Joachim Düsing im Sturm an der Ostsee. Bild: privat
Joachim Düsing lebt seit rund 32 Jahren im Landkreis Donau-Ries – genauer gesagt in seiner „Wahlheimat“ Rain am Lech. In dieser Zeit arbeitete er zunächst als Lehrer, später sogar als Schulleiter der Realschule Heilig-Kreuz in Donauwörth und wurde im Sommer 2023 in den Ruhestand verabschiedet. Unser Redakteur Thomas Oesterer hat mit dem 64-Jährigen über seine eigene Schulzeit, seine berufliche Laufbahn, die Liebe zur Musik und das Engagement für die Stadt Rain gesprochen.

Guten Morgen Herr Düsing, vielen Dank, dass Sie sich für unser Gespräch Zeit genommen haben. Beginnen wir doch mit ein paar kurzen Fragen zum Einstieg. Wie sah Ihr bisheriger Tag aus, was hat Sie in den vergangenen Tagen besonders beschäftigt und wie gestaltet sich Ihr Tag nach unserem Interview?

Joachim Düsing: Besonders beschäftigt hat mich die letzten Tage unser Schulmusical. Eigentlich sollte das Stück bereits im Juli aufgeführt werden. Das zweite, was mich beschäftigt, ist die Tatsache, dass wir im nächsten Frühjahr Großeltern werden, für meine Frau Petra und mich eine völlig neue Rolle. Nach unserem Interview steht zunächst ein Gespräch mit der Firma Varta an, da mein Speicher zu Hause seit längerem nicht richtig funktioniert. Anders als in den Jahren zuvor hat man im Ruhestand auch mal Zeit für so etwas. Außerdem findet heute Abend eine Stadtratssitzung statt, die wohl mindestens drei Stunden dauern wird. Mein Tag ist also wirklich voll und durchgeplant.

Um Sie besser kennenzulernen zunächst einige Entweder-Oder-Fragen

Schüler oder Lehrer?

J.D.: Lehrer.

Rock- oder Popmusik?

J.D.: Rockmusik.

Kaffee oder Tee?

J.D.: Kaffee.

Actionfilm oder Komödie?

J.D.: Komödie.

Vervollständigen Sie bitte folgenden Satz. Typisch für mich ist ...

J.D.: ... nicht alles sofort ernst zu nehmen.

Was würden Ihre Familie bzw. Ihre engsten Freunde / ehemaligen Kolleg*innen sagen, wenn man Ihnen die gleiche Frage stellt?

J.D.: Das wäre wahrscheinlich unterschiedlich. Die einen würden wahrscheinlich sagen, dass ich ein ganz angenehmer, humorvoller Mensch bin. Hoffe ich doch zumindest. Von außen ist es wirklich schwer sich selbst zu beurteilen.

Haben Sie ein Lebensmotto?
J.D.: Kein spezielles Lebensmotto. Am ehesten aber: Man sollte die Dinge auf sich zukommen lassen und versuchen diese dann zum Positiven zu wenden. Wenn etwas schiefgeht, sollte man sich darüber nicht allzu sehr aufregen

Nun zu Ihrer Person. Wo sind Sie geboren, aufgewachsen und zur Schule gegangen?

J.D.: Ich bin 1959 in Paderborn geboren und aufgewachsen, im damals noch selbstständigen Stadtteil Benhausen. Dort bin ich zunächst von 1966 bis1969 zur Grundschule gegangen. Einige mögen sich jetzt fragen warum nur drei Jahre. War der Düsing so clever? Die Antwort ist leider viel einfacher. Damals gab es in Nordrhein-Westfalen zwei kurze Schuljahre, weil das Schulsystem umgestellt wurde. Danach habe ich von 1969 bis 1978 das Gymnasium Theodorianum besucht – aus heutiger Sicht ein altsprachlicher Philosophenhügel mitten in Paderborn.

