26. Mai 2021, 08:00
Interview mit David Wittner

Aus einer guten Grundlage noch mehr machen

Oberbürgermeister David Wittner. Bild: Maximilian Bosch
David Wittner ist seit gut einem Jahr der Oberbürgermeister der Stadt Nördlingen. Er weiß um die Stärken der Stadt und wohin der Weg einmal gehen soll. Im Gespräch mit unserer Redaktion stellt der OB die Schwerpunkte vor und geht auf wichtige städtische Zukunftsprojekte ein. Teil 2 unserer Serie "Wie sieht Nördlingens Zukunft aus?"

Laut Wittner liegt ein klarer Plan für die kommenden Jahre vor. Nördlingen biete sehr gute Voraussetzungen für die weitere Entwicklung: Die hohe Lebensqualität, die überschaubare Größe, gute Arbeitsplätze, die Bedeutung für das Ries als Zentrum und als touristischer Anziehungspunkt ergeben ein gutes Gesamtpaket.

Um die Lebensqualität weiter zu steigern gelte es, Gutes zu erhalten und gleichzeitig globalen Trends zu folgen. Die Nördlinger Altstadt zum Beispiel verbinde laut Wittner Leben, Einkaufen, Gastronomie und Kultur für sämtliche sozialen Schichten, „das müssen wir bewahren.“

Auf der Seite der Trends müsse man die Bemühungen in Sachen Digitalisierung intensivieren, Umwelt- und Klimaschutz ernst nehmen und den sozialen Zusammenhalt stärken – auch mit den Nachbargemeinden. Einige konkrete Projekte, die die Lebensqualität in der Riesmetropole auf das nächste Level heben sollen, stehen bereits in den Startlöchern oder befi nden sich in der Umsetzung. Das hat der Oberbürgermeister zu den einzelnen Projekten zu sagen. 

Rufbussystem NÖ-mobil

Am 3. Mai 2021 ging in Nördlingen ein neues Rufbussystem an den Start: NÖ-mobil. Damit sollen die Kernstadt, die Stadtteile und die umliegenden Gemeinden Deiningen, Ederheim, Möttingen, Reimlingen und Wallerstein besser verbunden werden und enger zusammenwachsen. Barrierefreie Kleinbusse, die auch für Senior*innen und Menschen mit Behinderung gut nutzbar sind, verbinden nach Bedarf der Nutzer*innen ein Netz von circa 300 Haltepunkten miteinander. Bestellt wird der Bus per App, über eine Website oder per Telefon.

Laut David Wittner ist das neue System kleinteilig und bedarfsgerecht, es sei außerdem eine wichtige Chance, Nördlingen mit seinen Ortsteilen und dem Umland zu verbinden. Aus der Nutzung wolle man lernen, wie genau die Nachfrage nach Mobilität eigentlich aussieht. Generell sieht Wittner die Mobilitätsfrage als Zukunftsthema.

„Wir werden erst dann weiterkommen, wenn wir einen Bewusstseinswandel bewirken“, so der OB.

Das Nö-Mobil in Nördlingen. (Archivbild) Bild: Maximilian Bosch

Der Öffentliche Personennahverkehr müsse genauso attraktiv werden wie der Individualverkehr, auch wenn letzterer in unserer Region immer dazugehören werde. In Bezug auf die Mobilität der Zukunft gelte es auch, die Schiene nicht zu vergessen: Man dürfe die Möglichkeit einer Hesselbergbahn nicht aus den Augen verlieren, auch wenn eine Umsetzung derselben momentan nicht möglich scheine, so Wittner.

Nördlingens neues Hallenbad

Das Prestigeprojekt schlechthin für die Stadt ist der Neubau des Hallenbads im Rieser Sportpark für gut 18 Millionen Euro. „Es ist eines der wichtigsten Infrastrukturprojekte für Nördlingen“, meint der OB. Schon in den 90er Jahren habe es Überlegungen für einen Neubau im Rieser Sportpark gegeben. „Es ist wichtig, dass Nördlingen mit seiner Zentralitätsbedeutung so ein Bad anbietet“, so Wittner. Das stets gut besuchte Nördlinger Freibad zeige das Potential einer modernen Badeanstalt, zudem stünden er als OB und die Stadtratsmitglieder bei den Bürger*innen im Wort, dieses Projekt zu realisieren.

