Herr Sorré, seit ziemlich genau fünf Jahren stehen Sie an der Spitze Donauwörths – wenn Sie auf Ihre bisherige Amtszeit zurückblicken: Was waren für Sie die prägendsten Momente?
Jürgen Sorré: Diese fünf Jahre sind total schnell vergangen. Es war eine unheimlich intensive Zeit, die unheimlich viel Freude bereitet hat. Ich mache das mit Leidenschaft und Hingabe, weil es eines der schönsten Ämter ist, das man sich vorstellen kann. Natürlich gab es besonders prägende Momente: Der ganze Amtsantritt war mitten im ersten Lockdown. Da saß ich alleine im Büro, von der Außenwelt abgeschnitten. Als alles wieder geöffnet wurde, war das erste Reichsstraßenfest ein ganz tolles Erlebnis. Dann die Freibaderöffnung – das erste Großprojekt, das zwar schon geplant war, aber mit meiner Amtszeit begann die bauliche Umsetzung. Als wir das Freibad eröffnen konnten, war das eines der Highlights meiner Amtszeit.
Dann überfällt Russland plötzlich die Ukraine. Man wusste im ersten Moment nicht, was das für uns bedeutet. Dann hatten wir das Gewerbesteuer-Thema zu verarbeiten. Man hat sich zwischendurch manchmal gefragt – was kommt denn jetzt eigentlich noch alles? Die Spitze im negativen Sinne war das Hochwasser im letzten Jahr.
Mit vereinten Kräften, mit viel Einsatz und viel Teamgeist, ob in Verwaltung, Stadtrat und bei den Bürgerinnen und Bürgern, haben wir alles gemeistert! Klar, Hochwasser wird ein Dauerthema bleiben, aber ansonsten haben wir die Themen so in den Griff bekommen, dass unsere Stadt nicht nachhaltig beeinträchtigt ist. Ganz im Gegenteil - wir haben unsere Projekte vorangebracht. Positives Highlight war nun der Zuschlag für die Landesgartenschau 2028.
Gibt es Themen oder Projekte, bei denen Sie gerne schon weiter wären, sich mehr gewünscht hätten?
J. S.: Natürlich gibt es den ein oder anderen Einzelpunkt, den man gerne schneller hinbekommen hätte. Wenn man aber die Summe an Vorhaben sieht, die bei uns parallel laufen, muss man einen realistischen Blick darauf werfen. Klassiker ist das Tanzhaus: Freilich hätte ich mir gewünscht, wenn Ende April nächsten Jahres meine erste Amtszeit zu Ende geht, dass wir da das Tanzhaus schon fertig hätten. Klar! Schon beim Entscheidungsprozess mussten wir ja die ein oder andere Schleife drehen, bis hin zum Bürgerentscheid. Bei einem Projekt von dieser Größenordnung und Bedeutung geht aber ganz klar Qualität vor Schnelligkeit. Schnellschüsse verbieten sich hier in meinen Augen.
Insgesamt bin ich mit dem, was wir erreicht haben und was nächstes Jahr noch passieren wird, zufrieden. Man muss sich aber davon lösen, Wahlperiode um Wahlperiode zu bewerten. So eine Stadt entwickelt sich über Jahre und Jahrzehnte. Wir haben viel in Planungen gesteckt, jetzt wird es in den nächsten Jahren richtig „rumpeln“ und etwas passieren.
Heute, am 8. Mai, werden Sie 50 Jahre alt. Wie feiern Sie und bleibt auch Zeit für eine private Feier?
J.S.: In meiner Funktion als Oberbürgermeister gibt es an meinem Geburtstag am Nachmittag einen Empfang mit geladen Gästen, bei dem auch die Stadtkapelle spielen wird. Vormittags findet eine Feier mit der Belegschaft statt.
Als Privatperson feiere ich meinen Geburtstag dann abends im engsten Familienkreis.