Welchen Weg haben Sie nach der Schule eingeschlagen und wie gestaltete sich Ihr Lebensweg bis zum Schulleiter der Realschule Heilig Kreuz?

J.D.: Nach der Bundeswehr 1978/ 79 war ich für drei Jahre an der RWTH Aachen, zuerst mit dem Ziel Diplom-Ingenieur-Elektrotechnik zu werden, aber nach zwei Semestern habe ich auf Gymnasial- Lehramt mit den Fächern Mathematik und Sozialwissenschaften umgeschwenkt. Das Studium habe ich dann ab Herbst 1982 in Paderborn fortgesetzt. Im Anschluss an mein Studium habe ich einen – zumindest für angehende Lehrer – eher untypischen Weg eingeschlagen. Als ich meine Referendarzeit 1988 beendet hatte waren wir als Referendare damals erstmal alle arbeitslos. Lehrer waren bei Weitem nicht so gesucht, wie es heute der Fall ist. Also habe ich danach in der Tief- und Straßenbau- Firma meines Onkels gearbeitet und nebenbei weiter Informatik studiert. Drei Tage Bau und anderthalb Tage Informatik. Im Frühjahr 1989 bin ich dann als technischer Redakteur bei Siemens in Hannover eingestellt worden und habe dort für zwei Jahre gearbeitet, bis mich ein guter Freund, der hier in Donauwörth gelandet war, auf die Realschule Heilig-Kreuz aufmerksam gemacht hat. Die Schule suchte damals Mathelehrer. Also wurde ich beim damaligen Schulleiter Pater Karg vorstellig und habe nur wenig später hier an der Schule angefangen.

Welchen Einfluss hat diese doch eher untypische Laufbahn bis heute auf Ihre Einstellung zum Berufsleben? Hat sich Ihr Blick auf die Berufswelt verändert?

J.D.: Ein bisschen vielleicht schon, ja. Man lernt Menschen mit anderem Background und auch andere Hierarchieebenen innerhalb eines Unternehmens kennen. Außerdem kann ich bis heute immer nur herzlich lachen, wenn Leute sagen, dass Schule viel besser laufen würde, wenn Sie sich an der freien Wirtschaft orientieren würde. Ich glaube genau das Gegenteil ist der Fall. Die Organigramme in der Wirtschaft sind wesentlich ausgeprägter und auf das Feld „Schule“ gar nicht anwendbar. An der Schule schätze ich deshalb besonders die flachen Hierarchien, durch die Entscheidungen viel schneller und direkter laufen.

Mittlerweile sind Sie seit wenigen Monaten im Ruhestand. Wie hat sich Ihr Leben seitdem verändert?

J.D.: Erstens stehe ich morgens nicht mehr um kurz nach sechs auf – das ist mittlerweile flexibel, je nach anliegenden Terminen. Früher habe ich Termine in meine Freizeit geschoben. Da stand die Arbeit über allem. Mittlerweile richte ich mein Leben ganz einfach nach den Terminen aus, die so am Tag anfallen. Das darf auch gerne von Tag zu Tag variieren. Als kleines Morgenritual ist es mir mittlerweile besonders wichtig in Ruhe die Zeitung lesen zu können. Mittlerweile geht man die Dinge dann insgesamt ein bisschen ruhiger an. Außerdem habe ich festgestellt, dass ich jetzt endlich Zeit habe, Projekte anzugehen, die über die vergangenen Jahre in und um unser Haus herum angefallen sind. Da ich relativ viel selber mache und schon immer gerne Hobby-Bastler war, gibt es da haufenweise zu tun – Langeweile kommt also bestimmt nicht auf.

War für Sie bereits während der eigenen Schulzeit klar, dass Sie Lehrer werden wollen? Falls ja – was waren die Gründe?

