2. Februar 2017, 12:55

Gärtnerei der JVA Kaisheim wird EG-Bio Betrieb

Zeitplan der EG-Zertifizierung der Gärtnerei der JVA Kaisheim Bild: JVA Kaisheim
Seit dem 01.01.2017 stellt die Gärtnerei der Justizvollzugsanstalt Kaisheim ihren Betrieb in den kommenden zwei Jahren auf EG-Bio Betrieb um.
Kaisheim – Am 1. Januar dieses Jahres wurde der Vertrag zwischen der JVA Kaisheim und der Kontroll- und Zertifizierungsstelle AB-CERT in Augsburg für Öko-Anbau unterschrieben. Die Kontrollstelle wird die Mitarbeiter des Gärtnereibetriebes in den nächsten zwei Jahren und darüber hinaus bei ihrer EG-Bio Zertifizierung begleiten, beraten und die vorgeschriebenen Kontrollen durchführen. Während der kommenden zwei Jahre werden sämtliche Anbaumittel wie Erde, Samen, Dünger, etc. ausschließlich mit Bio-Siegel eingekauft und eingesetzt. Alle bisherigen konventionellen Anbaumittel werden vernichtet oder, wenn möglich, veräußert.
„Der Bayer. Landtag hatte bereits 2015 alle Justizvollzugsanstalten bayernweit die Aufgabe gestellt, die Betriebe auf eine Bio-Umstellung hin zu prüfen. Daraufhin haben wir in Kaisheim unsere Gärtnerei auf eine solche Umstellung hin genauestens geprüft und sind zu dem Ergebnis gekommen, dass wir die nötigen Maßnahmen relativ schnell, zu geringen Kosten und mit sofortiger Wirkung umsetzen können. Das liegt daran, dass wir in Kaisheim seit jeher wenig konventionelle Dünge- oder Spritzmittel eingesetzt haben und in unserem Betrieb schon lange auch Wert auf natürliche Anbaumethoden und gute Produkte gelegt wurde“, erklärt mir Wolfgang Huber, Leiter des betrieblichen Arbeitswesens der JVA Kaisheim und Leiter dieses Projektes.
Dennoch liegt einiges an Arbeit vor Thomas Löw, Betriebsleiter der Gärtnerei der JVA Kaisheim und seinem Team. Neben Gemüse bietet die Gärtnerei auch Zierpflanzen an, das heißt, in den nächsten Monaten muss hier eine strikte Trennung zwischen Gemüse- und Zierpflanzenanbau und –verkauf vorgenommen werden. „Die Zierpflanzen kommen meist nicht ohne konventionelle Düngemittel aus und brauchen eine andere Erde, daher müssen wir zukünftig zwei voneinander abgetrennte Bereiche schaffen“, erklärt Wolfgang Huber. „Auch müssen wir zukünftig streng die von uns selbst in Bio-Qualität angebaute Ware von der zugekauften nicht Bio-Ware trennen. Gerade im Winter können wir z. B. Tomaten oder Salat nicht bei uns anbauen, da unsere Kunden aber rund ums Jahr diese Ware bei uns wünschen, kaufen wir sie aus dem südeuropäischen Ausland zu. Die Ware hat sehr gute Qualität, ist aber nicht EG-Bio zertifiziert. Daher müssen wir sie getrennt von unserer Bio-Ware anbieten“, ergänzt Thomas Löw. Angeboten werden darf die Ware in den nächsten zwei Jahren allerdings noch nicht mit dem EG-Bio Siegel. Lediglich Tomaten und Gurken, die als Topfpflanzen in den Verkauf gehen, und die in Bio-Erde aufgezogen wurden, dürfen ab 2017 mit dem EG-Bio Siegel verkauft werden. Das in Kaisheim gezogene und geerntete lose Gemüse und der Salat dürfen erst nach einer Umstellungsphase von zwei Jahren, also ab dem Jahr 2019 mit dem EG-Siegel in den Verkauf gehen.
„Aktuell bauen wir etwa 30 verschiedene Gemüse- und Salatsorten in unserer Gärtnerei an. Dabei handelt es sich ausschließlich um Saisonware. Allerdings wollen wir ab diesem Jahr auch einen Test mit dem Anbau von Goji Beeren machen. Diese sind eigentlich in Asien heimisch, sollten aber auch in unseren Breitengraden gut gedeihen“, erklärt Thomas Löw. Wolfgang Huber fügt an: „Langfristig wollen wir das eine oder andere Nischenprodukt mit in unser Sortiment aufnehmen. Wir haben derzeit rund 1000 Kunden im Monat direkt vor Ort in der Gärtnerei. Da wir keine Werbung machen, läuft alles über Mund-zu-Mund Propaganda. Wir könnten uns aber vorstellen, mit besonderen Nischenprodukten weitere Abnehmer wie zum Beispiel Bio-Läden für uns zu gewinnen. Ziel der Bio-Umstellung ist allerdings nicht zwingend, die Wirtschaftlichkeit unseres Betriebes zu steigern, sondern vielmehr als staatlicher Betrieb zum einen mit gutem Beispiel voran zu gehen und zu zeigen, dass eine Umstellung auf Bio funktioniert, zum anderen aber auch zusätzliche Arbeitsplätze für die Gefangenen zu schaffen.“ Die Arbeit in den Betrieben ist die einzige Möglichkeit, Geld zu verdienen für Extras wie Süßigkeiten oder Tabak oder auch etwas zu sparen für die Zeit nach der Entlassung. Außerdem gibt die Arbeit vielen Gefangenen eine Art Stabilität im Gefängnisalltag, einen geordneten Tagesablauf, die Möglichkeit zu sozialen Kontakten und für einige auch die Möglichkeit einen Beruf zu erlernen oder einen Abschluss nachzuholen.
Die Gärtnerei der JVA Kaisheim ist im Vergleich zu anderen Betrieben, auch zu anderen Bio-Betrieben wie beispielsweise Demeter oder Bioland Betriebe mit seinen 4,5 ha Anbaufläche relativ klein. Dennoch wagt Wolfgang Huber einen Blick in die fernere Zukunft: „Langfristig könnte ich mir gut vorstellen, dass wir in Kaisheim nicht nur unseren Gärtnereibetrieb, sondern die komplette Landwirtschaft auf Bio umstellen. Hierzu laufen bereits die ersten Prüfungen. In unseren landwirtschaftlichen Betrieben betreiben wir seit vielen Jahren bereits Rinderzucht und Getreideanbau. Da sehe ich noch großes Potential für die Zukunft. Ich könnte mir auch gut eine noch engere Zusammenarbeit mit dem Gut Neuhof in Kaisheim vorstellen, die vor Ort bereits Testreihen mit alternativen Bio-Anbaumethoden machen. Eine Zukunftsvision von mir ist, irgendwann vielleicht einen großen Verkaufsraum für alle unsere selbst erzeugten Produkte unter einer eigenen Marke zu schaffen, aber das ist“, fügt er lachend an „wirklich noch reine Zukunftsmusik.“ (vg)