Berger Allee, Donauwörth Bild: ADFC Donau-Ries
Die Sicherheit für Radfahrende hat sich laut heute publizierter Daten des Statistischen Bundesamtes im ersten Halbjahr 2020 weiter verschlechtert. Besonders drastisch stieg die Zahl der Pedelec-Unfälle an. Der Fahrradclub ADFC warnt seit Langem vor wachsenden Unfallrisiken durch überkommene Fahrradinfrastruktur. Er appelliert an die Kommunen, die Radwegenetze schnell dem gestiegenen Bedarf entsprechend auszubauen.

ADFC-Bundesgeschäftsführer Burkhard Stork sagt: „Die seit der Corona-Krise neu entfachte Begeisterung für das Rad- und Pedelecfahren darf nicht in Rekord-Unfallzahlen münden. Radfahren darf kein Risikosport sein – es muss komfortabel und sicher für Menschen aller Altersgruppen und Fitnesslevel werden. Der Ausbau der Radinfrastruktur geht quälend langsam voran, weil Politik meist insgeheim weiter am Ideal der auto-optimierten Stadt festhält. Radfahren ist gesund und soll es auch bleiben! Die Fahrradnation-in-spe kann nicht zehn Jahre auf zeitgemäße Radwegenetze warten – wir brauchen den schnellen Infrastrukturausbau jetzt!“

„Farbe schafft keine Fahrradinfrastruktur“, ist eine klare Aussage in der Radverkehrsplanung. Angebotstreifen/Schutzstreifen können auch im Kreis Donau-Ries nur eine Notlösung sein. Die Abstand von mindestens 80cm vom Bordsteinende zum Lenkerende des Radfahrenden ist ebenso wenig bekannt, wie beim Motorisierten Individualverkehr (MIV) der Überholabstand von 1,5m - oder es wird ignoriert, wie in den Orten des Kreises umfangreich zu beobachten ist.

48 Prozent mehr Pedelec-Unfälle

Laut Destatis ist die Zahl der Unfälle mit Fahrrädern ohne elektrische Unterstützung im ersten Halbjahr geringfügig von 34.858 auf 33.343 gesunken, die Zahl der Pedelec-Unfälle aber hat sich drastisch erhöht: von 4.252 im ersten Halbjahr 2019 auf 6.227 in 2020, das macht eine Zunahme von 48 Prozent. Während bei allen anderen Verkehrsarten die Anzahl der Getöteten sank, kamen 2020 fast sieben Prozent mehr Pedelecfahrer und -fahrerinnen ums Leben als zuvor. Bei den Schwerverletzten nahm die Zahl sogar um 50 Prozent zu.

Viele Neuaufsteiger auf dem Pedelec (vulgo: E-Bike)

Nach Einschätzung des ADFC ist die Zunahme der Pedelec-Unfälle auch im Zusammenhang mit den stark angestiegenen Verkaufszahlen seit der Corona-Krise zu sehen. Laut Zweirad-Industrieverband ist der Verkauf sogenannter E-Bikes im ersten Halbjahr um 16 Prozent gestiegen. Stork: „Es reicht aber nicht, Pedelec-Fahrtrainings anzubieten – der wichtigste Hebel ist die Infrastruktur. Für die verkehrsüberlasteten Städte ist es ein Segen, wenn viele Menschen das Rad- und Pedelecfahren für sich neu entdecken. Alles, was sie jetzt brauchen, ist gute Infrastruktur.“

Hauptunfallgegner: Auto

Etwa zwei Drittel aller Fahrrad- und Pedelecunfälle sind Kollisionen mit Autos. Hauptschuld trägt in den allermeisten Fällen (75 Prozent) der Autofahrer beziehungsweise die Autofahrerin. Bei knapp 20 Prozent der polizeilich erfassten Unfälle ist kein Unfallgegner im Spiel. Bei diesen sogenannten Alleinunfällen kommen Radfahrende beispielsweise durch mangelhafte Infrastruktur zu Fall – also durch Schlaglöcher, Baumwurzelaufbrüche, Abbruchkanten oder Hindernisse auf dem Radweg. Der Hinweis „Radfahrer bitte Absteigen“ erkennt die Unzumutbarkeit des Weges an und hebt damit die Radwegebenutzungspflicht in dem Bereich auf, kalkuliert jedoch auf die Unkenntnis der Radfahrenden und setzt sie einem erhöhtem Risiko aus.

Der ADFC-Donau-Ries fordert, bereits bei der Planung von Verkehrsinfrastruktur im Kreis Donau-Ries Normen der Bundesanstalt für Straßenwesen (BASt) und Forschungsgesellschaft für Straßenund Verkehrswesen e. V. (FGSV) verbindlich zu berücksichtigen. Die AGFK (Arbeitsgemeinschaft Fahrrad freundliche Kommunen) verschiedener Bundesländer bieten ihr umfangreiche Hinweise auf dem Stand der Technik an. (pm)

Die oben erwähnten Unfallzahlen sind auf Basis der Destatis-Monatsberichte errechnet. Die finalen Unfalldaten für das 1. Halbjahr 2020 finden Sie auf den Seiten des Statistischen Bundesamtes.

Informationen Schutzstreifen: https://verkehrslexikon.de/TexteA/RadSchutzstreifen01.php und STVO Anlage 3 (zu § 42 Abs. 2)
Information Rechtsfahr-Gebot: Dietmar Kettler, Recht für Radfahrer, Ein Rechtsberater, 2. Aufl., Rhombus Verlag Berlin: Als noch zulässig wird oft eine Abstand von 0,8 bis 1 m zum Fahrbahnrand angesehen (BGH, VersR 1964,653).
Information Überholabstand: StVO-Novelle 2020 (gültig seit 28.04.2020) wurde in § 5 Abs. 4 S. 3 StVO ein Mindest-Überholabstand von 1,50 Meter zu Radfahrern durch Kfz innerorts vorgeschrieben und war bereits vorher durch Gerichtsentscheidungen festgestellt worden. Derzeit ist lediglich der 2020 geänderte Bussgeldkatalog ausser Kraft gesetzt.