28. November 2021, 08:00
Fernweh

Arbeiten, wo andere Urlaub machen

Jutta Bäcker arbeitet in einer Tauchschule auf den Malediven. Bild: privat
Fast ihr halbes Leben kümmert sich Jutta Bäcker darum, dass sich Urlaubsgäste in luxuriösen Hotelanlagen und vor allem beim Tauchsport an Traumstränden wohlfühlen.

Jeden Tag im Jahr fast 30 Grad, den Strand direkt vor der Haustür und ein Beruf, der vollständig erfüllt – so oder so ähnlich
stellen sich wohl die meisten das perfekte Leben vor. Doch nur die wenigsten wagen den Schritt und setzen um, wovon so viele träumen. Eine davon ist Jutta Bäcker aus Donauwörth. Vor ziemlich genau 25 Jahren machte sie einen mutigen Schritt und änderte ihr Leben vom einen auf den anderen Tag. Ihren Job beim Optiker hing sie an den Nagel, um ihren Alltag ab sofort dort zu bestreiten, wo andere ihren Urlaub verbringen. Wo genau es hin gehen sollte, wusste sie noch nicht, als sie damals mit dem Kündigungsschreiben bei ihrem Chef im Büro stand. „Ich wollte ein Leben in einem warmen, sonnigen Land am Meer, das war das Einzige, das feststand“, erinnert sich Bäcker. Als ausgebildete Fitness- und Aerobic-Trainerin hatte Jutta Bäcker beste Chancen beim Casting eines großen Reiseveranstalters und Hotelbetreibers. Die damals Anfang 30-Jährige bewarb sich, nahm am Einstellungstest teil und wurde dann für fünf Jahre in Clubanlagen in der Türkei, in Thailand, Spanien und sogar im Senegal als Animateurin und Fitnesstrainerin beschäftigt. Anschließend zog es sie für mehrere Jahre nach Mallorca. Auf der spanischen Balearen-Insel arbeitete die Auswanderin wieder  in ihrem gelernten Beruf als Arzthelferin und ließ sich nebenbei zur Tauchlehrerin ausbilden.

Bild: privat

Tauchen auf der Trauminsel

Von Spanien ging es für die Tauchlehrerin dann im Jahr 2004 in den tropischen Inselstaat im Indischen Ozean, die Malediven – genauer gesagt auf die Urlaubsinsel Kuredu. Die gut 1,5 Kilometer lange und 300 Meter breite Insel bietet mit ihren Strandvillen und Bungalows sowie einer ganzen Reihe von Restaurants und Bars Platz für gut 800 Gäste, die ihren Urlaub am Strand, am Pool, mit Tauchen, Schnorcheln, Golf oder im Spa-Bereich verbringen möchten. In der Tauchschule auf Kuredu arbeitete Jutta Bäcker zunächst viele Jahre als Tauchlehrerin und Basisleiterin. Nach einem kurzen Zwischenstopp als Managerin eines Tauchresorts in Indonesien leitete sie die Tauchbasis auf Liliy Beach, einer kleinen Insel im Süden der Malediven. Danach ging es wieder zurück nach Kuredu. Mittlerweile ist Jutta Bäcker für das Personalmanagement der Tauchbasis zuständig. Gemeinsam mit ihrem Mann, der die IT der Tauchschule betreut, lebt sie in einem kleinen Apartment im Mitarbeiterbereich der Insel. So schön sich dieses Leben auch beschreiben lässt, wenn Jutta Bäcker von ihrem Alltag berichtet, erfährt man, dass kulturelles oder gesellschaftliches Leben außerhalb der Insel eigentlich kaum möglich ist und man eben dem Urlaubsresort eben immer unter Mitarbeiter*innen und Gästen ist. Besonders während der Corona-Pandemie hatten einige ihrer jüngeren Kolleg*innen damit zu kämpfen. Fast sechs Monate war das Resort komplett geschlossen. Ein Teil des Personals konnte die Insel noch rechtzeitig verlassen. Gut 200 der bis zu 600 Mitarbeiter*innen blieben fast ein halbes Jahr komplett allein auf der Insel, darunter Gärtner, die sich um die Grünanlagen kümmern mussten, Küchenpersonal, ein Arzt und ebenfalls Jutta Bäcker und ihr Mann.

Jutta Bäcker mit ihrem Mann Steve und Kater Goofy. Bild: privat

Nächster Halt: Ungewiss

Den vergangenen Sommer verbrachte das Ehepaar in Jutta Bäckers alter Heimat. „Ich komme gerne heim zu meinen Eltern und lerne Donauwörth wieder mehr lieben“, berichtet sie. Die Zeit in Europa haben Jutta Bäcker und ihr Mann auch für einen Trip nach Kreta genutzt. Ein Urlaub, wie ihn die Gäste an ihrem Arbeitsort auf den Malediven verbringen, kommt für die Auswanderin nicht in Frage. Sie reist ausschließlich mit One-Way-Ticket, Handgepäck, minimalistischem und fast plastikfreiem Gepäck und liebt es, unter Einheimischen oder zurückgezogen, weit entfernt von den Tourismus-Hochburgen zu sein. „Am Strand und im Meer waren wir in den ganzen vier Wochen auf Kreta nur ein einziges Mal“, erzählt Bäcker. Sie hat schließlich täglich den schneeweißen Sand unter den Füßen, schwimmt und taucht im türkisgrünen Meer und verbringt den Feierabend an der Strandbar unter Palmen. Nach dem Urlaub auf Kreta geht es für das Paar im November wieder zurück auf die Malediven. Ist Jutta Bäcker auf der Trauminsel Kuredu nun dort angekommen, wo sie den Rest ihres Lebens verbringen möchte? „Nein“, antwortet sie schelmisch grinsend und offenbart: „Ich habe gekündigt, ich bleibe nur noch bis Januar auf den Malediven.“ Und wie geht es dann für die Auswanderin weiter?

„Ich weiß noch nicht, wo ich im nächsten Frühjahr bin, und wo ich heute in einem Jahr sein werde, weiß ich gleich noch weniger“, lacht Jutta Bäcker.

Vielleicht bleibt sie erstmal einige Monate in Donauwörth, sucht einen neuen Job und einen neuen Ort, um sich dort niederzulassen. Ein Häuschen auf Kreta, Malta oder einem anderen Ort im südlichsten Teil Europas können sich Jutta Bäcker und ihr Mann gut vorstellen.