Volksfest

Das Stabenfest– Das wohl älteste Kinderfest in ganz Deutschland

Stabenfest, Aufnahme aus dem Jahr 1949. Nachdruck aus dem Buch „Kinder, lasst die Schule sein!“ Mit freundlicher Genehmigung der Herausgeber. Bild: Nachdruck
Schon seit dem Mittelalter feiern die Kinder in Nördlingen den schönsten „Schultag“ des Jahres. Das Kinderfest hat eine fast genauso lange Tradition wie die Mess’. Auch in diesem Jahr hoffen alle Schüler*innen der Nördlinger Schulen am Stabenmontag, der heuer auf den 12. Mai fällt, dass ab 7 Uhr morgens die Fahnen am Daniel wehen.

Ein Vorläufer des Stabenfests wurde erstmals 1406 erwähnt. In einem Rechnungsbuch der Stadt ist die Rede von einem Tag der Schuljugend. In diesem steht geschrieben, dass den Nördlinger Bürgermädchen jeweils ein Pfund zu ihrem „Rayentag“ geschenkt wurde. Als „Rayen“ wurde der Reigen bezeichnet, ein alter Rundtanz, bei dem eine größere Anzahl an Tänzern einem Vortänzer in schreitender Weise folgt. Das Stabenfest, wie man es heute kennt, war damit wohl noch nicht gemeint, der Begriff „Stabenfest“ ist erstmals in einem Ratsprotokoll im Jahr 1659 belegt. An anderer Stelle ist bereits 1519 von einem „in die Ruten gehen“ die Rede. Im 19. Jahrhundert entwickelte sich das Volksfest zu einem traditionellen Bürgerfest mit Festumzug der Schulkinder.

Woher kommt der Ausdrucken "Staben"?

Im Buch „Kinder, lasst die Schule sein!“, das anlässlich des 600-jährigen Jubiläums des Festes 2006 von Carl Völkl, Dr. Wilfried Sponsel und Rüdiger Wagner herausgegeben wurde, heißt es, dass der Begriff von den mit Blumen und bunten Bändern geschmückten Stäben herrührt, die die Jungen damals schon trugen. Bekanntlich haben die Kinder beim Stabenumzug auch heute noch diese Stäbe bzw. Fahnen dabei. Ebenfalls gleich geblieben ist das Ziel des Umzugs: die Kaiserwiese. Bevor es allerdings Richtung Kaiserwiese geht, ziehen die Kinder durch das Reimlinger Tor zum Marktplatz. Dort findet die traditionelle Huldigung der Kinder an den „Rat der Stadt“ statt. Bei diesem geht es um den Dank der Schuljugend an die Obrigkeit für dieses Fest, für den freien Tag und einst für die gespendeten Würste. Noch heute wird der Dank in Form eines Gedichtes und eines Liedes ausgedrückt.

Liebgewonnene Traditionen des Stabenfestes, wie wir es heute kennen, sind ebenfalls bereits für das 19. Jahrhundert bezeugt: Die Tüten mit Süßigkeiten, die die Kinder zum Fest geschenkt bekamen, erwähnt Chronist Gottfried Sylvester Ammerbacher schon 1823. Die Karussells auf der Kaiserwiese gab es genauso wie den Stabenbaum, an dem die Buben hochkletterten und so Preise vom Kranz ergattern konnten. Ebenfalls im 19. Jahrhundert bereits bekannt waren die „Stabenwürste“, die auch heute noch das kulinarische Highlight der Nördlinger Traditionsveranstaltung sind. Diese gibt es mittlerweile zwar das ganze Jahr über zu kaufen, am besten schmecken sie aber natürlich bei Sonnenschein auf der Kaiserwiese während des Stabenfestes – oder auf der Mess’.

Seit 2022 Immaterielles Kulturerbe Bayerns

Das Nördlinger Stabenfest wurde im Frühjahr 2022 in die Landesliste des immateriellen Kulturerbes in Bayern aufgenommen. Mit einer Historie von über 600 Jahren gehört das Kinderfest zu den Ältesten in ganz Deutschland. Bereits ein Jahr zuvor hat sich der damalige Stadtarchivar Dr. Wilfried Sponsel und Daniel Wizinger, Leiter für den Bereich Tourismus und Veranstaltungen bei der Stadt Nördlingen, intensiv mit einer Bewerbung beschäftigt. Zu Beginn des Bewerbungsprozesses stand dabei nicht direkt fest, ob man sich mit dem Stabenfest bewerben werde. „Schließlich hat Nördlingen mit dem Scharlachrennen und der Mess’ noch so viel mehr zu bieten“, erklärte Sponsel.

Gerade weil die Stadt Nördlingen auf ein Fest mit so langer Tradition zurückblicken kann, ist es Oberbürgermeister David Wittner ein besonderes Anliegen, dass das Stabenfest und seine Tradition auch weiterhin ins Gedächtnis der Bürgerinnen und Bürger gerufen wird. Wittner sagte anlässlich der Aufnahme des Stabenfestes in die Landesliste des immateriellen Kulturerbes: „Die Aufnahme in die Landesliste ist eine Anerkennung und Wertschätzung und bringt den Wert des Stabenfestes und seiner Geschichte zum Ausdruck. Ähnlich wie das Stabenfest selbst, hat sich auch die Stadt Nördlingen in den vergangenen Jahren verändert und ist gewachsen. Viele zugezogene Familien fragen sich, warum man an diesem Tag Würstel grillt, und keine Schule ist. Da ist kein Bezug vom Elternhaus da. Es ist jetzt unser Auftrag, es im Bewusstsein vor Ort zu verankern, auszubauen und mehr überregionale Strahlkraft zu entfalten“, erklärt entsprechend OB Wittner.

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