14. März 2023, 08:00
Gesundheit

Eine Kinderklinik in Nördlingen?

Das Stiftungskrankenhaus in Nördlingen. Bild: Diana Hahn
Die CSU/AL-JB Fraktion im Donau-Rieser Kreistag hat im Dezember 2022 einen Antrag eingereicht, in dem eine Pädiatrie/ Kinderheilkunde an einem gKU-Standort im nördlichen Landkreis gefordert wird. Wie ist der aktuelle Stand rund um diesen Antrag und wovon ist die Errichtung eine Kinderklinik im Donau-Ries abhängig? Teil 2 unserer Serie: Gute Besserung? So steht es um die medizinische Versorgung unserer Kinder.

„Wir sehen aktuell eine dramatische Lage an den Kinderkliniken in Deutschland und Bayern. Eine hohe Anzahl an kleinen Patienten mit Atemwegsinfekten und Viruserkrankungen bringt die Aufnahmekapazitäten der auf Kinderheilkunde spezialisierten Intensiv- und Normalstationen an und über ihre Grenzen. Diese Problematik trifft vor allem die Ballungszentren, was nicht verwunderlich ist, da die Kinder aus den ländlichen Gebieten vor Ort nicht versorgt werden können, sondern in die Spezialkliniken der Ballungszentren verwiesen werden müssen. Für den Landkreis Donau-Ries sind das insbesondere die Kinderkliniken in Augsburg und Aalen“, heißt es im Antrag der Fraktion, welcher vom Vorsitzenden Ulrich Lange und dem CSU/AL-JB Sprecher Steffen Höhn unterschrieben wurde.

Konkret wird gefordert, im Rahmen des neuen Medizinkonzeptes für das gKU, eine Abteilung für Kinderheilkunde an einem Krankenhausstandort im Norden des Landkreises, sprich am Stiftungskrankenhaus in Nördlingen, anzustreben.

In 30 Minuten oder nach 30 Kilometern in die Kinderklinik

Die Fahrzeit von Nördlingen nach Augsburg zur Kinderklinik am Universitätsklinikum beträgt mindestens eine Stunde, nach Aalen braucht man 45 Minuten, von Oettingen eine Stunde. „Bei Erwachsenen gilt in der Notfallversorgung die Richtlinie, dass die nächste Notfallversorgung nicht länger als 30 Minuten oder 30 Kilometer entfernt sein soll. Dieser Grundsatz muss auch für Kinder gelten“, sagt Steffen Höhn. Ein kurzer Weg ins Krankenhaus kann Leben retten, doch der ist weder für Erwachsene noch für Kinder überall gegeben. Klaus Emmerich vom „Bündnis Klinikrettung“ wurde im Januar von der Tagesschau zitiert: „Wir haben in Bayern mittlerweile 115 Postleitzahlregionen, in denen die Entfernung zum Krankenhaus mehr als 30 Minuten beträgt.“

Der Standort am Stiftungskrankenhaus wäre ideal, um die Versorgungslücke in Nordschwaben zu decken, so die CSU/AL-JB Fraktion. Angemerkt wird auch, dass eine angestrebte Umstrukturierung der Kliniken im Ostalbkreis die Versorgung im Ries noch weiter verschlechtere. Die Fahrzeit zu einem neuen Zentralklinikum zwischen Aalen und Schwäbisch Gmünd würde sich verlängern. Die aktuelle Überlastung der Kinderkliniken in den Ballungszentren macht deutlich, dass eine starke Zentralisierung der medizinischen Versorgung im Falle von Erkrankungswellen versagt. „Wenn alles zentralisiert wird, ist das Gesundheitssystem schnell überlastet“, so Höhn.

Wie realistisch ist eine Kinderklinik in Nördlingen?

„In unseren Landkreiskliniken in Donauwörth und Nördlingen werden bereits eine Vielzahl von Indikationsstellungen bei Kindern, insbesondere Unfälle, behandelt“, macht Landrat und gKU-Verwaltungsratsvorsitzende Stefan Rößle deutlich. Auch Stationen für Geburtshilfe gibt es bekanntlich sowohl an der Donau-Ries Klinik in Donauwörth als auch am Stiftungskrankenhaus in Nördlingen.

Der Landrat betont aber, dass die Krankenhausplanung des Freistaates Bayern für die Donau-Rieser Kliniken keine Kinderbetten vorsieht. „Der Bedarf an stationären Betten dürfte nicht allzu hoch sein“, vermutet er. Antragsteller Steffen Höhn erklärt jedoch, dass die Aufmerksamkeit und das „politische Zeitfenster“ gerade optimal sei – nicht nur wegen der Krise, die sich zeigt. Auch bundespolitisch ist das Thema brisant. Gesundheitsminister Karl Lauterbach (SPD) plant eine Reform des Krankenhauswesens und will das System der Fallpauschalen ändern. Aktuell wird die Krankenhausfinanzierung (insbesondere Pädiatrie) neu aufgestellt. Für die nächsten zwei Jahre werden den Kinderkliniken z. B. Garantien für ihr Erlösvolumen gegeben. Dass eine Pädiatrie aufgrund der Wettbewerbssituation und des aktuellen Fachkräftemangels abgelehnt werde, ist für die Antragssteller nicht plausibel.

Kinderkrankenhaus wäre wichtiger Standortfaktor

Im Gegenteil: „Das Wettbewerbsargument erscheint uns vor dem Hintergrund der aktuellen Überlastung des bestehenden Systems der Kinderkliniken als falsch, wenn nicht gar verantwortungslos“, heißt es im Antrag.

Ohne Frage wäre eine Kinderklinik am Stiftungskrankenhaus in Nördlingen ein wichtiger Standortfaktor für den gesamten Landkreis – doch wie soll gerade in Zeiten des Fachkräftemangels Personal für eine solche Einrichtung gefunden werden. „Qualifizierte Kinderärzte zum Aufbau einer rund um die Uhr Besetzung an allen Tagen im Jahr zu gewinnen, würde eine Herausforderung darstellen“, gibt Landrat Rößle zu bedenken. Höhn meint, dass eine Kinderklinik gerade dazu beitragen könnte, dem Fachkräftemangel in diesem Bereich zu begegnen. Fachkräfte für eine Ausbildung zu gewinnen, erscheint der CSU schwieriger, wenn der spätere Beruf nur in Augsburg, Aalen oder München ausgeübt werden kann.

Wie genau eine Kinderklinik in Nördlingen aussehen könnte, dazu möchte sich Steffen Höhn unterdessen noch nicht äußern. Dazu sei es zu früh. Die Anzahl der Betten müssten Ärzt*innen und andere Expert*innen festlegen. Klar ist aber auch, dass die Klinik keine Spezialklinik werden soll, sondern einer Grund- und Regelversorgung dienen muss. Die Thematik wird nun in den zuständigen Gremien geprüft. Auch der Verwaltungsrat des gKU werde eingebunden, so Rößle. „Die Prüfung des Antrags wird in enger Abstimmung mit dem Bayerischen Staatsministerium für Gesundheit und Pflege erfolgen“, erklärt der Landrat.