Am 23. Februar 1945 wurde Oettingen zum ersten und einzigen Mal Ziel eines alliierten Bombenangriffs auf die Stadt während des Zweiten Weltkriegs. An die über 200 Opfer dieses Angriffs erinnert die Stadt am Samstag mit einer Gedenkveranstaltung in der St. Sebastiankirche. Zudem wird am Sonntag am Gräberfeld des Friedhofs um 12:25 Uhr ein Kranz niedergelegt, von 12:30 Uhr an läuten für 15 Minuten die Glocken.
Für Oettingens Ersten Bürgermeister Thomas Heydecker ist diese Art des Gedenkens ein wichtiger Bestandteil der städtischen Erinnerungskultur. „Es liegt in unserer Verantwortung, dieses dunkle Kapitel unserer Stadtgeschichte immer wieder in Erinnerung zu rufen, diese Erfahrung an die nachfolgenden Generationen weiterzugeben und das Gedenken an die Opfer lebendig zu halten“, schreibt er im Vorwort der in diesem Jahr erschienen Gedenkschrift von Werner Paa.
Sonderausstellung im Heimatmuseum
Doch die Erinnerung wird nicht nur im Rahmen der Gedenkfeiern aufrechterhalten, das Heimatmuseum Oettingen hat das Jahrestag zum Anlass genommen, eine Sonderausstellung mit dem Namen "Krieg und Fotografie: Josef Fischer / Anja Niedringhaus" zu organisieren. Mit knapp 100 Exponaten werden alle Facetten des Angriffs und dessen Folgen aufgezeigt, aber auch ein Bezug zur Gegenwart hergestellt.
Das Herzstück der Ausstellung sind Fotos von Josef Fischer, der am Sonntag nach dem Angriff die Schäden in der Stadt mit seiner Kamera festhielt. 83 Negative in Schwarz-weiß entstanden dabei, die Barbara Heinrich, Leiterin des Heimatmuseums, historisch gesehen als „ein wahnsinnig wichtiges Dokument“ bezeichnete. In einer besonderen Aktion wurden speziell für die Ausstellung neun Negative von Peter Anders per Hand nachkoloriert und werden mit der Eröffnung erstmals der Öffentlichkeit präsentiert.
Eine Dollarnote als besonderes Ausstellungsstück
Ein weiteres Highlight der Ausstellung ist ein 1-Dollar-Schein, der über viele Umwege den Weg nach Oettingen fand und auf besondere Weise mit dem Angriff verbunden ist. Oftmals wurden solche Scheine von alliierten Piloten als Notizzettel für Angriffsziele genutzt – so eben auch für Oettingen. Der Schein kam Anfang der 50er Jahre als Wechselgeld in den Besitz von Willi Reichert - ein gebürtiger Oettinger, der um 1930 in die USA ausgewandert war. Im Jahr 2021 brachte dessen Neffe Lothar Karl den Dollarschein bei einem Besuch in der alten Heimat nach Oettingen und übergab ihn dem Heimatmuseum. Der Schein wurde so zu „einem kostbaren Gut“, wie Barbara Heinrich feststellte und wird nur zu besonderen Anlässen gezeigt.
Aber in der Ausstellung finden nicht nur die Ereignisse vor 80 Jahren Platz, sie soll auch einen Bezug zur Gegenwart herstellen. Unter anderem werden daher auch zahlreiche Bilder der Kriegsfotografin Anja Niedringhaus gezeigt. Viele Jahre verbrachte sie in den Kriegsgebieten in Afghanistan, Irak, in Gaza, Pakistan und Libyen. 2005 als erste deutsche Fotografin mit dem Pulitzerpreis für aktuelle Fotoberichterstattung ausgezeichnet, wurde sie 2014 in Afghanistan getötet. Getreu ihres Mottos ‚Wenn ich es nicht fotografiere, erfahrt ihr es nicht‘ hatte sie zuvor in unzähligen Bildern die Auswirkungen von Krieg auf alle Beteiligten festgehalten.
Mit diesem Brückenschlag will Barbara Heinrich ebenfalls dem Bildungsauftrag als Museum gerecht werden. „Wir müssen uns erinnern, weil wir so auch lernen.“ Daher hofft sie auch auf den Besuch zahlreicher Schulklassen in der Ausstellung.
Hintergrund zum Bombenangriff auf Oettingen
Der Angriff fand am Freitag, dem 23. Februar 1945, im Rahmen der Operation Clarion statt. Ziel waren verschiedene Verkehrsknotenpunkte in Deutschland. Ursprüngliches Ziel der Bomber an diesem Tag waren eigentlich Eger und Bamberg, aufgrund schlechten Wetters über dem Zielgebiet wurde jedoch Oettingen als Ausweichziel angeflogen.
Bereits um 10:30 Uhr wurden Markierungen über Oettingen abgeworfen, ab 12:26 Uhr bis 12:42 Uhr warfen 48 B17-Bomber, die über Hainsfarth anflogen, rund 500 Bomben ab. Ziel waren die Eisenbahn- und Straßenbrücken über die Wörnitz. Über 200 Menschen verloren ihr Leben, rund elf Prozent des Stadtgebiets wurden zerstört. Besonders betroffen waren die untere Vorstadt, Schützenstraße, der Entengraben und Zwinger.
Die Aufräumarbeiten begannen erst im Juni 1945. Das erste Haus war 1946 in der Schützenstraße wieder bezugsfähig, bis 1950 waren fast alle Gebäude wiederhergestellt. Lediglich zwei historische Gebäude – das Spital und das Amtsgericht – wurden nicht mehr in früherer Form aufgebaut.
Alles Wichtige zur Sonderausstellung
Dauer: 23. Februar - 27. April 2025
Sonntagsführungen in der Ausstellung
16.03. und 06.04.2025, jeweils 14 – 15 Uhr
Anmeldung nicht erforderlich
Happy Hour - Langer Abend im Museum
03.04.2025, jeweils 17 – 20 Uhr
Anmeldung nicht erforderlich
Öffnungszeiten:
Mittwoch – Sonntag von 14 – 17 Uhr sowie an Feiertagen und nach Vereinbarung
Öffnungszeiten an Ostern
Karfreitag, 18.04. geschlossen, Ostersonntag, 20.04. und Ostermontag, 21.04. geöffnet von 14 – 17 Uhr
Filmvorführung zu Anja Niedringhaus
29.03.2025, 19.30 Uhr
Kino in der Goldenen Gans, Karten im Vorverkauf