19. November 2016, 13:39

Flüchtlingen eine Ausbildung ermöglichen

Zwei Arbeitgerber/Arbeitnehmer-Paarungen erzählten von ihren persönlichen Erfahrungen. Bild: Diana Hahn
Flüchtlingen eine Chance geben
Jungen Flüchtlingen eine Ausbildung zu ermöglichen ist oft mit vielen Hindernissen verbunden. Was die Arbeitgeber wissen müssen und an wen sie sich wenden können, wenn Probleme auftauchen konnten sie gestern bei der Informationsveranstaltung „Beschäftigung und Ausbildung von Zugewanderten im Handwerk“ der Handwerkskammer Schwaben erfahren. Da sich mit Beispielen aus der Realität Probleme, aber auch Erfolge deutlicher darstellen lassen, gab es bei der Informationsveranstaltung neben Fachvorträgen auch Erfahrungsberichte von zwei Arbeitgeber/Arbeitnehmer-Paarungen.
Donauwörth – Jawad Hussaini und Alem Tesfamariam haben es geschafft – die beiden jungen Flüchtlinge machen derzeit ein Ausbildung im Landkreis. Während Jawad, der aus Afghanistan stammt eine Ausbildung zum Maler macht, wird Alem zum Elektriker ausgebildet. Der Weg zur Ausbildung war jedoch ein steiniger. Einige Hindernisse mussten die Ausbilder der beiden überwinden, um den jungen Männern eine Chance zu geben. Sowohl Joachim Niesslein, vom Malerbetrieb Niesslein aus Nördlingen als auch Manfred Podersaunig vom gleichnamigen Elektrikerbetrieb in Rain stand zunächst ein schwerer Behördenlauf bevor. Doch am Ende hat es sich für die beiden Chefs gelohnt: Sie konnten jeweils einem jungen Flüchtling eine Chance geben und haben es bisher nicht bereut. Manfred Podersaunig hat seine Idee, einen Flüchtling einzustellen mit seiner 15-köpfigen Belegschaft besprochen und breite Zustimmung erfahren für ihn war es wichtig einen motivierten Facharbeiter einzustellen: „Ob es sich dabei um einen Moslem einen Budhisten oder einen Christen handelt, war mir vollkommen egal. Auch die Hautfarbe spielt für mich keinerlei Rolle“, erzählt Podersaunig. Alem ist froh, dass er bei Manfred Podersaunig seine Ausbildung machen kann, auch wenn es manchmal gar nicht so einfach sei, die Fachbergriffe in der Berufsschule zu verstehen. „Bei Problemen kann ich aber immer zu seinem Chef kommen und mit ihm darüber sprechen“, erzählt Alem der aus Eritrea stammt. Überhaupt sei Manfred Podersaunig nicht nur sein Chef sondern auch so etwas wie ein Vater für ihn geworden, der ihn bei allem unterstütze. Einig sind sich Niesslein und Podersaunig vor allem darin, dass es den Arbeitgebern einfacher gemacht werden müsse, wenn sie Flüchtlinge einstellen möchten.
Arbeitgeber stehen nicht alleine da
Dass die Arbeitgeber jedoch nicht alleine dastehen, verdeutlichte Martina Wirth, die als Willkommenslotsin bei der Handwerkskammer Schwaben tätig ist. Zusammen mit ihrem Team „Migration, Flucht und Asyl“ steht sie den Arbeitgebern mit Rat und Tat zur Seite und unterstützt sie unter anderem bei der betrieblichen Integration von Flüchtlingen, erstellt Arbeits- und Ausbildungsmodelle und hilft bei interkulturellen Problemen.Einen Überblick über die Besonderheiten des Asyl- uns Aufenthaltsrecht erhielten die Arbeitgeber von Sait Demir vom Bayrischen Netzwerk für Beratung und Arbeitsmarktvermittlung für Flüchtlinge. In seiner Präsentation erklärte er, welche Schritte Flüchtlinge in Deutschland durchlaufen müssen, bis sie arbeiten dürfen. Nicht nur für Flüchtlinge, die in den Arbeitsmarkt integriert werden sollen bietet die HWK Hilfen an. Auch für Menschen aus Drittstaaten, die in Deutschland arbeiten möchten, gibt es mit MigraNet eine Anlaufstelle. Was zu tun ist, wenn Arbeitgeber Mitarbeiter aus der EU und Drittstaaten einstellen möchten, erläuterte Dr. Brigitte Eisele. Auch sie hatte einen Fall aus der Praxis mitgebracht: Zimmerermeister Franz Motz aus Donauwörth hatte seinen aus Albanien stammenden Lehrling mitgebracht. Die beiden erzählten den anwesenden Arbeitgebern, dass der Weg bis zur Anstellung zwar nicht ganz leicht war, er sich jedoch auf jeden Fall gelohnt hat.
Angebote der Agentur für Arbeit
Zum Abschluss der Fachvorträge erklärte Werner Möritz den Arbeitgebern welche Angebote es von Seiten der Agentur für Arbeit gibt um Flüchtlingen den Berufseinstieg zu ermöglichen oder Berufserfahrene weiter zu qualifizieren. Den Arbeitgebern gab er außerdem mit auf den Weg, dass sich in den letzten Monaten einiges getan habe und die Einstellung von Flüchtlingen sich nicht mehr ganz so schwierig darstellt wie bei „den Pionieren“ Manfred Podersaunig und Joachim Niesslein. Man sei derzeit bei diesem Thema zwar noch nicht auf Autobahnen unterwegs, aber land- und Bundesstraßen gäbe es bereits und diese seien sogar schon asphaltiert.
Flüchtlingen eine Chance geben
Dass der Fachkräftemangel dem Handwerk zu schaffen macht, ist hinlänglich bekannt. Für viele Betriebe ist es eine gute Möglichkeit ihre offenen Stellen mit Flüchtlingen zu besetzen. Allerdings schrecken viele Chefs davor zurück, weil es kompliziert ist, einiges an Zeit erfordert und es auch immer wieder kritische Stimmen zu diesem Thema gibt. Dass der Arbeitsmarkt auf ein gewisses Maß an Zuwanderung angewiesen sei, machte Landrat Stefan Rößle in seinen Grußworten deutlich. Ein Beleg dafür sei, dass 3000 der 10000 Stellen, die in den letzten Jahren neu entstanden sind, durch ausländische Arbeitgeber geschaffen wurden. Dass es sich bei der Flüchtlingsthematik nicht um eine neues Thema handelt erklärte der Präsident der Handwerkskammer Schwaben,Hans-Peter Rauch: „Bereits seit 1999 ist die Unterbringung von Flüchtlingen im Handwerk ein Thema. Damals begann es mit den Balkan-Flüchtlingen.“ Besonders die 3 plus 2-Regelung (Anm. d.Red.: Die Regelung besagt, dass Flüchtlingen während der dreijährigen Ausbildungszeit und den darauffolgenden zwei Jahren nicht abgeschoben werden können) habe dazu beigetragen, dass mehr Flüchtlinge in den Arbeitsmarkt integriert werden konnten. Dass die 3+2 Regelung nun vom Innenministerium ausgehebelt wurde, erachtet Rauch als wenig sinnvoll. Aufgeben ist für Rauch in dieser Thematik keine Option, deshalb bleibe die HWK auch an diesem Thema dran, versichert der Handwerkskammer-Präsident.