Nördlingen ist auch über die Landkreisgrenzen hinaus für seine Historie und seine Stadtmauer bekannt. Besonders die Altstadt hat es dabei Touristen und Landkreisbewohnern gleichermaßen angetan. Für Bürger*innen stellt sich dabei häufig die Frage nach der Historie des Wohnhauses und damit häufig verbunden auch der eigenen Familiengeschichte. Für alle Interessierten wurde dazu am heutigen Montag auf der Homepage der Stadt Nördlingen die Nördlinger Häuserchronik als neues Tool freigeschaltet. Dabei handelt es sich um eine interaktive Datenbank, die es den Nördlinger*innen ermöglicht, die Geschichte ihres Hauses mit nur wenigen Mausklicks einzusehen.
Datensammlung zu insgesamt 1777 Hausstellen in Nördlingen
Die Chronik ist dabei keineswegs ein neues Werk - ganz im Gegenteil. Bereits in den 30er Jahren wurden sie vom damaligen Stadtarchivar Dr. Gustav Wulz erarbeitet und enthält alle bis zum Jahr 1920 errichteten Gebäude im Stadtgebiet. "Wie der Bohrwurm, den er 'durch das ständige Öffnen und Schließen der Bände bekämpfte', habe sich Wulz während seiner Zeit als Stadtarchivar und in seiner Freizeit durch die Amtsbücher des Stadtarchivs gefressen", erklärt Stadtarchivar Dr. Johannes Moosdiele-Hitzler beim Festakt zur Freischaltung sichtlich beeindruckend. Entstanden ist dadurch eine riesige Datensammlung zu insgesamt 1777 Hausstellen in Nördlingen mit mehreren zehntausend Exzerpten. Das Besondere: Die Altstadt ist flächendeckend dokumentiert. Und auch wenn die Häuserchronik mittlerweile digital abrufbar ist, existiert die Sammlung auch noch in ihrer Ursprungsform als Zettelkartei. "Sie ist in insgesamt 14 Schuhkartons untergebracht, einen davon habe ich heute sogar dabei", so Moosdiele-Hitzler.
Arbeit von vier Stadtarchiven fließt in neue Datenbank
Dass die Stadt bei der Entwicklung der digitalen Datenbank auf einen so ausführlichen Fundus zurückgreifen konnte, war vor vielen Jahrzehnten noch unvorstellbar. Zum einen gab es noch keine technischen Möglichkeiten zur digitalen Erfassung und außerdem geriet die ursprüngliche Chronik zunächst in Vergessenheit. Denn Wulz nahm die Kartei bei seiner Pensionierung im Jahr 1963 mit nach Hause. "Wahrscheinlich in der Hoffnung, sie im Ruhestand fertigzustellen", vermutet der aktuelle Stadtarchivar. Über Umwege fand die Wulz'sche Häuserkartei 1977 allerdings ihren Weg zurück ins Stadtarchiv. Einige Jahre später war es dann Stadtarchivar Dr. Wilfried Sponsel, der die Kartei wiederentdeckte und im Anschluss bis zu seiner Pensionierung im Jahr 2022 mit Leben füllte. U. a. wurden dabei in den Jahren 2002 bis 2024 handschriftliche Exzerpte retrokonvertiert (Anm. d. R.: Im Bibliothekswesen werden dabei alte schriftliche Bibliothekskataloge mithilfe von Scannern digitalisiert und anschließend online zugänglich gemacht), durch weitere Angaben angereichert und sogar bis ins Jahr 1982 fortgeführt.
So kamen insgesamt knapp 64.000 Exzerpte aus über 300 Quellen zu 1777 Hausstellen im Stadtgebiet Nördlingen für den Zeitraum von 1243 bis 1982 zusammen. "Aus der Zettelkartei waren nun 140 Worddateien mit einem Umfang von insgesamt 2526 Seiten in Schriftgröße 10 und einzeiligem Abstand geworden. Eine beeindruckende Leistung, die ohne den Einsatz zahlreicher Helfer wie Günter Lemke, Susanne Faul, Otmar Götz und Michael Eßmann nicht möglich gewesen wäre", so Moosdiele-Hitzler. "So ein Mammutwerk kann nur gelingen, wenn viele ihre jeweiligen Kenntnisse und Fähigkeiten zusammenbringen", ergänzt er. Auch Oberbürgermeister David Wittner und die anwesenden Mitglieder des Stadtrats zeigten sich begeistert vom Ergebnis. "Die Nördlinger Häuserchronik sucht weit und breit ihresgleichen und ist bundesweit womöglich sogar einzigartig - zumindest in dieser digitalisierten Form", so Wittner.
Nördlinger Häuserchronik
Interessierte finden die neue Datenbank direkt unter folgendem Link:
Die Chroniken der einzelnen Häuser können dabei sogar kostenfrei als PDF-Dateien für den privaten Gebrauch heruntergeladen werden. Die verwendeten Quellen und die empfohlene Zitierweise werden automatisch mit ausgegeben