Bild: Sarah Herrmann
Eine historisch gewachsene Stadt hat viele Geschichten zu erzählen. Um all die Sehenswürdigkeiten, wichtigen Plätze und Relikte der Vergangenheit zu verstehen, bedarf es meistens einem Reisehandbuch. Die gängigen Stadtführer oder Hinweis-Tafeln sprechen jedoch nicht alle Menschen an. Wer etwa Schwierigkeiten beim Verständnis von komplizierten, langen Texten in kleiner Schrift hat oder sich nur einen groben Überblick verschaffen möchte, steht oftmals verloren da. Abhilfe schaffen „Stadt-Führer in Leichter Sprache“, die immer öfter als ergänzendes Angebot in Tourist-Informationen zur Verfügung stehen.
Donauwörth - Der prämierte Stadtführer in Leichter Sprache stellt das Ergebnis eines Kooperationsprojektes der Privaten Wirtschaftsschule Donauwörth, der Städtischen Tourist-Information Donauwörth und des Fachdienstes für Inklusion der Stiftung Sankt Johannes dar. Im Rahmen eines freiwillig gewählten Schulprojektes haben 11 engagierte Schülerinnen und Schüler der 10. Jahrgangsstufe gemeinsam mit Menschen mit Behinderungen sowie Ulrike Steger, Leiterin der Städtischen Tourist-Information, im vergangenen Schuljahr einen originellen Stadtführer in gedruckter Form für die ‚bayerisch-schwäbische Donauperle an der Romantischen Straße‘ erarbeitet. Dieser beinhaltet die bedeutendsten historischen Zeugnisse der Stadt Donauwörth. Insidertipps zum eigenständigen Erkunden der Stadt und Informationen für Menschen mit Mobilitätseinschränkungen, wie z.B. Hinweise auf barrierefreie Parkhäuser, Cafés, Toiletten oder Hindernisse auf der Route in Form von Steigungen, ergänzen das Angebot des Stadtführers.
Gemeinsam für mehr Barrierefreiheit und Teilhabe einstehen
Thomas Schütz, Sachgebietsleiter Soziales und Jugend der Regierung Schwaben, übergab das Signet an die inklusive Projektgruppe. Er betonte in seinem Grußwort das soziale Engagement der Schülerinnen und Schüler. Projekte wie dieses zeigen auf, dass wir alle von einem Miteinander profitieren, so Schütz. Denn die hartnäckigsten Barrieren seien immer noch die in den Köpfen, die sich nicht so einfach rückbauen ließen wie beispielsweise Bordsteinkanten oder Treppenaufgänge. „Wenn wir uns jedoch öffnen und Begegnung zulassen, kann echte Teilhabe stattfinden.“ Die Begegnung auf Augenhöhe zwischen Menschen mit Behinderung und den Schülern der Privaten Wirtschaftsschule bezeichneten die Projektteilnehmer als den eigentlichen Gewinn. „Mit dem Projekt wurde aus Theorie gelebte Teilhabe. Für mich persönlich war es besonders schön zu erleben, wie die Projektgruppe im gemeinsamen Tun zusammengewachsen ist und so ein nachhaltiges Zusatzangebot für den Tourismus und die Barrierefreiheit  in Donauwörth geschaffen hat“, resümiert Doris Glötzl, Projektleiterin seitens der PWS, den Projektverlauf. Geschäftsführer Carsten Limmer akzentuierte in seinem Grußwort die Leidenschaft aller Beteiligten, mit der sie für die Belange von Menschen mit Behinderung einstehen und damit einen bedeutungsvollen Beitrag zur Akzeptanz innerhalb der Gesellschaft leisten.
Nachhaltiges Angebot für Tourismusentwicklung der Stadt Donauwörth
Mit der vor einem Jahr veröffentlichen Erstauflage des Stadtführers in Leichter Sprache, die bereits nach einem dreiviertel Jahr vergriffen war, endete das Projekt aber noch nicht. Vielmehr knüpften die Experten für verständliche Sprache, eine sechsköpfige Gruppe von Klienten der Stiftung Sankt Johannes, an die Projektarbeit an und üben sich seit knapp sechs Monaten auf dem Gebiet der Stadtführungen in Leichter Sprache. Unter der Leitung von Monika Lutz vom Fachdienst für Inklusion der Stiftung Sankt Johannes treffen sie sich jeden Mittwoch und lernen die Sehenswürdigkeiten der Stadt Donauwörth besser kennen. Dieses Engagement ehrte Oberbürgermeister Armin Neudert im Rahmen der Signet-Verleihung und ernannte die Teilnehmer zu offiziellen Stadtführern für verständliche Sprache. Der Grundstein für eine Weiterentwicklung der touristischen Angebote in Donauwörth ist damit gelegt. Denn die Stadtführer für Leichte Sprache sollen in den kommenden Monaten weiter gefördert werden und die verschiedenen Stadtführungen der Tourist-Info begleiten. Langfristiges Ziel ist es, die Stadtführungen in Leichter Sprache in das offizielle Programm der Tourist-Information aufzunehmen.
Miteinander statt Nebeneinander
Von dem Stadtführer in Leichter Sprache profitieren nämlich nicht nur Menschen mit Lern- oder Leseschwierigkeiten. Vielmehr richtet sich dieser auch an ältere Menschen, Förderschul- und Kindergartengruppen, Menschen mit Migrationshintergrund oder all diejenigen Besucher, die sich lediglich einen kurzen Überblick über die Geschichte der Stadt Donauwörth verschaffen möchten, so Michaela Sims vom Büro für Leichte Sprache der Stiftung Sankt Johannes. Sims war es, die den Schülerinnen und Schülern zu Beginn des Projektes Nachhilfe in Leichter Sprache gegeben hat. Hierbei zeigte sich auch, dass Leichte Sprache gar nicht so leicht ist, wie der Name vorgibt. Doch wenn ein Jeder sich mit seinen Fähigkeiten einbringe, so Ulrike Steger, Leiterin der Tourist Information Donauwörth, könne daraus etwas Großes erwachsen, wie die Neuauflage des Stadtführers in Leichter Sprache zeige. Professionell gestaltet in den Farben der Stadt Donauwörth wird der neu aufgelegte Stadtführer in Leichter Sprache am 13. Mai im Rahmen der Tourist-Saison-Eröffnung der Öffentlichkeit vorgestellt und ist dann bei der Tourist-Info der Stadt Donauwörth und erhältlich. (pm)