Das Bild zeigt v.l. Ausstellungsbesucherin Marlies Streitwieser und Sophia Spreng, Fatma Sonkur-Filiz und Laura Burgesmeier, die die Ausstellung erstellt haben, Oberbürgermeister Jürgen Sorré und Quartiersmanager Jörg Fischr. Bild: Mara Kutzner
In der Donauwörther Parkstadt wurde am Freitagnachmittag eine Ausstellung über jüdische Schicksale aus Schwaben in der NS-Zeit eröffnet. Auch der Antisemitismusbeauftragte der Bayersichen Staatsregierung Ludwig Spaenle machte sich ein Bild von den Plakatwänden.

Schüler*innen der Wemdinger Leonhart-Fuchs-Mittelschule haben gemeinsam mit ihrer Lehrerin Fatma Sonkur-Filiz ein beispielgebendes Projekt für gelungene Erinnerungsarbeit durchgeführt. Die Jugendlichen befassten sich mit jüdischen Schicksalen aus Schwaben zur Zeit des Nationalsozialismus. Große Plakatwände erinnern am Platz der Begegnung in der Donauwörther Parkstadt mit Fotos und Zitaten an Juden und Jüdinnen, die im Dritten Reich Opfer des NS-Regimes wurden. QR-Codes auf den Plakatwänden führen die Besucher*innen dann zu Videos und tiefer gehenden Informationen über die vorgestellten sieben Personen. 

Erinnerung an Julius Prochownik

Unter anderen schildert das Projekt auch das Schicksal des Donauwörther Anwalts und zeitweise Stadtrats Julius Prochownik. 1903 ließ er sich in Donauwörth nieder und eröffnete eine Rechtsanwaltskanzlei in der Schustergasse. Später bewohnte er das Haus in der Reichsstraße 36. Julius Prochownik war in Donauwörth ein angesehener Mann, seine Kanzlei führte er drei Jahrzehnte lang. Mit der Machtübernahme Adolf Hitlers und den Boykottaufrufen gegenüber jüdischen Geschäften wurde der Rechtsanwalt mit jüdischer Herkunft systematisch verfolgt. Nach dem Umzug nach Berlin konnte ihn seine Frau aufgrund der sogenannten „Mischehe“ vor der Deportation bewahren. Kurze Zeit nach Kriegsende starb Julius Prochownik im Juni 1945 an Entkräftung.

Delp und Leipelt kämpften im Widerstand

Quartiersmanager Jörg Fischer hat die Ausstellung der Schüler*innen um zwei weitere Plakatwände ergänzt. Diese sind zwei Personen gewidmet, die ebenfalls in engem Bezug zu Donauwörth stehen und erinnern an ihr Lebenswerk. Zum einen ist dies Alfred Delp, nach dem die ehemalige Kaserne benannt war und wiederum das neue Wohnquartier in der Parkstadt benannt wird. Delp arbeitete unter anderem im Kreisauer Kreis mit, um eine neue Gesellschaftsordnung nach dem Ende der Nazi-Diktatur zu entwickeln. Nach dem gescheiterten Hitler-Attentat durch Graf von Stauffenberg flog der Kreis am auf. Seine Mitglieder wurden verhaftet. Delp wurde festgenommen und nach Berlin in die Strafanstalt Tegel gebracht. Vor dem Volksgerichtshof wurde Alfred Delp im Januar 1945 wegen Hoch- und Landesverrats zum Tode verurteilt. Am 2. Februar 1945 wurde Delp in Berlin-Plötzensee erhängt.

Die andere Plakatwand erinnert an den Mut und das Schicksal Hans Leipelts, dessen Namen die Donauwörther Fachoberschule trägt. Leipelt kämpfte nach dem Todesurteil gegen Hans und Sophie Scholl weiter gegen das NS-Regime und tippte das letzte Flugblatt der Weißen Rose ab. Im Oktober 1943 wurde Leipelt verhaftet. Am 3. Oktober 1944 fand in Donauwörth der Prozess gegen den Widerstandskämpfer statt. Er wurde zum Tode verurteilt und im Januar 1945 in München-Stadelheim hingerichtet.

Ludwig Spaenle besucht Ausstellung

Anlass der Ausstellung ist der Gedenktag "27. Januar", der Tag des Gedenkens an die Opfer des Nationalsozialismus. Da sich aktuell rechtsextremistisches und antisemitisches Denken auch in der Mitte der Gesellschaft wieder ausbreitet, sei es umso wichtiger, sich kritisch mit der Geschichte auseinanderzusetzen, so Oberbürgermeister Jürgen Sorré im Rahmen der Ausstellungseröffnung. Dass ein Begriff wie 'Deportation' aktuell ein Teil der öffentlichen Berichterstattung ist, könne man nicht hinnehmen, so Sorré. "Es ist höchste Zeit, dass sich die Mitte der Gesellschaft dagegen stellt", so der Donauwörther Oberbürgermeister. Er begrüße deshalb die Demonstrationen, die gerade in ganz Deutschland stattfinden. 

Gegen Ende der Veranstaltung traf auch Ludwig Spaenle, ehemaliger Kultusminister und inzwischen Beauftragter für jüdisches Leben und gegen Antisemitismus, für Erinnerungsarbeit und geschichtliches Erbe der Bayerischen Staatsregierung in Donauwörth ein. Er zeigte sich sichtlich beeindruckt von den Plakatwänden, die die Schüler erstellt haben. Dass das Schulprojekt beim Jenö-Konrad-Cup ein Schülerwettbewerb des 1. FC Nürnberg zum Thema Antisemitismus und Judentum ausgezeichnet wurde, sei ein echtes "Qualitätsmerkmal".

Die Ausstellung findet noch bis 4. Februar am Platz der Begegnung am Mehrgenerationen Haus im zentrum der Parkstadt statt. 

Antisemitismus-Beauftragter Ludwig Spaenle (li.) im Gespräch mit Quartiersmanager Jörg Fischer. Bild: Mara Kutzner