Das Nö-Mobil in Nördlingen. (Archivbild) Bild: Maximilian Bosch
Trotz weltweiter Krisen bleibt der Landkreis im sechsten Jahr schuldenfrei, die Kreisumlage wird nicht erhöht und wie bereits im Vorjahr, wurde auch heuer wieder ein Rekordetat beschlossen. Nach knapp 157,6 Millionen Euro im Jahr 2021, hat der diesjährige Haushalt ein Volumen von 173 Millionen Euro. Für die Zukunft stellt man sich aber darauf ein, den Gürtel enger zu schnallen.

"Wir verabschieden heute den Kreishaushalt für das Jahr 2022, den nun bereits dritten Kreishaushalt, der von einer weitreichenden Krise überschattet wird. Wir haben die Bewältigung der Corona Krise noch nicht überwunden und werden nun mit dem Krieg in der Ukraine schon mit der nächsten großen Herausforderung konfrontiert", so Landrat Stefan Rößle in seiner diesjährige Haushaltsrede.

Trotz weltweiter Krisen bleibt der Landkreis im sechsten Jahr schuldenfrei, die Kreisumlage wird nicht erhöht und wie bereits im Vorjahr, wurde auch heuer wieder ein Rekordetat beschlossen. Nach knapp 157,6 Millionen Euro im Jahr 2021, umfasst der diesjährige Haushalt 173 Millionen Euro. 

Trotz Krieg und Pandemie wolle man nicht nur den drängenden Aufgaben nachkommen, sondern auch Zukunftsthemen vorausschauend mit Finanzmitteln hinterlegen. Mit dem Haushaltsentwurf habe man, so Rößle, erneut den Grundstein dafür gelegt. Massiv investiert wird deshalb unter anderem in die Themen Jugendhilfe, Pflege, Nachhaltigkeit und ÖPNV. 

So steigen die Ausgaben für die Jugendhilfe auf rund 11 Millionen Euro. "Der Nettoanteil für den Landkreis im Bereich Jugendhilfe hat sich im Laufe der letzten sechs bis sieben Jahre nahezu verdoppelt", informierte Kreiskämmerer Martin Müller das Gremium. So schlage die Eingliederung von seelisch behinderten Kindern mit fast fünf Millionen Euro zu Buche. Aber auch die Jugendsozialarbeit an Schulen wird deutlich ausgeweitet. Außerdem unterstützt der Kreis den Kreisjugendring bei der anstehenden Sanierung des Zeltplatzes in Tapfheim. Mit 25.000 Euro wird auf Antrag der CSU/JB-Fraktion das Sonderprogramm "Corona-Zuschuss für Jugendfreizeiten" unterstützt. 

Das Projekt einer "Klimaneutralen Kreisverwaltung" soll ebenfalls 2022 angegangen werden. 2021 als Ziel im Rahmen der Nachhaltigkeitsstrategie beschlossen, soll nun mit der Umsetzung begonnen werden. 

Weiter ein Thema sind Investitionen im Bereich Schulbau. Allein 7,8 Millionen Euro kosten die Baumaßnahmen an der Realschule Rain in diesem Jahr. Jeweils drei Millionen werden 2022 für die Maßnahmen am AEG und am Gymnasium Donauwörth fällig. 

Ein Projekt das den Landkreis in den nächsten Jahren beschäftigen wird ist das neu aufgelegte Investitionsprogramm für Brückensanierungen (wir berichteten). Insgesamt 68 Brücken, die der Landkreis unterhält, sollen nach und nach saniert werden. Zu diesem Zweck wurden für 2022 300.000 Euro in den Haushalt eingestellt. 

Weitere 1,5 Millionen Euro fließen in die Ausstattung von weiterführenden Schulen. Für Luftfilter an Schulen sind 350.000 Euro vorgesehen. Außerdem wird in die Ausstattung der Kreisbauhöfe (311.000 Euro), die Digitalisierung des Landratsamtes (837.000 Euro) sowie in das Thema Radverkehr (180.000 Euro) investiert. Rund 4,5 Millionen Euro fließen in die laufenden Bauarbeiten an den Kreisstraßen. Weiteres wichtiges Thema auf der Landkreis-Agenda: Die Stärkung des ÖPNV. (wir berichteten)

Auch die von Corona arg gebeutelte Kultur wird vom Landkreis unterstützt. Deshalb setze der Landkreis mit seinen Beschlüssen zum Haushalt ein "deutliches Signal", so Rößle. So wolle man unter anderem auch weiterhin den Kunstpfad und das Museum Kulturland Ries unterstützen.

