15. September 2021, 16:16
Supermarkt

Diskussion um Tapfheims "Neue Mitte"

Fläche für einen Edeka-Vollsortimenter in Tapfheim als Nachbar des Netto-Discounters.

Bild: Walter Ernst
Als Nachbar des Netto-Discounters soll nach der Absicht der Gemeinde Tapfheim ein Edeka-Vollsortimenter errichtet werden. Betriebsinhaber von Handel und Gewerbe befürworten allerdings eine bedarfsnotwendige Ergänzung der kommunalen Infrastruktur.

„Tapfheim hilft sich selbst“ mit diesem Slogan zum Corona-Testzentrum im Rathaus können die Tapfheimer Gewerbetreibenden auch ihre Position in der Grundversorgung der Bevölkerung unterstreichen. Und sie tun es einmütig und gemeinschaftlich, denn die tägliche Bereitstellung der Versorgungs- und Alltagsgebrauchsgüter haben sie in einem Positionspapier Bürgermeister Karl Malz und den Mitgliedern des Gemeinderates dargelegt. Anlass dazu war die gemeindliche Information zur Ansiedlung eines Edeka-Vollsortimenters, und das noch dazu auf dem Nachbargrundstück zum bestehenden Netto-Discounter.

Wenn die Gemeinde schreibt, dass „wir heute schon auf das Morgen schauen“, dann meinen die Inhaber*innen der Handwerksbetriebe, dass der Blick auf einen Vollsortimenter dabei in die falsche Richtung geht. „Uns liegt daran, dass wir regionale Produkte verarbeiten und anbieten, um Tapfheim als starkes, vielfältiges, lebenswertes und zukunftsfähiges Dorf weiterzuführen“ unterstreicht Bäckermeister Stefan Götz bei einer Präsentation gegenüber dem Gemeinderat. Dies kommt genau dem „Pfund“ entgegen, mit dem die Gemeinde auf ihrer Homepage mit den Hinweisen auf die Selbstvermarktung in Tapfheim „wuchert“.

Für was bedarf es da noch eines Vollsortimenters, wenn man sich vor Augen hält, dass Bäcker- und Konditoreien, Cafes, Metzgereien, Getränkemärkte, Bio-Hofläden, Post und Paketshop, Discounter, Tankstelle, Imbiss, Lottostelle, Tabakwaren, Futterfachgeschäft, und Läden für Blumen und Gartenpflanzen, Frischfischverkauf, Schuhbedarf und Reinigung, Schreibwaren, Elektroartikel, oder Frischeiangebote in bester Qualität ihre Leistungen bereits zuverlässig anbieten, summiert Bäckermeister Rudolf Heinrich. Zu dem allen gibt es ja auch noch eine Netto-Filiale, die den Grundbedarf der Gemeinde zusätzlich abdeckt. Damit ist die Versorgung der Bürger*innen und des Durchgangsverkehrs voll und ganz abgedeckt, betonen nicht nur die Betriebsinhaber, sondern finden dies auch in der gemeindlichen ISEK-Studie bestätigt. Dies ist uneingeschränkt auch darauf zurückzuführen, dass die inhabergeführten Betriebe in den Sektoren Lebensmittel und Versorgung in Tapfheim teilweise auf mehr als 100-jährige Tradition zurückblicken können und nahezu zweihundert Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter zuverlässig beschäftigen.

„Wir verhehlen nicht, dass sich Tapfheim weiterentwickelt hat“ stellt Jürgen Färber fest, aber weder die Bevölkerungszahl, die seit Jahren trotz der vielen neuen Bauplätze stagniert, noch das verfügbare Einkommen der Haushalte stiegen in Höhen, die eine Ausweitung des täglichen Versorgungsbedarfs nach sich ziehen würden. Dass er seinen Getränkemarkt in einem ursprünglich als Supermarkt errichteten Gebäude betreibt, unterstreicht seine Aussage deutlich. „Sicher gibt es Gubi heute nicht mehr, aber weil diese aufgegebene Lebensmittelkette über Tengelmann zu Edeka führte, erscheint es doch als Farce, heute den Nachfolger wieder anzusiedeln“. Die Entwicklung aus der Nachbarschaft verfolgend führt bei der Metzgerei Joachim zum Hinweis, „man sollte doch bitte aus der Vergangenheit lernen“.

Den Verantwortlichen aus den örtlichen Betrieben darf nicht Eigennutz vorgehalten werden, sie fordern vielmehr geschlossen und einheitlich die Sicherung der weiteren wirtschaftlichen Betriebsführung durch zukunftsweisende Beschlüsse der örtlichen Gremien. Zusammen sprechen sie sich insgesamt für die bisher fehlende „Neue Mitte“ im Entwicklungskonzept der Gemeinde Tapfheim aus. „Aber doch bitte nicht mit einem Supermarkt“ ist die Meinung von Rita Failer, die mit ihrem Café Bruno im alten Bahnhof verdeutlicht, was es heißt, Leerstände einer sinnvollen Nutzung zuzuführen. „Dass ein Supermarkt Zentrumsbilder für das Herzstück in Tapfheims neuer Mitte sein kann“, beurteilt Dr. Friederike Raab als realitätsfremde Annahme.

Es existiert kein Verständnis, dass das „Herzstück“ mit rund einem Hektar Fläche einem Vollsortimenter als Discounter-Nachbar und gemeinsamer Parkplatznutzung dienen soll. Ein guter Ansatz für den kommunalen Bedarf wird in der Errichtung eines Seniorenheims auf diesem Grundstück gesehen.

„Das Grundstück in der „Neuen Mitte“ bietet sich zur Errichtung dessen an, was in Tapfheim fehlt“, meinen die Geschäftsinhaber*innen unisono. Ein Ort der Begegnung, ein sozialer Treffpunkt für alle Generationen, nicht nur das angedachte Seniorenwohnheim, sondern zusätzliches seniorenfreundliches Wohnen, ein Ärzte- oder Gesundheitshaus oder ein Mehrgenerationenhaus. Hierfür besteht Bedarf auf der Basis bevölkerungspolitischer Grundlagen und manche Gemeinde würde sich glücklich schätzen, so zentral ein eigenes, baureifes Grundstück in die gemeindliche Entwicklungs- und Bauleitplanung einstellen zu können. Weil die örtliche Versorgungsstruktur für die Bevölkerung und hier gerade für die stark zunehmende Seniorengesellschaft von essentieller Bedeutung ist und sein wird, wollen die Inhaber geführten Betriebe dieses Thema in den Fokus stellen. Untermauert wird die zukunftsweisende Betrachtung in nächster Zeit mit einer Flyeraktion, damit auch die Bevölkerung zur gemeindlichen Entwicklung sensibilisiert wird. (pm)