9. Februar 2024, 18:00
Faszination Fliegen

Diese Ausbildung hebt (sich) ab

Das Bild zeigt Schulleiter Gerhard KIilian (links) die Schüler im 3. Lehrjahr Tim Remmele, Felix Winter, Asil Umut Yildirim und Julia Schwab mit ihren Lehrern Konrad Fieger (mitte) und Tobias Eberhardt (rechts). Bild: Mara Kutzner
Seit einigen Jahren kann man an der Ludwig-Bölkow-Berufsschule einen ungewöhnlichen und seltenen Beruf erlernen. Um als Leichtflugzeugbauer*in ausgebildet zu werden, kommen junge Menschen aus der ganzen Bundesrepublik nach Donauwörth.

Manche Ausbildungsberufe gibt es nicht oft in Deutschland. Die Ausbildung als Böttcher*in ist so gut wie ausgestorben und auch Berufe wie Flechtwerkgestalter*in oder Bürstenmacher*in werden immer seltener. Der Beruf des Leichtflugzeugbauers bzw. der Leichtflugzeugbauerin gehört ebenfalls zu den eher untypischen Ausbildungen. Dabei kann bei diesem Berufsbild keinesfalls die Rede davon sein, dass es sich um ein aussterbendes Handwerk handelt. Leichtflugzeugbauer* in ist ein technischer Beruf, bei dem auch automatisierte Fertigungsverfahren, wie CNC- und SPS-Technik sowie Inhalte die Industrie 4.0 eine wichtige Rolle spielen. Sie bauen aus Einzelteilen wie Leichtmetall, Faserverbundstoffen und Holz Segelflugzeuge, Motorsegler und kleine Motoflugzeuge. Auch fliegerische Grundlagen wie Auftriebslehre, Avionik und Instrumentenkunde sind wichtige Bestandteile des Berufs. Dass es nicht sehr viele Betriebe in Deutschland gibt, die Leichtflugzeugbauer*innen ausbilden, hat auch den Grund, dass es nicht allerorts Fachklassen und Berufsschulen gibt, wo Azubis schulisch fundiert ausgebildet werden.

Ludwig-Bölkow schule erstellt eigenen Lehrplan

An der Donauwörther Berufsschule war es vor mehr als sieben Jahren noch so, dass die zwei Leichtflugzeugbauer zusammen mit den Fluggerätemechanikern in die Klasse gingen. „Die Berufe sind artverwand, aber doch sehr unterschiedlich. Das ist so, als würden die Bäcker zusammen mit den Metzgern beschult werden“, sagt Schulleiter Gerhard Kilian. Als die Schüler*innenzahlen stiegen, genehmigte die Regierung von Schwaben, eine Fachklasse zu bilden – doch ein Lehrplan, der den Lehrkräften vorgibt, was sie unterrichten sollen, gab es nicht. Gerade einmal eine veraltete Ausbildungsverordnung aus dem Jahr 1986 lag vor. Deshalb wurde die Ludwig-Bölkow- Berufsschule vom bayerischen Kultusministerium beauftragt, einen modernen Lehrplan für den Beruf des Leichtflugzeugbauers zu erstellen. Ein ganzes Lehrerteam, unter der Leitung von Fachbetreuer Konrad Fieger, hat im Schuljahr 2018/2019 von den Fächern über die Lerninhalte bis zur Stundenverteilung einen vollständigen Lehrplan für das Berufsbild erstellt. Dabei habe man sich auch eng mit Ausbildungsbetrieben abgestimmt und wichtige Zukunftsthemen wie Robotik mit eingeplant, so Konrad Fieger. Nach einer Testphase im Oktober 2022, wurde der Lehrplan vom Kultusministerium veröffentlicht und in Kraft gesetzt.

Blockschule in Donauwörth - Ausbildung in ganz Deutschland

Unterdessen wurden immer mehr Firmen aus Baden-Württemberg und Hessen im Internet auf die Donauwörther Berufsschule aufmerksam. Dass jetzt in Donauwörth eine solch fundierte schulische Ausbildung zum Leichtflugzeugbauer angeboten wird, stieß bei den Ausbildungsbetrieben auf großes Interesse. Die Betriebe setzten durch, dass ihre Azubis in Donauwörth zur Schule gehen durften und seit 2020 ist die Ludwig-Bölkow-Berufsschule sogar Sprengelschule für Bayern und Hessen, seit 2022 auch für Niedersachsen. Das heißt, alle Leichtflugzeugbauer- Azubis aus diesen Bundesländern müssen die Berufsschule in Donauwörth besuchen. Aber auch Schüler*innen aus Baden-Württemberg und Rheinland-Pfalz absolvieren den schulischen Teil ihrer dualen Ausbildung an der Ludwig-Bölkow-Berufsschule. Ihre Ausbildungsbetriebe machten sich nämlich dafür stark, dass ihnen die Blockbeschulung in Donauwörth vom Kultusministerium genehmigt wurde. Sogar große Betriebe, wie Airbus Helicopters, Premium Aerotec oder MT Aerospace haben dank dem Berufsschulangebot in Donauwörth ihr Ausbildungsangebot um den Beruf des Leichtflugzeugbauers erweitert. Mittlerweile ist auch die IHK Schwaben Leitkammer für den Beruf. Seit drei Jahren werden die Abschlussprüfungen für ganz Deutschland in Schwaben, federführend in Donauwörth, erstellt. In diesem Schuljahr werden 14 Azubis ihre Ausbildung abschließen, 27 neue Lehrlinge haben im September ihre Ausbildung in Donauwörth begonnen. 21 Schüler*innen besuchen derzeit das 2. Ausbildungsjahr. Nach wie vor ist die Donauwörther Berufsschule die Einzige im ganzen Bundesgebiet, die für Leichtflugzeugbauer*innen eigene Fachklassen anbietet.