J.D.: Im Nachhinein kann man auf alle Fälle sagen, dass ich zwei Alternativen zur Auswahl hatte, die sich für mich richtig angefühlt hätten. Entweder Ingenieur oder eben Lehrer. In meinen Praktika während des E-Technik-Studiums musste ich feststellen, dass mir der Alltag und die Einstellung zur Arbeit schlicht und ergreifend zu stressig war – das war ein echter „Killer-Job“. Also habe ich mich für Lehramt entschieden. Mathe und Sozialkunde waren zufälligerweise auch meine Leistungskurse am Gymnasium. Während meiner Schulzeit hatte ich einen Sozialwissenschaftslehrer, der immer extrem gut vorbereitet war. Nicht besonders lustig, aber er hat uns mit seiner Fachkenntnis viel Wissen und Disziplin vermittelt. Das hat mich damals schon beeindruckt. Außerdem gab es einen Mathelehrer, der mich offensichtlich nicht leiden konnte und den ich schon allein deshalb – trotz des Schulfachs – nicht als Vorbild empfunden habe. Ich hatte also bereits während meiner eigenen Schulzeit ein negatives und positives Vorbild.

Einige unserer Leser*innen haben Sie selbst noch als Schulleiter bzw. zuvor als Lehrer miterlebt. Als welche Art Lehrer würden Sie sich rückblickend selbst beschreiben?

J.D.: In den vergangenen Jahren sind viele Schüler mit meiner Art ganz gut klargekommen, einige aber auch nicht. Ganz einfach deshalb, weil ich dazu neige, das Unterrichten ein bisschen kabarettistisch zu betreiben. Das hat für einige eher eine Herausforderung dargestellt. Trotzdem habe ich in der Vergangenheit immer gehört, dass meine Schüler mich als „coole Socke“ bezeichnet haben – was ich definitiv nicht bin, vielleicht schlagfertig, aber cool? Ich habe einfach immer versucht meinen Schülern mit Leidenschaft meine Fächer zu vermitteln und ihnen dabei auch ein christliches, demokratisches Wertesystem mit auf den Weg zu geben. Ob mir das immer gelungen ist, müssen andere bewerten.

Wie sehr hat sich Schule während Ihrer Laufbahn verändert? Nennen Sie gerne Beispiele: 

J.D.: Als ich als Lehrer angefangen habe, gab es noch überhaupt keine digitale Schulverwaltung, keine EDV etc. Da hat man alles mit Karteikarten verwaltet. Mittlerweile werden pro Schüler knapp 100 Daten erhoben, die irgendwo herkommen müssen, verarbeitet werden und zu unzähligen Statistiken missbraucht werden. Früher gab es den Begriff Datenschutz nur im Hintergrund, heute weiß ich, dass man mit dem Begriff so ziemlich jede Idee und Aktivität im Zweifelsfall ersticken kann. Das erschwert natürlich die Arbeit in der Schulverwaltung.
Natürlich hat sich auch im Umgang mit Schülern und deren Eltern viel verändert. An meinem ersten Elternsprechtag kamen über 100 Eltern, die sich aktiv über ihr Kind erkundigt haben. Im Vergleich dazu, kommen heute nur noch 20–25 Eltern zum Elternsprechtag hauptsächlich von „schwierigen Fällen“. Hauptsächlich geht es dabei mittlerweile leider darum, dass Eltern von uns erwarten, dass wir die mehr oder weniger komplette Erziehung in der Schule übernehmen. In einer Zeit, in der Kinder ihr gesamtes Leben im Internet teilen, finde ich es zumindest bedenklich, dass wir als Schule so eingeschränkt sind und beispielsweise auf Elternwunsch keine Bilder von einer Schulaufführung veröffentlichen dürfen. Ein weiteres Beispiel: Wir haben in der Vergangenheit eine gezielte Kampagne gegen Mobbing realisiert und entsprechende Fälle konsequent verfolgt. In der Folge haben wir tatsächlich von Eltern vermeintlicher Täter massiv Druck bekommen – u.a. wurde dabei mit Rechtsanwälten gedroht. Wenn so etwas an der eigenen Schule passiert, hinterfragt man natürlich automatisch, was überhaupt noch möglich ist und was nicht.

