Ein völlig derangierter Dorfrichter, ein zerbrochener Krug, eine hysterische Mutter, eine fehlende Perücke, eine zu platzen drohende Hochzeit und eine Spontanvisite durch den Gerichtsrat sind die Hauptbestandteile des Lustspiels „Der zerbrochene Krug“ von Heinrich von Kleist. Dieses Theaterstück ist für die Abiturprüfungen 2026, 2027 und 2028 eine der ländergemeinsamen Pflichtlektüren. Als Ergänzung zur Besprechung im Unterricht gab es nun für die elfte und zwölfte Jahrgangsstufe des Theodor-Heuss-Gymnasiums Nördlingen eine Inszenierung der Neuen Werkbühne München in der schuleigenen Aula zu sehen. Diese ist ein professionelles Tourneetheater für Schulen in Bayern und klassische bzw. literarische Stoffe spezialisiert.
Für die Aufführung hatte das Schauspielensemble ein einfaches und doch ausdrucksstarkes Bühnenbild mitgebracht. Trotz einer Stückkürzung auf 60 Minuten wurde die Komödie originalgetreu aufgeführt, so dass der altertümliche Sprachstil im fünfhebigen Jambus erhalten blieb. Gleichzeitig wurden aber kleine sprachliche Anpassungen vorgenommen, um zu zeigen, dass das Stück, das 1808 uraufgeführt wurde, auch in der heutigen Zeit noch seine Berechtigung hat. Die Aktualität wurde durch weitere Anpassungen wie das Auftreten einer weiblichen Gerichtsrätin und Anklänge der #metoo-Debatte unterstrichen. Gleichzeitig wurde aber auch die wirre Situationskomik des Originalwerks transportiert.
Besonders beeindruckend war der Monolog der Eve, als diese vom Amts- und Machtmissbrauch sowie der sexuellen Nötigung durch den Dorfrichter Adam berichtete und dabei das Publikum so in den Bann zog, dass es vollkommen still im Zuschauerraum war.
Im Anschluss an die Inszenierung führte Ansgar Wilk, der Leiter der Theatergruppe und der Schauspieler des Dorfrichters, noch ein Werkstattgespräch, um Fragen zu Kostümen, Bühnenbild, der Bedeutung des Kruges, aber auch zum Beruf des Schauspielers zu klären. (dra)