25. Juni 2018, 17:18

Knabenkapelle vollzieht Führungswechsel

Oberbürgermeister Faul übergibt den Taktstock an Oliver Körner: „Sie können ein wohl bestelltes Orchester übernehmen, das sich auf die Zusammenarbeit mit Ihnen freut.“ . Bild: Dieter Möhle
Es waren bewegende Momente, die es in Nördlingen nur selten gibt. Momente des Dankes, des ehrenvollen Abschieds, aber auch der Hoffnung und des Vertrauens in das weitere Gelingen der Führungsverantwortung einer klanggewaltigen, beliebten und bewährten Nördlinger Institution. Die Rede ist von der Knabenkapelle Nördlingen. Mehr als 1000 Gäste erlebten am Weinmarkt das Konzert zum „Stabwechsel“ bei der Knabenkapelle Nördlingen. Stadtmusikdirektor Georg Winkler tritt zu Beginn des Schuljahres 2018/19 in den wohlverdienten Ruhestand. Er und Oberbürgermeister Hermann Faul übergaben am Samstag den Taktstock für die Knabenkapelle an Nachfolger Oliver Körner.
Nördlingen - Der Aufzug des Trommlerkorps mit dem Blasorchester der Knabenkapelle bietet nicht nur eine beeindruckende Bild- und Klangkulisse bei den Auftritten des klingenden Botschafters der Stadt Nördlingen. Sie lässt auch nur erahnen, welches Maß an Fleiß, Disziplin, Teamfähigkeit und rhythmisches Einfühlungsvermögen bereits von den jüngsten Mitgliedern des Trommlerkorps und den Nachwuchsmusikern gefordert wird. Bis diese dann bis zum maximalen Alter von 18 Jahren im Vorstufen- und Großen Blasorchester ihren Stammplatz finden und dort „mit ihren Aufgaben wachsen“, vergeht oft ein mühsamer und steiniger Weg, der viel Aufopferung, Lerneifer und Durchhaltevermögen fordert. Es ist aber auch ein Weg der Persönlichkeiten und Freundschaften prägt, verbunden mit viel Spaß, Beifall und Anerkennung.
Stadtmusikdirektor Georg Winkler ging diesen Weg und geht ihn immer noch, ein wenig noch. Er begleitete hunderte junger Menschen in ein spannendes, lehrreiches Hobby, in die Welt der Musik. Er war ihnen (und auch den Mädels der Stadtkapelle) Vorbild, Kumpel, väterlicher Freund, Ausbilder und Lehrmeister. Mit „seinen Buben“ war er nicht nur in Nördlingen, im Ries und der weiteren Region Süddeutschlands bei unzähligen Auftritten unterwegs. Er bereiste mit der Knabenkapelle ganz Deutschland und fast die ganze Welt. Während seiner langen Dienstzeit hinterließ die Knabenkapelle „klingende Grüße aus Nördlingen in den USA, Kanada, Japan, Australien und in vielen europäischen Ländern.
Mit Beginn des Schuljahres 2018/2019 übernimmt sein Nachfolger Oliver Körner sein Amt. Körners Einarbeitung begann am 1. März dieses Jahres.
Auf dem Bild dirigiert Georg Winkler den Ragtime-
Marsch „Lassus Trombone“ von Henry Fillmore, gespielt vom Gemeinschaftsorchester . Bild: Dieter Möhle
Für Georg Winkler wurde ein ehrenvoller Abschied inszeniert. Oberbürgermeister Hermann Faul begrüßte zunächst die Hauptakteure des Abends: Die beiden Dirigenten Winkler und Körner, jeweils mit Familienangehörigen. Es folgte eine sehr langes Protokoll aus Vertretern der Kirchen, der Politik, Altoberbürgermeister Paul Kling, Heiner Rommel, den Stadtrat, Theo Keller vom Allgäu-Schwäbischen Musikbund (ASM), Vertreter langjährig bestehender musikalischer Verbindungen, darunter auch Jean-Pierre Michel der „Harmonie de Riom“. Auch zahlreiche ehemalige Mitglieder der Knabenkapelle gaben Georg Winkler die Ehre. Fauls Dank galt nicht zuletzt allen, die zum Gelingen (nicht nur) dieses Konzertes beigetragen haben: Zuallererst allen aktiven Akteuren auf und hinter der Bühne, Michael Fischer und Armin Schneider, den Organisatoren Peter Schiele, Birgit Kapeller und Rudi Scherer sowie dem Bauhof-Team mit Stadtgärtnerei. An der Reihe waren Förderer und Sponsoren, die engagierten Ausbilder in Theorie und Praxis und die Eltern der meist noch jugendlichen Musiker und allen „Ehemaligen“.