Wenn Sie einen Geburtstagswunsch frei hätten – für sich persönlich und für Donauwörth – wie würde der lauten?
J.S.: Für Donauwörth wünsche ich mir, dass wir diesen Weg, den wir jetzt eingeschlagen haben, so weitergehen. Dass sich alle bewusst werden, in welch toller Gegend und toller Stadt wir leben. Ich wünsche mir eine positive Stimmung und eine Gelassenheit. Wir haben es hier echt schön – und es wird noch schöner, ich würde mir wünschen, dass sich das als Lebenseinstellung durchsetzt.
Für mich persönlich steht natürlich Gesundheit an erster Stelle.
Was ist anstrengender: ein Marathonlauf oder eine Stadtratssitzung mit langer Tagesordnung?
J. S.: Körperlich ist es definitiv der Marathon (lacht.) Bei den Stadtratssitzungen gibt es leichte Sitzungen und schwerere Sitzungen. Beides kann auf seine Art anstrengend sein. Was man allerdings festhalten muss, das zeigt auch meine persönliche Erfahrung: Wenn man sich ein Ziel setzt und den (Trainings-)plan sauber durcharbeitet, dann hat man auch Erfolg. So war es jetzt auch beim Marathonlauf am 27. April, an dem ich in Hamburg teilgenommen habe.
Das kann man auf viele Lebensbereiche übertragen: Man braucht einen konsequenten Plan, den man durchziehen muss. Das gilt beim Marathonlauf aber auch fürs Rathaus, für die Stadt und für eine Stadtratssitzung.
Haben Sie beim Laufen auch politische Ideen – oder ist das der einzige Moment, in dem Sie den Kopf wirklich freibekommen?
J. S.: Sowohl als auch. Beim Wettkampf habe ich ehrlicherweise nicht an die Stadt gedacht. Aber in den vielen Trainingswochen davor schon. Auf der einen Seite ist es ein wunderbarer Ausgleich, um den Kopf freizubekommen. Trotzdem kommt man nicht weg von diesem Amt! Und es ist tatsächlich so, dass der ein oder andere Gedankengang oder auch mal eine Idee kommt, wenn man so vor sich hinläuft.
Trotz fehlender Gewerbesteuereinnahmen und einer Lücke im Stadthaushalt sind die Haushaltsdebatten 2025 gut verlaufen. Gibt es in diesem Zusammenhang ein Thema, das ihnen gerade trotzdem Sorgen macht?
J. S.: Eigentlich nicht! Von außen betrachtet ist es schon eine paradoxe Situation: Die Gewerbesteuer bricht ein und auf der anderen Seite hört man, welche Projekte alle angegangen werden. Ja, das ist auf den ersten Blick tatsächlich widersprüchlich. Es lässt sich aber auflösen: In den letzten sieben bis acht Jahren haben wir hohe Gewerbesteuereinnahmen bekommen. Durch eine konsequente Rücklagenbildung profitieren wir jetzt davon. Deswegen können wir an unseren Projekten festhalten - allerdings immer mit dem Blick über den Tellerrand hinaus. Irgendwann ist auch die Rücklage aufgebraucht. Man muss immer wachsam bleiben, aber es gibt kein Thema, das mir Magenschmerzen bereitet.
Demnächst jährt sich die Hochwasserkatastrophe. Was tut die Stadt, um für die Zukunft gerüstet zu sein?
J.S.: Was wir nicht tun können, ist innerhalb kürzester Zeit sämtliche Hochwasserschutzanlagen, die im Zuständigkeitsbereich des Wasserwirtschaftsamtes liegen und die das WWA plant, zu realisieren. Das haben wir selbst nicht in der Hand. Aber es gibt gute Planungsprozesse beim Wasserwirtschaftsamt. Was wir selbst tun können und auch machen, ist, die gesammelten Erfahrungen aufzubereiten, daraus zu lernen und einen Katastrophen- und Notfallplan aufzustellen. Den gibt es zwar sowieso, aber man reichert ihn nun um die gesammelten Erfahrungen an. Wohlwissend, dass jedes Hochwasserereignis immer anders sein kann.
