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Eine Großwärmepumpe schlägt Brücke zwischen Strom und Wärme

Bei der feierlichen Inbetriebnahme der Großwärmepumpe waren zahlreiche Gäste aus Politik und Wirtschaft vor Ort. Darunter auch der Bayrische Digitalminister Fabian Mehring (Mitte). Bild: Thomas Oesterer
Bereits seit 2017 arbeiten GP Joule und die Gemeinde Mertingen eng zusammen. Im November wurde jetzt eine in Europa einzigartige Großwärmepumpe in Betrieb genommen und feierlich eingeweiht.

Energiewende, das ist mehr als nur ein Trend für Privathaushalte. Längst wissen Unternehmen und Kommunen, dass sie sich den Herausforderungen des Klimawandels und der Energiepreiskrise stellen müssen. Deshalb haben sie eigene Ideen, Konzepte, ja sogar echte Innovationen entwickelt. Prominentestes Beispiel für diese Entwicklung ist die Zusammenarbeit zwischen der Gemeinde Mertingen und dem Unternehmen GP Joule aus Buttenwiesen. Gemeinsam haben sie im November 2023 eine Großwärmepumpe in Betrieb genommen, die nicht nur im Landkreis, sondern sogar in ganz Europa einzigartig ist. Das Besondere: Die Luft-Wärmepumpe wird direkt mit grünem Strom aus einem nahegelegenen Photovoltaikpark versorgt. „Dieses Projekt zeugt von bundesweiter Strahlkraft und Mut sowohl bei GP Joule als auch bei der Gemeinde Mertingen“, erklärte entsprechend auch Neu-Minister Dr. Fabian Mehring (Freie Wähler) während der feierlichen Inbetriebnahme: „Durch die innovative Kombination von Wärmepumpe und PV-Anlage schlägt GP Joule im Schulterschluss mit der Gemeinde Mertingen die Brücke zwischen der Energie- und Wärmewende. Aus dem Herzen unserer Heimat geht das Familienunternehmen mit seinem jüngsten Projekt erneut beim Masterthema der Klimawende bundesweit voran. Das zeigt eindrucksvoll, dass Innovationskraft und Resilienz im bayerischen Mittelstand zuhause sind. Umso stolzer bin ich als schwäbischer Minister auf die erfolgreichen Energiewende-Pioniere aus unserer Region.“ Die Anlage befi ndet sich am Ortsrand von Mertingen, direkt an der Bahnstrecke und ist momentan nur über einen gekiesten Feldweg erreichbar. Bereits aus größerer Entfernung fallen die 15 Meter hohen Speicher aus Stahl auf. Von dort aus wird die eingespeiste Energie in Form von Wärme verteilt.

Optimale Voraussetzungen am Standort Mertingen

Die Zusammenarbeit zwischen der Gemeinde und GP Joule geht dabei bereits bis in das Jahr 2014 zurück. 2017 – also genau vor sechs Jahren - ging das gemeinsame Nahwärmenetz an den Start. Die Gemeinde Mertingen hält dabei 55 Prozent der Anteile an der gemeinsam gegründeten Betreibergesellschaft „ProTherm Mertingen“, GP Joule die übrigen 45 Prozent. In der Nachbetrachtung für alle Beteiligten ein zukunftsweisendes Ereignis. Vor allem deshalb – weil der Zuspruch für das Nahwärmenetz in den vergangenen Jahren noch einmal stark angestiegen ist. So beginnt in Mertingen 2024 bereits der 20. Bauabschnitt. Diese mehr als positive Entwicklung bestätigte auch Jörg Baumgärtner, Gemeindekämmerer und seit acht Jahren für „ProTherm Mertingen“. Er erklärt: „Wenn man heute auf das Jahr 2015 zurückblickt, ist es fast schon naiv zu sehen, mit wie wenig bürokratischem Aufwand wir uns als Gemeinderat damals für das kommunale Nahwärmenetz entschieden haben. Zum Glück lagen wir mit unserer Entscheidung aber absolut richtig. In drei bis vier Jahren soll jeder Mertinger die Möglichkeit haben, sich an das Nahwärmenetz anschließen zu können. Das ist ein toller Erfolg“. Ein Erfolg, der sich bereits im ersten Jahr abzeichnete. Heute sind 250 Kunden an das Nahwärmenetz angeschlossen. 250 Kunden, die zusammen mit neun Millionen kw/h Wärme aus drei Biogas-Anlagen versorgt werden können. Hinzu kommt jetzt die neue Luft-Wärmepumpe. Vergleichbar ist dieser Wert mit dem Verbrauch von rund einer Million Liter Heizöl. Dabei profitierte die Gemeinde stets von ihrem Status als einer der größten Wirtschaftsstandorte im Landkreis Donau-Ries mit über 3000. „Wir haben hier optimale Standortvoraussetzungen und diese mit unserem neuen Projekt noch einmal optimiert. Mertingen nimmt damit eine echte bundesweite Vorreiterrolle ein“, weiß auch Mertingens Bürgermeister Veit Meggle.