48,5 Millionen Euro überweist der Landkreis als Umlage an den Bezirk. Die Personalkosten des Landkreises belaufen sich auf 28,2 Millionen Euro - ein Plus von zwei Millionen Euro im Vergleich zum Vorjahr. Die hohen Personalkosten sorgten bei den Fraktionen für Unmut. Landrat Stefan Rößle erklärte deshalb, dass es bereits eine Kommission gebe, um genau diese Thematik zu überprüfen. 

Ansprüche relativieren

Kreiskämmerer Martin Müller attestierte dem Landkreis einen Haushalt auf sehr solidem und gutem Niveau und mahnte: "Es wird aber in Zukunft, gerade auch wenn man einen Blick auf die Krisen und den Krieg in der Ukraine wirft, uns guttun, dass wir unsere teilweise sehr hohen Ansprüche auch manchmal etwas relativieren und auch wieder den Mut aufbringen müssen zu etwas Nein zu sagen."

Den Gürtel enger schnallen

Trotz eines erneuten Rekordhaushaltes schauen die Kreisrät*innen sorgenvoll in die Zukunft. In den Haushaltsreden der Fraktionen wird klar: In den nächsten Jahren muss der Gürtel wohl enger geschnallt werden. So ist Bundestagsabgeordneter Ulrich Lange (CSU) betonte in seinem Statement, dass man den Dreiklang aus gleichbleibender Kreisumlage, Schuldenfreiheit und hohen Investitionen auch in diesem Jahr wieder habe halten können, möglich sei dies aber nur durch das Verschieben von Maßnahmen und Kürzungen gewesen.  "Unsere künftigen Haushalte werden absehbar von dem geprägt sein, was sich in Europa und der Welt entwickelt", sagte Lange. Auch die steigenden Energiepreise werden, so Lange, zur Herausforderung für den Landkreis werden: "Wir waren in den letzten Jahren sehr großzügig, auch mit unseren Verwaltungsgebäuden im Landratsamt. Die Schulen, die Flächen wollen alle beheizt werden." Investitionen in ÖPNV, Jugendhilfe und auch Bildung befürwortet Lange, mahnte aber auch an, dass man den Mut aufbringen müsse Standards herunterzufahren, kleinere Brötchen zu backen und das altmodische Wort "Sparen" vielleicht wieder neu zu entdecken.

Kreisrat Albert Riedelsheimer (Grünen/Frauen/Linke) forderte einen Zehn-Jahres-Plan in Sachen Klimawandel: "Es kostet Geld dem Klimawandel entgegenzuwirken, ihn abzubremsen kostet auch Geld, aber nichts zu tun, kostet noch viel viel mehr Geld. Von den Vorgaben des Pariser Klimaabkommens sind wir noch weit entfernt. Wir leben inzwischen in Perioden zwischen Trockenheit und Starkregen." Man müsse bei diesem Thema mutiger und ehrgeiziger sein. Man müsse es schaffen als einer der ersten Landkreise klimaneutral zu werden, der Landkreis benötige zudem eine Offensive für Windkraft. In Sachen erneuerbare Energien müsse man gemeinsam verhindern, dass bestehende Anlagen stillgelegt und neue Anlagen nicht gebaut werden. Zur Kreisumlage sagte Riedelsheimer: "Wir werden im nächsten Jahr wohl über einer Erhöhung der Kreisumlage diskutieren. Es ist nur fair diese Diskussion bereits jetzt anzukündigen. Aber wir wollen sie auch ergebnisoffen halten." Ein schuldenfreier Landkreis sei zwar gut, aber das dürfe nicht zu Lasten der 44 Städte und Gemeinden gehen. Man habe in den "fetten Jahren" gut gewirtschaftet und vieles auf den Weg gebracht, deshalb könne man es sich auch jetzt leisten einiges zu schieben.

