Nördlingens Polizeichef Walter Beck Bild: Jenny Wagner
Die Corona-Krise in Deutschland ist für die Polizei eine ungewohnte Situation. Die Gesetzeshüter müssen auch während dieser Zeit für Recht und Ordnung sorgen und darauf achten, dass Ausgangs- und Kontaktbeschränkungen eingehalten werden. Gleichzeitig ist für die Beamten eine Arbeit komplett aus dem Homeoffice nicht möglich. Damit sind die Polizistinnen und Polizisten ständig der Gefahr ausgesetzt, sich bei der Arbeit zu infizieren, und auch andere anzustecken.

Die Ordnung erhalten in chaotischen Zeiten

Auch für einen erfahrenen Mann wie den Chef der Nördlinger Polizeiinspektion, Walter Beck, sind das Herausforderungen, die neue Lösungen brauchen. Entsprechend haben sich die Methoden der Nördlinger Beamten verändern müssen. „Die Arbeit der Kolleginnen und Kollegen ist in den
letzten Wochen maßgeblich geprägt von den Überwachungsmaßnahmen im Zusammenhang mit den Corona-Infektionen,“
meint Beck im Gespräch mit unserer Redaktion.

„Nachdem das öffentliche Leben nahezu zum Stillstand gekommen ist, sind die sonst üblichen Einsätze sehr rückläufig. Weniger Autos auf den Straßen bedeuten auch weniger Unfälle. Und dennoch ereignete sich am Mittwoch, 15. April, zwischen Wemding und Fessenheim ein tragischer Verkehrsunfall, bei dem ein Kradfahrer ums Leben kam“, berichtet der Polizeichef. „Auch in anderen Deliktsfeldern registrieren wir Rückgänge; sogar im Bereich der häuslichen Gewalt, die nach Expertenmeinung aufgrund der Ausgangsbeschränkungen stark ansteigen müsste“, so Beck weiter. In einem anderen Feld wurden die Befürchtungen der Polizei allerdings wahr: Der Internetbetrug hat deutlich zugenommen. Dazu Walter Beck: „Zu erwarten war, dass die Straftaten in der virtuellen Welt zunehmen werden. Und das ist der Fall. Wir haben hier bei der Polizeiinspektion Nördlingen ein Anzeigentelefon geschaltet, das beachtliche Frequenz erfährt. Darüber hinaus gibt es natürlich auch die Möglichkeit der Anzeigenerstattung über das Internet.“

Maßnahmen zum Selbstschutz

Um trotz Corona effektiv weiterarbeiten zu können, musste die Nördlinger Polizei ihre Arbeitsweise anpassen. „Wir haben den Dienstbetrieb erheblich umgestaltet. Die Hygienevorschriften und -empfehlungen werden streng beachtet“, so Beck. „Wir fahren ausschließlich mit festen Streifenteams, so dass sich die Kollegen nur selten begegnen und wir mögliche Infektionsketten besser zurückverfolgen können. Darüber hinaus haben wir den täglichen Bürodienst so gestaltet, dass durch Arbeit in Schichten gewährleistet ist, dass jeder Kollege und jede Kollegin alleine im Büro sitzt. Außerdem werden Autos und Büros täglich desinfi ziert“, erklärt Beck die Vorgehensweise. Des Weiteren habe man ein „Vernehmungszimmer‘ eingerichtet, in dem alle Vernehmungen stattfi nden. Auch bei der Pausengestaltung werde laut Walter Beck darauf geachtet, dass nicht mehrere Kollegen in einem Raum sind. Natürlich leide unter diesen strengen dienstbetrieblichen Auflagen die Kommunikation und Information; aber das müsse man in diesen Notzeiten ganz einfach hinnehmen. Die Beamten wurden außerdem mit entsprechender persönlicher Schutzausrüstung ausgestattet, bestehend aus Mundschutz, Handschuhen und Brille. „Auch wir bekamen dabei die allgemeinen Lieferengpässe zu spüren“, erinnert sich Beck.

Die Bevölkerung zieht mit – in den meisten Fällen

Was die persönlichen Erfahrungen der Polizeibeamten angeht, hat Walter Beck Positives zu berichten: „Im Großen und Ganzen stellen die Kollegen fest, dass sich die Menschen in der Region mit sehr viel Verständnis an die Ausgangsbeschränkungen und Verbote halten.“ In den vergangenen Wochen waren im Ries und dem ganzen Landkreis mehr Streifen als üblich unterwegs. Mehr Präsenz bedeutet laut Beck auch mehr Vorsicht beim Bürger.  „Natürlich haben wir auch Verstöße festgestellt: Von der Geburtstagsparty, über das Grillfest im Hof bis zu unzähligen Verstößen an den Autowaschstraßen war alles dabei. Die Menschen haben zum überwiegenden Teil Verständnis für die angeordneten Maßnahmen und Beschränkungen. Auch die polizeiliche Überwachung und Kontrolle wird überwiegend begrüßt und akzeptiert. Aber es gibt immer einige Unverbesserliche, die allerdings aus anderen Begegnungen mit der Polizei bereits bekannt sind“, so der Polizeichef. Zum Zeitpunkt unseres Gesprächs mit Walter Beck Ende April zeichnet sich eine Entspannung der Krisensituation zwar schon ab, von Normalität kann jedoch noch keine Rede sein. „Nachdem die Ausgangsbeschränkungen nur schrittweise gelockert werden und bis weit in den Mai hinein mit maßgeblichen Einschränkungen zu rechnen ist, wird die Arbeit für die Polizei nicht leichter. Im Gegenteil: Die Temperaturen steigen an und die Menschen wollen ‚raus‘. Dafür habe ich auch Verständnis. Aber ich wünsche mir, dass man sich zum Wohle aller an die Beschränkungen hält und weiterhin der Polizei das Leben nicht allzu schwer macht“, meint Beck.