23. August 2021, 16:57
Jagdverband

Wildtiere: Große Gefahr durch Ernteschock

Bild: pixabay
Die rasante Ernte in der modernen Landwirtschaft bringt Segen für die Bauern, aber bedeutet auch, dass den Wildtieren in kürzester Zeit Nahrung und Deckung entzogen wird. Hecken und wildtiergerechter Zwischenfruchtanbau schaffen Abhilfe.

Höher, weiter, schneller – das gilt auch für die Erntetechnik. Während vor nicht allzu langer Zeit Dutzende Erntehelfer den ganzen Tag im Einsatz waren, um ein Weizenfeld abzuernten, erledigt ein Mähdrescher diese Arbeit heute in nur wenigen Stunden. Für die Landwirtschaft ein Segen, wenn innerhalb kürzester Zeit die Ernte eingebracht werden kann, bevor das Wetter umschlägt. Doch für unsere Wildtiere ist es ein Schock, wenn sie plötzlich ohne Nahrung und Deckung dastehen.

Nahrung und Deckung in kürzester Zeit entzogen

Durch die Ernte ändert sich der Lebensraum für Hase, Reh und Fasan abrupt und drastisch. Auf einen Schlag werden die Äcker abgeerntet: Innerhalb weniger Stunden stehen nur noch Stoppeln auf den Feldern, wo es vorher Äsung in Hülle und Fülle gab. Häufig werden auch die Stoppeläcker sofort nach der Ernte gegrubbert und somit die letzten Körner unter die Erde gebracht, die gerade unseren freilebenden Vögeln und Hühnern helfen könnten, sich langsam an die neue Situation zu gewöhnen. „Schlagartig ihrer Nahrungsgrundlage beraubt, kommt es für Wildtiere zu einer Notsituation, dem so genannten Ernteschock. Der Tisch ist abgeräumt, obwohl es gerade jetzt wichtig wäre, sich für die kalte Jahreszeit möglichst viele Fettreserven anzufressen“, so Robert Oberfrank und Albert Reiner, die beiden Vorsitzenden des Jagdverbandes Donauwörth. Mit der Nahrung ist gleichzeitig auch die „Wohnung“ weg. Wildtiere wie Hase und Fasan, aber teilweise auch das Rehwild haben keine Deckung mehr, die sie vor den Blicken der Räuber schützt. Manche Tiere sind mit der Situation überfordert, sitzen bzw. stehen wie apathisch auf dem Feld. Sie sind im wahrsten Sinne des Wortes ein gefundenes Fressen für Räuber wie Fuchs, Marder, Habicht oder verwilderten Hauskatzen.

Achtung: Wild auf Wohnungssuche

Gerade das Rehwild hat im Spätsommer einen besonders hohen Nahrungsbedarf. Die anstrengende Paarungszeit ist zu Ende und nun ist es angesagt, Fettreserven anzufressen. Auch für eine gute Entwicklung der Rehkitze, die bis in den September hinein gesäugt werden, ist gehaltvolle Nahrung wichtig. Sind die Felder leer, bleibt den Tieren nichts anderes übrig, als nach neuen Futterplätzen zu suchen. Dafür nehmen sie weite Wege in Kauf, die sie zwangsläufig über Straßen führen. „Autofahrer sollten besonders aufpassen und immer damit rechnen, dass ein Tier plötzlich auf die Fahrbahn läuft“ warnen die beiden Jägervorstände Reiner und Oberfrank.

Letzte Zuflucht Feldhecke

Jäger und Landwirte können mit der Anlage von Hecken und Feldgehölzen den Ernteschock mildern. Diese grünen Inseln sind das ganze Jahr hindurch Lebensraum für viele Insekten, Reptilien und Vögel. Hinzu kommt, dass die artenreichen Hecken während der Ernte Wildtieren Nahrung und Deckung bieten. Optimale Ergänzung ist ein zusätzlicher Kräuterstreifen. Auch die Jäger des Jagdverbandes Donauwörth sind hier aktiv und bemühen sich die Folgen des Ernteschocks für die Wildtiere abzumildern. Rettung bieten Felder, auf denen direkt nach der Ernte Zwischenfrüchte wie Lupinen, Ackersenf oder Klee oder speziell dafür entwickelte Saatmischungen eingesät werden, sie sind eine gute Möglichkeit für wildtiergerechten Zwischenfruchtanbau. Diese Pflanzen haben einen hohen Stickstoffgehalt und wachsen schnell, so dass die Felder in kurzer Zeit wieder grün sind. Sie bleiben so lange stehen, bis der Landwirt seinen Acker wieder braucht und sie unterpflügt. Auch durch das Einsäen von Stilllegungsflächen mit Pflanzenmischungen, die Wildtieren schmecken, kann der Ernteschock gemildert werden. (pm)