Mobilität neu denken

Helmut Beyschlag (PWG/FDP/ÖDP) betonte in seinem Statement, dass der Landkreis vor einer Vielzahl von Herausforderungen stehe. Als Schlagworte nannte er unter anderem Digitalisierung, Nachhaltigkeit, Pflege und auch den Klimawandel. Die Personalkosten würden auch aufgrund zusätzlicher Aufgaben und ständig steigender Ansprüche von Seiten der Bürger steigen, so Beyschlag. Ein Missstand der schnell behoben werden müsse, sei die Entwicklung, dass staatliche Aufgaben durch kommunale Mitarbeiter übernommen werden müssen. Außerdem Mobilität müsse neu gedacht werden, sagte Beyschlag. Man sei sicherlich auf dem richtigen Weg in Sachen ÖPNV, allerdings befürchtet Beyschlag hier ein Akzeptanzproblem. "Unsere gesamte Gesellschaft wird verkehrstechnisch umdenken müssen. Wir werden diesen Individualverkehr so nicht aufrechterhalten können", ist Helmut Beyschlag überzeugt. Mit Blick auf die Hesselbergbahn forderte Beyschlag die Beschleunigung der Riesbahn, samt angemessenem Ausgleich für den Halt in Wörnitzstein, möglichst schnell umzusetzen. 

Kreisrat Peter Moll (SPD) befürchtet eine "gehörige Schieflage". Werfe man nämlich einen Blick auf die Zuführung zum Vermögenshaushalt, so sei eine Minderung von 13,8 Prozent im Vergleich zum Jahr 2016 erkennbar. Es sei an der Zeit sich in diesem Jahr ausführlicher mit der künftigen Entwicklung des Kreishaushalts zu beschäftigen, erklärte Moll und fügte hinzu, dass es langfristig wirkende, nachhaltige Mechanismen brauche, um der aktuellen Schieflage entgegenzuwirken. Zukünftig, so Moll weiter, müsse auch das bisher praktizierte "Aufspringen" auf diverse Förderprogramme kritisch hinterfragt werden, vor allem dann, wenn dafür zusätzliches Personal benötigt wird. Beim Thema ÖPNV forderte Moll intensiv an der Reaktivierung der Bahnstrecken von Nördlingen nach Wassertrüdingen (Hesselbergbahn) bzw. nach Wilburgstetten (Romantische Schiene) weiterzuarbeiten, um Nördlingen so zu einem "echten" Knotenpunkt auszubauen. 

Wieder mehr auf Kosten achten

"Die Haushaltsberatungen waren in diesem Jahr nicht mehr ganz so einfach, wie im vergangenen Jahr, da nicht genug Geld da war, um alle Ideen und Projekte zu verwirklichen und trotzdem unsere originären Aufgaben nicht zu vernachlässigen", sagte Florian Riehl (Freie Wähler) zu Beginn seiner Haushaltsrede. Die Investitionen in Schulen und andere Bauvorhaben seien Investitionen in die Zukunft, deshalb dürfe es hier nicht immer auf den letzten Euro ankommen. Trotzdem müsse man in Zukunft wieder mehr auf die Kosten achten, so Riehl. In puncto Steigerung der Stellenzahl bat Riehl darum zu prüfen, ob temporär geschaffene Stellen auch wieder abgebaut werden können, wenn diese nicht mehr nötig sind. Im Blick auf eine mögliche Erhöhung der Kreisumlage sagte Riehl: "Als Kreisräte haben wir die Verantwortung alle Kreisaufgaben zu erfüllen, müssen aber auch mit einem Auge auf die Haushalte unserer Städte und Gemeinden achten." 

Ulrich Singer (AfD) kritisierte ebenfalls die Kostensteigerungen im Bereich der Personalkosten und fragte: "Brauchen wir jede Stelle? Können wir manche Sachen nicht noch weiter verschieben bei den Einstellungen?" Das müsse man in Zukunft genauer hinterfragen. Außerdem kritisierte Singer die hohen Planungskosten: So koste es zum Beispiel allein 60.000 Euro, um darüber nachzudenken, was man im Bereich Nachhaltigkeit machen wolle. Ähnlich sei es beim ÖPNV. Hier gäbe es sehr hohe Kosten für Themen, die teilweise nur sehr zögerlich angenommen würden. "Es sind enorme Kosten, die hier anfallen auch nur wieder im Bereich der Planungen. Wir wollen keine Planungen, wir wollen Umsetzungen", so Singer.