Nach dem ersten Aufzug des Trommlerkorps (Leitung: Michael Fischer) und dem „Coburger Marsch“ folgte eine bunte Abfolge Winklers Lieblingsrepertoire, wobei sich die Knabenkapelle (Dirigat: Georg Winkler) mit der Stadtkapelle (Dirigat: Armin Schneider) im Vortrag abwechselte. Manuel Schröter und Eva-Maria Pilz lieferten charmant und gekonnt gewitzt jeweils eine kurze Anmoderation. Das Musical-Thema „Jesus Christ Superstar“ (Andrew Lloyd Webber), das Filmthema „Around The World In 80 Days“ (Otto M. Schwarz) und die Rhapsodie for Band „African Inspirations“ (Markus Götz) waren die musikalischen Höhepunkte vor der Umbau- und Erfrischungspause. Danach gings als vereintes Orchester auf der Großbühne weiter: Der „Deutschmeister-Regimentsmarsch (Wilhelm August Jurek) mit seinem melodiösen Trio erinnerte an die K&K-Zeit und lieferte einen fulminanten Ersteindruck der stimm- und klangstark vereinten Bühnentruppe. Es folgte die Schnellpolka „Leichtes Blut op. 319“ (Johann Strauß) und die weltbekannte R&B-Pophymne „One Moment in Time“ (Hammond/Bettis). Beim Ragtime-Marsch „Lassus Trombone“ (Henry Fillmore) überraschten die vereinten Posaunenregister mit witzigen Glissando-Solis. Der Marsch „So G’sell so“ (Fritz Walter) erinnerte viele Ehemalige auch an das Wirken von Winklers Amtsvorgänger Fritz Walter, bevor mit dem Trio des „Bozener Bergsteigermarsch“ (Sepp Tanzer) das Südtirollied als Vokaleinlage überraschend gesangsstark einen musikalischen Bezug zur Heimat in Erinnerung brachte.
Der zweite Aufzug des Trommlerkorps, mit der Jungen Stadtkapelle (Leitung: Johannes Krauß) und das Vorstufenorchester (Leitung: Oliver Körner), eröffnete die feierliche Taktstockübergabe. Oberbürgermeister Hermann Faul stellte in großer Laudatio Winklers pädagogisches und musikalisches Wirken seit 01. November 1982 für die Stadt Nördlingen in den Mittelpunkt: "Viele, viele Buben und Jugendliche hat er im Einzelunterricht und Gesamtproben musikalisch ausgebildet und menschlich geformt.“ „Ich habe es stets bewundert, wie er mit seinen Jungs den schmalen Grat zwischen freundschaftlichem Miteinander und notwendiger Disziplin bewältigt hat. Dabei konnte man ihn nie aus der Ruhe bringen. Seine Nervenstärke ist legendär.“ Faul ergänzte mit Erinnerungen an internationale Auftritte und weltweite Musik-Freundschaften: Damit „hast Du das Verständnis der Menschen gefördert und dazu beigetragen, Sprachgrenzen zu überwinden und Menschen unterschiedlichster Herkunft zusammenzuführen.“ „Du kannst stolz sein auf dein großartiges berufliches Lebenswerk. Herzlichen Dank!"
Nach langanhaltendem Beifall und Standing Ovations erwiderte Georg Winkler seinen Dank demütig berührt. Er hob die „freundschaftliche Basis des Miteinanders“ und langjährige Wertschätzung der Stadtverantwortlichen, namentlich Paul Kling, Heiner Rommel, Hermann Faul und Peter Schiele hervor, die das Wirken der Knabenkapelle „immer als musikalische Botschafter dieser Stadt verstanden haben“. Sein weiter Dank galt den Schulen, allen mitverantwortlichen Ausbildern, postum Richard Hochstatter (+) und Michael Fischer. Sein „Vergelt’s Gott!“ galt auch den langjährigen Sponsoren, Förderern, Freunden und Gönnern und nicht zuletzt seiner eigenen Familie und der Elternschaft: „Sie haben uns ihre Sprösslinge anvertraut, in der Hoffnung, dass sie gut aufgehoben sind und dass sie hier ein musikalisches Rüstzeug erhalten. Ich denke und hoffe, dass wir Sie nicht enttäuscht haben.“ Sein „besonders aufrichtigen Dank“ galt allen Schülern und aktiven Musikern: „Ihr habt mir mit Eurer Musik sehr viele positive Momente beschert.“ „Schenkt meinem Nachfolger Oliver Körner das gleiche Vertrauen, das Ihr mir entgegengebracht habt. Danke!" Erneut folgte großer Beifall und das Publikum erhob sich anerkennend von den Sitzen.
Hermann Faul übertrug mit einem kräftigen Handschlag und der symbolischen Taktstockübergabe die Gesamtverantwortung an Oliver Körner: „Ich möchte Sie an Ihrer neuen Wirkungsstätte in Nördlingen willkommen heißen. Ich wünsche Ihnen für Ihre künftige Tätigkeit viel Erfolg und Freude. Finden Sie im Umgang mit den jungen Menschen immer den richtigen Ton.“ „Ich wünsche Ihnen für Ihre schöne und fordernde Aufgabe alles Gute. Sie können ein wohl bestelltes Orchester übernehmen, das sich auf die Zusammenarbeit mit Ihnen freut.“ „Viel Glück!“ Zum Abschluss inszenierte Oliver Körner sein erstes Dirigat über die vereinten Orchester mit dem Straßenmarsch „San Carlo“ (Oscar Tschuor). Der „letzte Vorhang“ fiel längst nicht. Das Publikum forderte noch einige Zugaben. (pm)