Würden Sie heute noch einmal einen ähnlichen beruflichen Werdegang einschlagen und was können Sie angehenden Lehrer*innen mit auf den Weg geben?

J.D.: Ich würde meinen Weg als Lehrer auf alle Fälle noch einmal genauso gehen. Während des Studiums und später im Referendariat
versuchen die Betreuer immer, angehenden Lehrkräften zu vermitteln, wie sie Unterricht halten müssen. Ich kann nur immer raten, dass sich dabei jeder stets treu bleiben sollte. Sich zu verstellen, ist auf Dauer schwierig.

Die Realschule Heilig-Kreuz fundiert auf eine ehemalige katholische Klosterschule. Welche Rolle spielt Religion in Ihrem persönlichen Leben und wie einfach/schwer ist es heutzutage christliche Werte im Schulalltag zu vermitteln?

J.D.: Das Thema Klosterschule ist leider ein doppelschneidiges Schwert, das im Augenblick, bzw. seit 2010 leider zurückschlägt. Rückblickend bin ich wirklich froh, dass mir persönlich keine Fälle von sexuellen Übergriffen gegenüber Schülern bekannt geworden sind, die über das lose Handgelenk weniger Patres im Internat hinausgegangen wären. Grundsätzlich war ich immer froh darüber in einer kirchlichen Schule unterrichten zu dürfen, sonst hätte ich nicht so viele Jahre an der Realschule Heilig-Kreuz verbracht. Ich bin zwar bestimmt kein Vorzeige-Katholik, der jeden Sonntag in die Kirche geht, aber glaube trotzdem an einen, tatsächlich „lieben“ Gott. Die Religion, auch die von ihr geforderten Werte und Normen, spielt also insofern eine größere Rolle für mich als die katholische Kirche als Institution. Ähnlich verhält es sich auch mit christlichen Werten wie der Umsetzung von Nächstenliebe an unserer Schule. In Zeiten von Cybermobbing vielleicht ein frommer Gedanke, der leider nicht immer umsetzbar ist. Bei vielen Schülern fruchten entsprechende Aktionen, bei anderen ist es schwieriger.

Während Ihrer Zeit als Schulleiter hat die Realschule Heilig-Kreuz 2018 erstmals entschieden, auch Mädchen aufzunehmen. Mit welchen Hürden war diese Entscheidung verbunden und gab es damals auch Gegenwind?

J.D.: Zu der Zeit, als das entschieden wurde, waren wir auf einem Niedrigstand von rund 450 Schülern. Die Entwicklung zeigte schlichtweg, dass eine reine Jungen- Realschule für die meisten Eltern und Schüler einfach out war und schwer zu vermitteln. Also haben wir diese Entscheidung des Schulwerks mitgetragen. Es waren alle Voraussetzungen hier im Gebäude gegeben. Das heißt: Wir hatten mit Frau Ullrich eine Sportlehrerin. Wir hatten genauso viele Mädchen- wie Jungs-Toiletten. Das wären ganz einfach gesagt die beiden Ausschlusskriterien gewesen. Im Kollegium waren direkt alle dafür, um den Schülerschwund zu stoppen. Der Erfolg hat uns Recht gegeben. Wir hatten im Folgejahr nicht nur zwei Klassen, sondern sofort vier. Zu den 27 Mädchen haben sich direkt 20 mehr Jungs als im Jahr zuvorangemeldet. Das heißt, es gab einen automatischen positiven Sog und keine Widerstände.

Sind reine Mädchen- und Jungenschule noch zeitgemäß?

