einbrechen, Fotos machen, anprangern. Auch das ist der Grund, warum die Landwirtsfamilie ihren Namen nicht in einem Artikel lesen will.

Tierschützer fordern Ausstieg aus Nutztierhaltung

Tatsächlich hat sich Animal Rights Watch e.V. für seine Aktion Schweinehaltungen ausgesucht, die mit besonderem Tierwohl für sich werben oder anderweitig in der Öffentlichkeit stehen. 

Die Aktivisten haben eine Strafanzeige gegen den Donau-Rieser Landwirt erstattet – teilen aber mit: „Wir prangern niemanden an: Die Tierhalter*innen sind nur Rädchen im Getriebe der Tierwohl-Lüge, die alle nur zu gerne glauben, um weiter Fleisch essen zu können.“ ARIWA fordert einen vollständigen Ausstieg aus der Nutztierhaltung. Für den Landwirt aus dem Donau-Ries ist das eine absurde Idee. Am Ende entscheiden die Verbraucher, was auf den Teller kommt – und der Handel bestimmt den Preis. 

Redaktionsleitung. Unterwegs für blättle und online.

Telefon: 0906 / 977 598 - 23, E-Mail: mkutzner@donau-ries-aktuell.de