Im Jahr 1983 haben Angelika und Klaus Schlecht das geschichtsträchtige Haus in der Langgasse 6 erworben. Aufwändig wurde das Fachwerkhaus monatelang renoviert. Die ausgebildeten Pädagogen wollten sich schlichtweg den langersehnten Traum vom eigenen Café erfüllen.
„Meine Eltern haben das Haus sozusagen als Ruine gekauft und ein wunderbares Café aus dem Boden gestampft. Sie haben damit absolut den Nerv der Zeit getroffen“, sagt Lisa Schlecht. Während in den 80er Jahren noch die Wirtshauskultur die Gastronomie prägte, sei das neue Café-Konzept vor allem bei Frauen sehr gut angekommen. Über Jahrzehnte hinweg hat die Familie durchweg immense Wertschätzung ihrer Gäste aus Wemding und der Umgebung erfahren.
Seit jeher ein Familienbetrieb
Schon von klein auf war Lisa Schlecht gemeinsam mit ihren beiden Schwestern immer im Café dabei. „Wir Mädels haben immer an der Theke mitgeholfen. Später habe ich auch im Service unterstützt“, erzählt sie.
Nach dem Abitur ist Lisa Schlecht nach München gezogen, um dort Marketing zu studieren. In ihrem Beruf hat sie mehrere Jahre gearbeitet, ehe sie den Entschluss trifft, wieder Fuß in der Gastronomie fassen zu wollen. Nach Stationen in den unterschiedlichsten Restaurants, ging es für sie weg vom klassischen Bedienen hin zu Jobs im Personalbereich. „Ich wollte damals einfach einen sicheren Arbeitsplatz und geregelte Arbeitszeiten“, erklärt Lisa ihre Entscheidung.
Die Zeichen stehen auf Abschied
In der Zwischenzeit nahm die Corona-Pandemie Fahrt auf und Angelika und Klaus Schlecht begannen nach 37 Jahren darüber nachzudenken, wie es mit dem Café in Zukunft weitergehen solle. Für sie stand fest: Der Betrieb wird nur innerhalb der Familie weitergeführt, eine Verpachtung komme nicht in Frage. Das Lebenswerk der beiden sollte nicht in die Hände von Fremden gegeben werden.
So stand das Café eigentlich vor dem Aus, denn Tochter Lisa wollte ihr Leben in München beibehalten. Pläne wurden bereits erarbeitet, dass das Gebäude saniert und zu mehreren Wohnungen umgebaut werden sollte. „Ende 2021 haben wir bekanntgegeben, dass 2022 das letzte Jahr für das Café Schlecht sein wird“, sagt Lisa. Für viele Stammgäste war die künftige Schließung ein großer Schock.
Die öffentliche Verkündung hat auch die 33-Jährige noch einmal emotional getroffen. „Mein ganzes Leben drehte sich immer um das Café. Das hat mich zum Nachdenken gebracht“, berichtet sie.
Schließlich habe sie mit ihrem Lebensgefährten Mirco Frentzel darüber gesprochen und sie haben sich gemeinsam dazu entschieden, das Café in Wemding zu übernehmen. „Wenn man einmal in der Gastro gearbeitet hat, dann kommt man nicht mehr davon weg“, lacht Lisa. Die Nachricht darüber, dass die Gastronomie doch weitergeführt wird, habe bei vielen Menschen aus Wemding und Umgebung große Freude ausgelöst. Nie hätte Lisa Schlecht mit solch positiven Rückmeldungen gerechnet. „Die Euphorie, die uns seitdem entgegenkommt, motiviert uns täglich“, erzählt die Gastronomin.
Perfekte Voraussetzungen für den Neustart
„Es hat einfach in den Fingern gekitzelt“, schmunzeln Lisa und Mirco, wenn sie zurückdenken. Das gesamte Jahr 2022 hatten die beiden nun vor sich, um ein ganzheitliches Konzept zu erarbeiten. Von Fürstenfeldbruck aus, wo die beiden zu dieser Zeit wohnten, haben sie tagtäglich am „Fräulein Schlecht“ gefeilt. Bereits zu Beginn war klar, die Gäste sollen sich vor allem wohlfühlen. Wert haben Lisa und Mirco vor allem auf die Einrichtung gelegt. „Wir saßen auf tausenden Stühlen, bis wir die richtigen für unser Restaurant gefunden haben“, sagt Mirco Frentzel.
Das Restaurant haben die Gastronomen in vier unterschiedliche Bereiche unterteilt, die sich auch optisch voneinander abheben. „Daher konnten wir mit der Einrichtung einfach viel mutiger sein“, erzählt Mirco. In die Planungen steckten Lisa und Mirco sehr viel Zeit und Weitblick, so bestellten sie bereits neun Monate vor Eröffnung alle Möbel.
Auf gen Heimat!
Im November war es schließlich soweit: Lisa und Mirco packten ihre Habseligkeiten und zogen nach Wemding. Vier Monate haben die beiden kalkuliert, um aus dem Café Schlecht das Fräulein Schlecht zu zaubern. „Wir haben brutal viel selber gemacht“, blickt Lisa zurück. Viele Ideen kamen trotz sorgfältiger Planungen erst beim Machen. Trotzdem hatten sie immer das Große und Ganze im Kopf. „Wir mussten das Gebäude zu unserem machen“, berichtet Lisa.
Am 8. März konnten die beiden schließlich die Eröffnung ihres Restaurants „Fräulein Schlecht“ feiern und das mit großem Erfolg. Eigentlich, so die beiden, sei es der totale Wahnsinn gerade eine Gastronomie neu zu eröffnen. Doch der Faktor „Familienbetrieb“ spielt natürlich immer noch eine große Rolle. Papa Klaus und Mama Angelika unterstützen, wann immer sie gebraucht werden.
Gute Stimmung, leckeres Essen und spritzige Getränke
Viele Gedanken haben sich die beiden auch um ein stimmiges Essensund Getränkekonzept gemacht. „Wir wollten keine schickimicki Gerichte. Sondern eine unfassbar leckere, aber dennoch einfache Küche“, sagt Mirco. Über die durchweg positive Resonanz der Gäste sind die beiden Gastronomen wahnsinnig glücklich und dankbar.
„Wir hätten niemals mit so einem Erfolg gerechnet. Die Stimmung im Fräulein Schlecht ist genauso wie wir uns das vorgestellt haben. Das ist, was es ausmacht und es macht wahnsinnig Spaß, das zu sehen“, so Lisa und Mirco abschließend.