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Seit 30 Jahren gibt es den SKM Donau-Ries. Der Katholische Verband für soziale Dienste in Donauwörth unterstützt seit über 30 Jahren Menschen in Not. Das Engagement des gemeinnützigen Vereins liegt hauptsächlich bei Hilfsangeboten für straffällig gewordene Männer. Zum 30. Jubiläum organisierte der Verein nun eine Lesung mit dem Gefängnisarzt, Schauspieler und Autor Joe Bausch, bekannt aus dem Kölner Tatort.
Donauwörth - Eingefleischten Tatortfans ist der Name Joe Bausch auf jeden Fall geläufig: Der 65-Jährige ist als Gerichtsmediziner Dr. Joseph Roth aus dem Kölner "Tatort" bekannt. Auch im wahren Leben ist Bausch Arzt an einem sehr speziellen Arbeitsplatz: Seit 32 Jahren arbeitet er in der Justizvollzugsanstalt im nordrhein-westfälischen Werl, einem Hochsicherheitsgefängnis mit rund 1000 Insassen, die dort zum teil sehr lange Haftstrafen verbüßen. Neben seiner Tätigkeit als Arzt und Schauspieler ist Bausch außerdem Autor. Gestern Abend plauderte Bausch im Pfarrsaal des Münster Pfarrheims in Donauwörth über seinem Berufsalltag und las aus seinem neuesten Buch "Gangsterblues".
Die Patienten von Bausch sind größtenteils Mörder, Totschläger und Pädophile. In seinem Arbeitsalltag hat es Bausch mit den ganz schweren Jungs zu tun. Und genau von seinem Alltag mit diesen Schwerverbrechern erzählte Bausch gestern Abend. Er gewährte den zahlreich erschienenen Besuchern einen Einblick in eine Welt der Fremdbestimmung. Eine Welt, die geprägt ist von verschlossenen Türen und Misstrauen, das so tief geht, das nicht einmal ein Schwerverbrecher dem anderen vertraut, geschweige denn seine Nächte in dessen Griffnähe verbringen möchte. Ebenso eine Welt in der der neue Arzt im ersten Jahr diverser Straftaten beschuldigt wird – einfach um zu schauen, wie dieser reagiert. Das ist nicht der nächste Krimi in dem der 65-Jährige mitspielt, sondern der ganz gewöhnliche Alltag von Joe Bausch. Der sympathische und charismatische Hesse versteht es aus dem Nähkästchen zu plaudern und trotz des ernsten Themas, sein Publikum regelmäßig zum lachen zu bringen. Denn auch im Knast passieren kuriose Dinge.
Vom Arzt zum Autor
Zum Schreiben sei er gekommen, so erzählt Bausch, nachdem er durch unzählige Talkshows getingelt war, aber nie dazu gekommen das loszuwerden, was er der Öffentlichkeit eigentlich vermitteln wollte. Zudem seien auch 50 % der Fragen, die ihm gestellt wurden immer die gleichen gewesen: "Fast immer wurde gefragt, was am Montag nach der Ausstrahlung des Tatorts in der Sprechstunde los war." Das, so Bausch weiter, interessiere seine Patienten eigentlich gar nicht mehr. Viel interessanter sei es hingegen gewesen, wenn er mal wieder als Verbrecher zu sehen war und er zeigen konnte, dass "der Alte"es noch kann, erzählt Bausch mit einem Augenzwinkern.
Auch von seinem "Weg in den Knast" erzählt Joe Bausch. Von seinem ersten Versuch in den 70er Jahren tatsächlich selbst einzusitzen, nachdem er einen Strafzettel für zu schnelles fahren nicht bezahlt hatte, seine Mutter das aber heimlich für ihn übernommen und so seinen Aufenthalt im Gefängnis verhindert hatte. "Damals waren ein paar Tage Gefängnis noch cool für die Vita. Heute würde ich davon abraten", so der Autor. Nach dieser ersten verhinderten Erfahrung hatte sich Bausch dann 12 Jahre später tatsächlich als Gefängnisarzt beworben. Auch diesmal scheiterte sein Versuch in den Knast zu kommen, da der zuständige Chefarzt ihm "eine große Nähe zum Klientel bescheinigte", und ihm deshalb von jeglicher Arbeit im Justizvollzug abriet. Aber Bausch blieb dran und schließlich klappte es. Schmunzelnd ergänzt Bausch: "Ich dachte mir dann, wenn die mich einmal rein lassen, entscheide ich selbst, wann ich wieder gehe. Das ist nun 32 Jahre her."

Ein Spiegel der Gesellschaft

In seinem Buch "Gangsterblues" erzählt Joe Bausch 12 Geschichten über das Leben der Gefängnisinsassen. Mit diesen bildet er das Leben im Gefängnis realitätsnah ab. Das Gefängnis ist sich Joe Bausch sicher, spiegelt die Gesellschaft wieder. So könne man beobachten, dass die Alterskriminalität steige und die Anzahl der Täter mit hohem Bildungsniveau zurückgehe. Bausch ist der Meinung, dass man bereits früh ansetzen müsse, um zu verhindern dass Bereits Im Jugendalter der Weg in die Kriminalität eingeschlagen werde: "Früher wurde auf dem Dorf noch aufeinander geschaut. Heute schaut keiner mehr auf den anderen. Wir müssen wieder mehr aufeinander schauen und auch auf das vertrauen, was wir sehen." Es brauche keine Helden, aber Menschen die beobachten und auch Hilfe rufen, wenn sie etwas sehen. Bevor er den begeisterten Applaus des Publikums erntet, sagt Bausch abschließend: "Wenn wir wissen, der andere schaut, dann fühlen wir uns wieder sicherer."