Gut für die Region und das Klima

Doch was genau macht die Kombination aus Wärmepumpe und PV-Anlage am Standort Mertingen so besonders? GP Joule hat hier eine Luft-Wärmepumpen-Komplettlösung mit bis zu 900 Kilowatt thermischer Leistung entwickelt. Die eingesetzte Technik ermöglicht eine hohe Vorlauftemperatur von 80 Grad im Wärmenetz, sodass es auch in Bestandsbauten immer warm wird. Als natürliches Kältemittel kommt klimafreundlicher Ammoniak zum Einsatz. Betrieben wird die industrielle Großwärmepumpe mit Strom unter anderem aus einer Freiflächen-Photovoltaikanlage mit 750 Kilowatt Leistung, die sich nur wenige Meter entfernt von der neuen Wärmepumpe befindet. Damit möglichst viel des Solarstroms für die Wärmeproduktion genutzt werden kann, wird die Wärme nicht nur direkt ins Netz eingespeist, sondern kann auch in zwei Pufferspeichern mit jeweils 84 000 Litern Wasser zwischengespeichert werden. „Die Einbindung einer direkt angeschlossenen PV-Freiflächenanlage zur Stromversorgung des Wärmepumpensystems ermöglicht die Nutzung von Erneuerbaren Energien am Erzeugungsort. Das ist gut für das Energiesystem, da der Strom das Netz nicht belastet; gut für die Region, da die Wertschöpfung vor Ort bleibt und gut für das Klima“, sagt Felix Schwahn, Geschäftsführer GP Joule Wärme. Gleichzeitig kann die Anlage in Zeiten von überschüssigem Strom im Netz diesen aufnehmen und in kostengünstige Wärme umwandeln. „Dieses Projekt mit großer, europaweiter Strahlkraft verbindet die Strom- mit der Wärmewende und stellt für GP Joule eine Blaupause für die künftige Bereitstellung von erneuerbarer Wärme mittels Wärmenetzen dar. Um klimaneutral zu werden, haben wir hier einen sehr großen Hebel. Wenn wir weg kommen von fossilen Brennstoffen wie Öl und Gas und stattdessen erneuerbare Energien einsetzen, können wir einen großen Beitrag zur CO2-Einsparung leisten“, sagt Heinrich Gärtner, Mitgründer und CTO von GP Joule. Parallel dazu will die Kommune die erneuerbare Stromversorgung ihrer ansässigen Unternehmen in Angriff nehmen, indem drei weitere Solarparks errichtet werden. Jörg Baumgärtner, Geschäftsführer der ProTherm Mertingen sagt: „Wir gehen mit großen Schritten in die erneuerbare Zukunft der Kommune.“

Die markanten Speicher sind bereits aus weiter Entfernung zu erkennen. Bild: GP JOULE

Als vorbildliches Umweltprojekt ausgezeichnet

Auch überregional hat das gemeinsame Projekt bereits Wellen geschlagen und so wurde das Wärmeprojekt erst kürzlich vom Förderverein „Kumas – Kompetenzzentrum Umwelt e. V.“ als vorbildliches Umweltprojekt ausgezeichnet. In der Begründung von Kumas-Geschäftsführer Thomas Nieborowsky heißt es entsprechend: „Die diesjährig ausgezeichneten Leitprojekte zeigen einmal mehr, dass wichtige Fortschritte in der Energiewende und im Gewässerschutz auf langjähriger Expertise, Know-how und dem Mut der Preisträger zur Veränderung aufbauen. Das trifft insbesondere auf GP Joule zu, die sich vom Startup im Umwelt-Technologischen Gründerzentrum zum anerkannten Vorreiter der Energiewende entwickelt haben.“