Vorsitzender des Bayerischen Eisenbahnmuseums e. V. Ekkehard Böhnlein (mitte) mit Staatsminister Albert Füracker MdL (rechts) und Staatsministerin Prof. Dr. med. Marion Kiechle (rechts) Bild: Bayerisches Staatsministerium der Finanzen, für Landesentwicklung und Heimat
Das Bayerische Staatsministerium der Finanzen, für Landesentwicklung und Heimat sowie das Bayerische Staatsministerium für Wissenschaft und Kunst haben 100 „Heimatschätze“ bei einer Festveranstaltung ausgezeichnet. 
Nördlingen - Staatsminister Füracker und Staatsministerin Kiechle prämierten unter anderem das Stadtmuseum für „Das Nördlinger Meistersingerzeichen“. Das Bayerische Eisenbahnmuseum erhielt den Preis für die restaurierte Dampflok „Füssen“. Die 3. Bürgermeisterin Gudrun Gebert-Löfflad und Museumsleiterin Andrea Kugler M.A. nahmen die Auszeichnung persönlich in Empfang.
Welche Schätze schlummern in Bayerns nichtstaatlichen Museen? Auf diese besondere Schatzsuche haben sich das Heimatministerium und das Kunstministerium gemeinsam mit der Landesstelle für die nichtstaatlichen Museen und dem Bayerischen Landesverein für Heimatpflege im Rahmen des Wettbewerbs „100 Heimatschätze“ begeben. „Unsere bayerischen Heimatmuseen bewahren regionale Tradition und Heimatkultur. Unzählige Kleinode erzählen spannende Geschichten, stärken das Gefühl für die bayerische Lebensart und präsentieren einen modernen, lebendigen Umgang mit der bayerischen Heimatgeschichte“, stellte Finanz- und Heimatminister Albert Füracker am Freitag (13.7.) bei der Prämierung von „100 Heimatschätze“ im Rahmen eines Festakts in München fest. „Unsere bayerische Museumslandschaft mit ihren über 1.300 Museen ist eine wahre Schatztruhe.
Die nichtstaatlichen Museen leisten einen entscheidenden Beitrag zum Erhalt unserer unverwechselbaren bayerischen Heimat. Ich freue mich, dass wir heute 100 Heimatschätze auszeichnen können, die die reiche Geschichte und das kulturelle Erbe des Freistaats Bayern widerspiegeln“, merkte Kunstministerin Prof. Dr. med. Marion Kiechle zum Abschluss des Wettbewerbs an. Jedes Museum konnte sich mit maximal drei Objekten bewerben. Die 100 besten Heimatschätze im Freistaat wurden mit einem Preisgeld von 1.000 Euro prämiert und mit einer Urkunde ausgezeichnet.
So veröffentlichten die beiden Ministerien ihre Presseerklärung zur Preisvergabe. Für die Stadt Nördlingen ist es eine besondere Auszeichnung, dass gleich zwei Museen im Stadtgebiet zu den 100 besten Heimatschätzen im Freistaat auserwählt worden sind. Das Stadtmuseum hatte sich mit dem „Meistersingerzeichen“ beworben.
Das Stadtmuseum im Hl.-Geist-Spital Nördlingen
Die Sammlung des Nördlinger Stadtmuseums feierte am 2017 ihr 150-jähriges Bestehen. Das Stadtmuseum gehört damit nicht nur zu den ältesten Museen in Bayern, es nimmt auch aufgrund seines wertvollen und reichhaltigen Bestandes regional und überregional eine besondere Stellung ein. Kern der Sammlung waren – und sind noch heute – zahlreiche Tafelbilder des 15. und 16. Jahrhunderts aus der spätgotischen St.-Georgs-Kirche, mit denen die Kirchengeschichte Nördlingens bis zur Reformation erklärt wird.