J.D.: Aus meiner Sicht ist es so, dass jede Schulform eine gewisse Daseinsberechtigung für bestimmte Zwecke hat. Aber ich denke auch, dass eine rein Jungen bzw. Mädchenschule nach außen mittlerweile einfach schwer zu vermitteln ist, insbesondere in Zeiten von Ganztagsbetrieb. Wo sollen junge Menschen denn sonst noch den Kontakt mit dem anderen Geschlecht lernen? Ich denke, dass es vielleicht bis zur siebten Klasse sinnvoll sein könnte, getrennt zu beschulen, danach aber definitiv nicht mehr.

Bei Ihrer Verabschiedung im Sommer verwies Weihbischof Florian Wörner darauf, dass Sie in über 30 Jahren in Heilig-Kreuz „viel bewirkt und ausgesät“ hätten. Mit einem Blick in die eigene Vergangenheit – worauf hat er damit abgezielt?

J.D.: Ich war hier für 32 Jahre Lehrer. Ich habe immer versucht Schüler fair zu behandeln und auch Schüler, die schwieriger waren, gerecht zu beurteilen. Vielleicht habe ich da sogar noch sieben Mal genauer hingeguckt, ob man nicht noch einen halben Punkt mehr findet oder nicht. Da ist so eine „Gesamt-Heilig- Kreuzer-Einstellung“, die ich bestimmt mitgeprägt habe. Wir haben bis auf wenige Ausnahmen jedem Schüler immer noch eine zweite und dritte Chance gegeben. Wichtig war mir außerdem immer, dass wir Ideen vorantreiben, die nicht von mir persönlich kommen, sondern gerne auch aus dem Lehrerkollegium. Eines der besten Beispiele dafür ist unser Lern-Tutoren-System, das mittlerweile sogar vom Schulwerk institutionalisiert wurde wie auch die Ausbildung der Medien-Tutoren, bei der wir ebenfalls eine Vorreiterrolle in der Region innehaben. Mein Duktus war dabei immer: Wenn es den Lehrern gut geht, wenn die Atmosphäre im Kollegium okay ist, dann kommen die Mitarbeiter gerne zur Arbeit. Und das wirkt sich mit Sicherheit positiv auf die gesamte Schule aus.

Joachim Düsing mit seiner Band "My Generation". Mitglied ist auch Rains Bürgermeister Karl Rehm. Bild: privat

Kommen wir vom langjährigen Schulleiter zur Privatperson Düsing.

Wie verbringen Sie am liebsten Ihre Freizeit?

J.D.: Ich lese sehr viel, am liebsten Querfeldein, Krimis, Dokus, manchmal sogar Science-Fiction – meistens aber Krimis und sehr gerne mittlerweile Regionalkrimis. Die Bayerischen haben es mir dabei sehr angetan. Da freue ich mich immer, wenn etwas Neues von Falk, Föhr, Förg oder Maurer kommt. Außerdem mache ich gerne Musik und bin mittlerweile als Zugereister Mitglied des Rainer Stadtrats. Seit 15 Jahren versuche ich mich außerdem ein bis zweimal in der Woche als Tennisspieler, wenn auch eher schlecht als recht und mit sehr überschaubarem Erfolg. Aber erstens macht es Spaß und zweitens fühle ich mich immer noch zu jung für das Schlendern über Golfplätze oder Nordic-Walking.

Musik spielt in Ihrem Leben seit jeher eine große Rolle. Was macht für Sie die Faszination „Musik“ aus? 

J.D.: Ich bin mit Musik aufgewachsen. Die prägendste Kindheitserinnerung ist wohl mein Vater, der zu Hause immer Akkordeon gespielt hat. Musik fand bei uns also immer statt und so habe ich mich früh selbst ausprobiert. Zunächst klassisch Blockflöte und mit zehn Jahren habe ich einen richtigen Gitarrenkurs besucht und war sofort hin und weg. Für mich war es immer wichtig, melodische und nicht zu simple Rockmusik zu hören und, wenn machbar, zu spielen. Mit 16 Jahren habe ich zum ersten Mal die LP „Born to Run“ von Bruce Springsteen gehört und sofort war mir klar: Das ist es! Mittlerweile hat sich mein Musikgeschmack aber verbreitert. Heute höre ich gerne auch mal Klassik, Folk bis hin zu Jazz Rock. Im Wesentlichen ist mein Lieblings- Genre aber Rockmusik.

