Nach 157 Jahren endet mit dem Auszug der letzten fünf Ordensschwestern die Geschichte des Klosters Maria Stern in Nördlingen. Damit geht eine prägende Zeit zu Ende, in der die Franziskanerinnen weit über die Klostermauern hinaus das geistliche, soziale, kulturelle und pädagogische Leben der Stadt entscheidend mitgestaltet haben. Die Möglichkeit zur persönlichen Verabschiedung bestand beim Pfarrfest der Pfarrei St. Salvator am 27. Juli 2025.
Das Kloster Maria Stern war seit seiner Gründung im Jahr 1868 ein fester Bestandteil des Nördlinger Stadtbilds – nicht nur als Ort des Glaubens, sondern auch als bedeutende Bildungs- und Sozialinstitution. Die sogenannten „Sternfrauen“ übernahmen seit ihrer Ankunft auf Wunsch von Stadtpfarrer Michael Wildegger zentrale Aufgaben im Bereich Bildung und Erziehung. Ihre Arbeit legte den Grundstein für die heutige Realschule, die Fachakademie für Sozialpädagogik sowie die Fachschule für Grundschulkindbetreuung.
Zwischen 1945 und 1980 war das Kloster zudem ein Internat, in dem bis zu 120 Schülerinnen untergebracht waren. Die Schwestern wirkten nicht nur als Lehrerinnen, sondern engagierten sich auch in Kindergärten, Horten und in der Krankenpflege – insbesondere in den schweren Zeiten der beiden Weltkriege.
Breites kulturelles Erbe
In Spitzenzeiten lebten über 30 Schwestern im Nördlinger Konvent. Zuletzt waren es fünf: Sr. Augustine, Sr. Ludowika, Sr. Adelhilde, Sr. Ansgaria und Sr. Lätitia. Sie ziehen nun in das Alten- und Pflegeheim des Ordens nach Augsburg-Bergheim um. Den letzten Abschied vom Kloster werden Sr. Ludowika Lenz, derzeitige Konventsoberin, und Sr. Adelhilde im September vollziehen.
Ein bleibendes Zeugnis ihres Wirkens ist auch das kulturelle Erbe, das die Schwestern hinterlassen haben. In liebevoller Handarbeit schufen sie über Jahrzehnte hinweg detailreiche Jahres- und Weihnachtskrippen. Die große Jahreskrippe mit über 270 biblischen Szenen ist heute als Dauerleihgabe in der Kirche St. Salvator zu bewundern.
Für ihr spirituelles Engagement in der jüngeren Vergangenheit wurde Sr. Josefine von der Stadt Nördlingen mit dem Ehrenbrief ausgezeichnet – insbesondere für die Gründung des Vereins „Zentrum der Stille – Pax et Bonum – Nördlingen e. V.“ sowie für die Leitung des Meditations- und Kontemplationskreises.
Würdigung der Stadt Nördlingen und Oberbürgermeister David Wittner
Ein besonderes Zeichen des Erinnerns wurde mit der Einweihung des „Luise-Löwenfels-Wegs“ gesetzt. Die Namensgeberin, eine konvertierte Jüdin, wurde in den 1930er Jahren im Kloster Maria Stern zur Kindergärtnerin ausgebildet und 1942 im Konzentrationslager Auschwitz ermordet. Die Stadt Nördlingen würdigt mit diesem Weg ihr Leben und Wirken.
Oberbürgermeister David Wittner würdigte den Beitrag der Schwestern mit nachdrücklichen Worten: „Mit dem Weggang der letzten Schwestern von Maria Stern endet ein prägendes Kapitel unserer Stadtgeschichte. Über 157 Jahre hinweg haben die Ordensfrauen nicht nur Generationen von Kindern und Jugendlichen gebildet und begleitet, sondern auch durch ihr Wirken in Kirche, Pflege, Erziehung und Kultur das soziale Gefüge unserer Stadt entscheidend mitgestaltet. Ihr Einsatz war gelebte Nächstenliebe und tiefe Verbundenheit mit Nördlingen – dafür gebührt ihnen unser aller Dank und größter Respekt.“ (dra)