Bezüglich der Umsetzung verfolge man einen sportlichen, aber klar umrissenen Zeitplan. Am 22. April 2021 fand in der Hermann-Keßler-Halle die Sitzung des Preisgerichts des Architektenwettbewerbs statt, das aus den Einreichungen von 18 Architekturbüros drei Entwürfe ausgewählt hat. Am 24. Juni entscheidet der Stadtrat, welches Architekturbüro letztlich den Auftrag bekommt, über das Raumkonzept wird endgültig am 22. Juli entschieden. Nachdem es auch aufgrund der Pandemie zu Verschiebungen kam, wird momentan mit einer Eröffnung im September 2024 gerechnet.

Der Siegerentwurf des Architektenwettbewerbs für das Nördlinger Hallenbad von Löhle/Neubauer Architekten aus Augsburg. Bild: Stadt Nördlingen

Ausbau des Radwegenetzes

„Nördlingen ist von den räumlichen Dimensionen her ideal für das Fahrrad“, sagt David Wittner, dessen Vorliebe für das Radeln in der Stadt oft beobachtet werden kann. Leider ist das vorhandene Wegenetz noch nicht optimal, weshalb im Nördlinger Radwegekonzept über 300 Maßnahmen zur Verbesserung und zur Entschärfung von Gefahrenstellen festgeschrieben sind. Dazu sind überregionale Projekte in Vorbereitung, zum Beispiel ein Radweg von Maihingen über Dürrenzimmern, Pfäfflingen, Deiningen und Grosselfingen bis an die B 25, den der Landkreis Donau-Ries plant. Der einzige limitierende Faktor beim Ausbau des Netzes sind laut Wittner die Finanzen.

Der OB hofft dabei auf weitere Fördermittel von Bund und Land noch in diesem Jahr, um mehr Projekte des Radwegkonzepts in Angriff nehmen zu können. Einen konkreten Zeitpunkt, an dem man „einen Haken“ hinter den Radwegeausbaus setzen kann, gibt es laut Wittner nicht: „Das wird immer eine Daueraufgabe bleiben.“

Südumgehung aktuell kein Thema

Immer mal wieder wird auch die Notwendigkeit einer Süd- bzw. Süd-West-Umgehung der Stadt diskutiert. Sie könnte den Verkehr aus der Stadt halten und z.B. die vielbefahrene Herlinstraße entlasten, stößt aber bei den Bewohner*innen der betroffenen Ortsteile und bei Naturschützer*innen auf erheblichen Widerstand. Hier kann Wittner beruhigen: Eine Umgehung sieht er momentan nicht kommen. Ein wichtiger Faktor sei zunächst der künftige Verlauf der B 29 von der Baden-Württembergischen Seite aus, wo man sich gerade mit der Trassenfindung beschäftigt. Landschaftsfragen gelte es ebenso zu bedenken wie die Auswirkungen auf die Nachbargemeinde Reimlingen. Stelle man dem den Nutzen der Umgehung gegenüber sehe er den Mehrwert derselben nicht, so Wittner, auch wenn er für die Anwohner*innen der Herlinstraße Verständnis habe.

Mehr Wohnraum durch die Gartenstadt

Kontrovers diskutiert wird der Plan der Stadtverwaltung, im Osten Nördlingens eine Fläche von 60 Hektar als Wohn- und Gewerbeflächen auszuschreiben. Das Projekt, das teils als „Gartenstadt“ oder „Wohnpark Ost“ bekannt ist, stößt auf Kritik, da so viel Fläche verbraucht wird. „Wir sind grundsätzlich eine wachsende Region“, sagt David Wittner, man brauche dringend mehr Wohnraum in der Stadt. Erklärter Wille der Stadtverwaltung sei es, diesen Raum vor allem auf bereits bebauten Flächen zu schaffen, also ohne mehr Land zu versiegeln. Aber für den Bedarf Nördlingens reichen diese Flächen nicht aus.

Noch dieses Jahr wird die Stadt in die Details des Bebauungsplans für die Gartenstadt einsteigen und festlegen, wie hoch, wie dicht und mit welchen Gebäudeformen dort gebaut werden darf. Das Gelände soll über Jahre hinweg Stück für Stück entwickelt werden, der Anfang muss aber jetzt gemacht werden: „Wir müssen mit Hochdruck daran arbeiten, damit innerhalb der nächsten fünf Jahre der erste bauen kann“, so der Oberbürgermeister.

Über diese Projekte hinaus sieht David Wittner auch das Areal St. Josef als einen wichtigen Baustein für die Entwicklung der Stadt, das Quartierszentrum sei ein „Leuchtturmprojekt“ für das Wemdinger Viertel als Nördlingens bevölkerungsreichsten Stadtteil. Große Bedeutung für die Wohnraumfrage misst Wittner auch dem Eger-Viertel bei, das von einem privaten Investor innerhalb der Stadtmauer umgesetzt wird. Beiden Themen widmen wir uns auf den folgenden Seiten im Detail.