Mit zahlreichen Originalobjekten und einer großen Gemäldesammlung des 19. Jahrhunderts erklärt das Stadtmuseum die Geschichte der ehemals freien Reichsstadt Nördlingen. Besonders für Schulklassen interessante Themen wie das spezielle Aussehen der Stadt mit der kreisrunden Stadtmauer, ihre Vergangenheit als freie Reichsstadt, der Messehandel, die Zünfte oder die Gerichtsbarkeit finden besondere Darstellungen. Der Rundgang durch die Stadtgeschichte endet zunächst mit dem Dreißigjährigen Krieg und der Schlacht bei Nördlingen 1634, die für die Stadt einen tiefgreifenden Einschnitt bedeutet hat. Die Nachkriegsgeschichte der Stadt wird anhand der Geschichte der Vertriebenen aus Tetschen-Bodenbach dargestellt. Viele weitere Ereignisse finden ihre Darstellung in jährlich wechselnden Sonderausstellungen.
Zu den größten Schätzen des Museums gehört das sog. „Meistersingerzeichen“ der Nördlinger Meistersingerzunft, die in der Reichsstadt zwischen 1506 und 1612 nachweisbar ist. Der Tradition zufolge sei das Zeichen ein Geschenk des Kaisers Maximilian I. gewesen, der die Nördlinger Meistersinger anlässlich eines Meistersingerfests 1514 in Donauwörth damit geehrt habe.
In der Kammerrechnung von 1554, fol. 102, „Gemain Außgaben“ (Manuskript, Stadtarchiv Nördlingen) wird es beschrieben als „ain silbern Klainot, nemlich 1 Kettine, daran ain Frowenpild, 1 Kron und der Buchstab M hangend“. Damals erhielt der Goldschmied David Herlin, ein Enkel des berühmten Malers Friedrich Herlin, den Auftrag, das Kruzifix mit einem Harfe-spielenden und am Kreuzesstamm knieenden David zu ergänzen. Gleichzeitig gab der Rat, der Eigentümer dieses Kleinods, den Meistersingern auf ihren Wunsch die Meistersingerkette gegen Kaution in Verwahrung. In ihrem Bittschreiben beschreiben die Meistersinger das Zeichen als von alters her gebräuchliche Zier, mit der man diejenigen Sänger verehrt habe, „so mit Gesang das Beste tun“.
1594 kam das Meistersingerzeichen von dem verstorbenen Meistersinger Caspar Bort, einem Säckler, an den Schneider Leonhard Gruber, stets jedoch nur als Leihgabe bei Gesamthaftung aller Mitglieder der Gesellschaft. Nach deren Auflösung nahm die Stadt das Meistersingerzeichen zurück. Im Jahr 1804 wurde es angeblich in einem Kästchen auf dem Rathaus wiedergefunden.
Die Identifikation der Nördlinger mit diesem Zeichen war vor allem zu Beginn des 20. Jahrhunderts groß. 1920 widmete der Nördlinger Bürger Georg Pullich dem Musik- und Gesangverein anlässlich der Errichtung seines neuen Sängerheims im Hotel "Deutsches Haus" eine gerahmte Fotografie dieses Zeichens. 1927 erschien ein Aufsatz über das Zeichen und seine Geschichte im „Rieser Heimatboten“. Ein Nördlinger Goldschmied fertigte mehrere Kopien an. Eine davon wurde 1936 als nationalsozialistisches Propaganda-Geschenk dem Münchner Dirigenten Franz Adam anlässlich eines Konzerts in Nördlingen überreicht. Auch dem Museumsbesucher zeigen wir heute in der Ausstellung eine Kopie. Das Original wird aufgrund seines Wertes verschlossen verwahrt.
Museum für Alle
Präsentation und Arbeitsweise des Museums orientieren sich heute an den Bedürfnissen einer touristisch attraktiven Stadt, die ein großes ländliches Umfeld hat. In den Ausstellungen sollen sowohl auswärtige Besucher wie einheimische Gäste zum Staunen gebracht werden.
Während Kindern 1908 der Zutritt noch explizit verboten war, versteht sich das Stadtmuseum heute als Einrichtung, die allen uneingeschränkt zugänglich sein möchte. Ein barrierefreier Zugang im Erdgeschoss, Texte in einfacher Sprache, gut lesbare Beschriftungen, Aktiveinheiten, Führungsangebote, Publikationen im Netz und auf Papier, Hör- und Filmstationen in Deutsch und Englisch haben das Ziel, die Inhalte möglichst für jedermann verständlich zu machen und das Wissen um die Geschichte der Stadt Nördlingen zu befördern. Eine großartige Auszeichnung für die beiden Museen. (pm)