Jana Deibler

„Ich versuche es als meine Lebensaufgabe zu sehen“

Jana Deibler Bild: Mara Kutzner
Nach einem schweren Autounfall und einem Schlaganfall kämpft Jana Deibler täglich darum, Beweglichkeit und Alltag zurückzugewinnen – ein beeindruckendes Beispiel für Mut, Willenskraft und Lebensfreude.

Die Sonne brennt hinab auf die Erde, es hat um die 36 Grad an diesem heißen Mittwochnachmittag im Juni 2019. Jana Deibler steigt nach ihrem Arbeitstag im Kindergarten in ihr Auto und will nach Hause fahren. Die Hitze macht der 22-Jährigen schon den ganzen Tag zu schaffen – vielleicht sind es Kreislaufprobleme, warum sie auf der Strecke zwischen Weißenburg und Karlshuld plötzlich die Kontrolle über das Lenkrad verliert. 

Der Transporter auf der Gegenfahrbahn ist genau wie die junge Frau mit gut 100 Stundenkilometer unterwegs. An den Zusammenstoß kann sich die Donauwörtherin nicht mehr erinnern. Auch nicht daran, wie Rettungskräfte sie aus ihrem Wagen befreien, wie sie ein Helikopter ins Klinikum nach Ingolstadt fliegt und dass die Ärzt*innen dort zunächst ein gebrochenes Bein und einen gebrochenen Arm feststellen. „Das wäre ja nach ein paar Wochen wieder verheilt“, sagt Jana Deibler heute. Doch bei genaueren Untersuchungen wird ein Riss in der Halsschlagader entdeckt, der den Blutfluss hemmt. Weil auch ihre Leber bei dem Unfall verletzt wurde, können ihr keine Blutverdünner verabreicht werden. 

„Die Ärzte wussten, dass es zu einem Schlaganfall kommt. Und er kam! Um 3 Uhr nachts …“, erzählt Jana Deibler. Zu dieser Zeit liegt sie auf der Intensivstation – seit dem Unfall sind nur wenige Stunden vergangen. Zwei Drittel ihres Gehirns werden nicht mehr durchblutet. „Das alles weiß ich nur aus Erzählungen“, berichtet sie heute. Ihre ersten Erinnerungen setzten ein, als sie Besuch von der Familie im Krankenhaus bekommt. Dass sie ihren linken Arm und das linke Bein nicht bewegen kann, merkt sie erst allmählich.

In Folge des schweren Schlaganfalls sammelt sich Flüssigkeit in Jana Deiblers Hirn, es schwillt an und die Mediziner*innen müssen ihre Schädeldecke öffnen, um den Druck zu reduzieren. Unzählige Operationen folgen und sie verbringt mehrere Wochen auf der Intensivstation. Danach kommt sie in die Unfallklinik nach Murnau. Es vergehen weitere Wochen, bis sie das erste Mal im Bett sitzen kann. Daran ist nicht nur die Hemiparese, also die Lähmung ihrer linken Körperhälfte – ausgelöst durch den Schlaganfall – schuld. 

Durch das lange Liegen und die Bewegungsunfähigkeit bildet sich die ganze Muskulatur zurück. Jana Deibler muss völlig neu lernen zu laufen. Der erste Schritt gelingt ihr erst nach Monaten. Mehrere Aufenthalte in Reha- und Nachsorgezentren beschleunigen ihre Genesung. Nur mit viel Physio- und Ergotherapie lernt die junge Frau wieder Bewegungen mit ihrer linken Körperhälfte auszuführen. Je weiter die Körperteile vom Gehirn entfernt liegen, desto schwerer fällt ihr dies – bis heute!

Kleine Helfer bringen große Erleichterung

Schritt für Schritt musste Jana Deibler das Laufen neu lernen. Bild: privat

Trotz allem schafft sie es 2022, drei Jahre nach dem Unfall, ihre Ausbildung zur Erzieherin abzuschließen. Doch immer wieder leidet sie unter akuter Erschöpfung, ausgelöst durch das Fatigue-Syndrom, eine schwere Folge nach Schlaganfällen. „Das ist eines der Dinge, die mich bis heute am meisten einschränken“, sagt Jana Deibler, denn mit vielem anderen hat sich die junge Frau eindrucksvoll arrangiert. Eine Manschette, die sie unterhalb ihres Knies anlegt, unterstützt sie durch elektrische Impulse beim Laufen. 

Eine Spezialbrille gleicht Einschränkungen in ihrem Gesichtsfeld aus und allerlei Alltagshelfer, wie spezielle Küchenutensilien helfen ihr beim Kochen und Backen mit nur einer Hand. Eine Assistentin und ihr Freund greifen ihr zudem im Haushalt oder beim Einkaufen unter die Arme. Ein paar Meter kann sie inzwischen gut allein bewältigen. Wenn sie eine längere Strecke vor sich hat, ist sie auf ihren elektrischen Rollstuhl angewiesen. Ihrem Beruf nachzugehen ist ihr momentan nicht möglich. 

Jana Deibler freut sich auf ihr neues Auto, das genau für ihre Bedürfnisse umgebaut wird. Bild: privat

„Gerade habe ich richtig coole Therapeuten“, sagt die junge Frau, die trotz der großen Erfolge immer noch jeden Tag an sich arbeitet. Auch eine längere Reha in einem Zentrum würde sie gerne noch ein weiteres Mal angehen. „Es gibt schon Tage, an denen ich mich frage: Warum ich? Doch ich versuche es als meine Lebensaufgabe zu sehen, ein Vorbild für andere zu sein und ihnen zu zeigen, dass es sich lohnt zu kämpfen“, sagt die junge Frau. 

Jana Deibler kämpft. Jeden Tag. Mit Mut, Willensstärke und Zuversicht. Zuletzt hat sie sogar Fahrstunden genommen. Ihr eigenes neues Auto steht schon fast bereit. Um ihr das Lenken und Blinken zu ermöglichen, müssen noch spezielle Vorrichtungen eingebaut werden. Auch ein Lift im Kofferraum, der den Rollstuhl automatisch ein- und auslädt, ist vorgesehen. Im Dezember könnte die erste Spritztour anstehen! „Natürlich fährt man vorsichtiger“, sagt sie – aber Angst vor dem Autofahren hat Jana Deibler nach ihrem schweren Unfall keineswegs!

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