Sie haben es bereits angesprochen – ein zentrales Projekt Ihrer Amtszeit ist das Tanzhaus. Welche nächsten Schritte stehen dort konkret an?
J. S.: Momentan sieht der Projektplan vor, Ende 2027, Anfang 2028 fertig zu sein. Absolute Deadline ist die Landesgartenschau. Das heißt, es wird jetzt mit den Baumaßnahmen losgehen. Der Bauantrag ist gestellt, demnächst wird die Baugenehmigung erteilt, dann geht es in die Ausschreibung der Gewerke und die Baumaßnahmen gehen los. Die Einrichtung der Baustelle hat ja bereits begonnen.
Durch die Landesgartenschau gibt sich die Stadt nun nicht für die Gartenschau selbst, sondern auch für viele andere Projekte drum herum einen richtig straffen Zeitplan, oder?
J. S.: Ja, stimmt! Das Tanzhaus muss man etwas ausklammern, denn dieses Projekt wäre auch ohne Landesgartenschau auf der Tagesordnung gestanden. Natürlich ist es so, dass gewisse Themen jetzt einen intensiveren Druck bekommen. Ich bin daher sehr dankbar, dass die Kolleginnen und Kollegen aus der Stadtverwaltung komplett dahinterstehen. Ohne die ginge es nicht. Man kann nicht als OB erfolgreich an der Spitze stehen, wenn man keine Mannschaft im Hintergrund hat, die das mitgeht. An dieser Stelle möchte ich betonen, dass es eine wirklich tolle Truppe gibt, die hier in der Verwaltung arbeitet.
Was liegt Ihnen bei der Landesgartenschau besonders am Herzen – auch über die Zeit der Veranstaltung hinaus?
J. S.: Die zwei neuen Brücken über Donau und Wörnitz waren Ideen, die schon lange auf dem Tisch lagen und die wir jetzt endlich angehen können – genauso wie die Situation am Schwabenhallen-Festplatz. Das tut unserer Stadt für die Lebensqualität und optisch gut – aber auch ideell. Wir rücken einen Sommer lang komplett in den Fokus in Bayern und darüber hinaus. Es werden Hunderttausende Besucher kommen. Das steigert den Bekanntheitsgrad. Man bekommt eine unheimliche mediale Aufmerksamkeit – die auch über 2028 anhält. Ich möchte, dass wir die Schönheit unserer Stadt und unserer Region in diesem Sommer der Landesgartenschau herausstellen können – das wird auf Jahre hinweg nachwirken. Es ist eine Riesenchance, nicht nur, weil wir Stadtentwicklung betreiben, sondern auch für das Image, für den Tourismus, für den Handel und für das Gastgewerbe.
Das hört sich alles an, als seien Sie mit Donauwörth noch lange nicht „fertig“. Treten sie bei der Kommunalwahl 2026 also erneut an?
J. S.: Ja! Es ist ein unheimlich schönes Amt. Es ist kräftezehrend und ab und zu bekommt man auch mal Kritik ab. Aber die positiven Seiten überwiegen. Für diese Stadt als Oberbürgermeister wirken zu dürfen, sehe ich als ein großes Geschenk. Wohlwissend, dass man in der langen Geschichte der Stadt Donauwörth nur einen kurzen Zeitpunkt wirkt. Es ist meine Heimatstadt, ich lebe hier seit 50 Jahren – man lernt die Stadt aus einem ganz anderen Blickwinkel und mit einer ganz anderen Tiefe kennen – das ist das Schöne an dem Amt. Es gibt nahezu nichts, was nicht irgendwann doch an mir vorbeikommt. Das macht es spannend, auch anstrengend, aber insgesamt wunderschön!