Was sind Ihre musikalischen Vorbilder oder Lieblingsmusiker*innen?

Ich habe mir nicht umsonst eine gebrauchte schwarze Stratocaster gekauft, die an Eric Claptons „Blacky“ aus den 70ern erinnert. Aber ich maße mir nicht ansatzweise an, so Gitarre spielen zu können wie er. Nein, bei mir reicht es für den Hausgebrauch und das ist auch gut so.

Auf dem Fest zum 1000-jährigen Bestehen von Staudheim begeisterten Sie die Besucher*innen mit Ihrer Rockband „My Generation“, in der auch Rains Bürgermeister Karl Rehm spielt. Wie kam es zu dieser Konstellation und dürfen unsere Leser*innen auch in Zukunft mit weiteren Auftritten rechnen? 

J.D.: Die Entstehungsgeschichte unserer Band war tatsächlich relativ spontan und unspektakulär. Ich habe vor ca. 15 Jahren Karl Rehm besser kennengelernt und wir sind im Gespräch darauf gekommen, dass wir beide eine Westerngitarre besitzen und sehr gerne spielen. Er hat mir dann erzählt, dass er in seiner Jugend mit Albert Braun und Hans Schöffer aus Staudheim Musik gemacht hat, sie die Band gerne wiederaufleben lassen würden und ob ich mich mit ihnen zusammentun würde. Wir haben dann zusammen mit Johannes Hieber gelegentlich als Einlage auf privaten Festen gespielt und hatten nur ganz wenige öffentliche Auftritte. Leider hat sich in den vergangenen Jahren vieles für uns verändert. Karl Rehm war damals noch nicht Bürgermeister, ich noch kein Schulleiter und auch Albert
und Hans sind mittlerweile beruflich sehr stark eingespannt. Zum Proben bleibt also wirklich wenig Zeit. Umso glücklicher waren wir, als wir in Staudheim spielen konnten. Auch deshalb, weil das Ortsjubiläum ja aufgrund von Corona zwei Jahre nach hinten gerutscht war. Weitere Auftritte soll es in Zukunft auf alle Fälle geben, entweder in der gleichen Joachim Düsing mit seiner Band „My Generation“. Mitglied ist auch Rains Bürgermeister Karl Rehm. Besetzung oder vielleicht mal „unplugged“.

Stichwort „Rain“ und „Bürgermeister Karl Rehm“. Sie leben in Rain und sind dort mittlerweile auch Teil des Stadtrats. Wie wichtig ist es Ihnen, sich aktiv an der Gestaltung der eigenen Heimat zu beteiligen?

J.D.: Nach Rain sind wir vor 32 Jahren eher zufällig gekommen. Meine Frau Petra hatte sich nach Neuburg versetzen lassen und ich war in Donauwörth. Wir haben uns also etwas gesucht, von wo aus wir beide Städte auch mit den öffentlichen Verkehrsmitteln schnell erreichen können. Erst als dann 1992 unsere erste Tochter zur Welt kam, haben wir Rain wirklich lieben und schätzen gelernt, auch weil man hier wirklich alles findet, was man zum Leben braucht. Ich fühle mich hier einfach sehr wohl, weshalb sich die Frage tatsächlich nie gestellt habe, ob ich mir noch einmal ein Leben in der alten Heimat Ostwestfalen vorstellen kann. Für mich ist es nur schlüssig, mich auch in der neuen „Wahlheimat“ einzubringen. Ich fand dabeischon immer die Idee schön, dass ich als Zugezogener einen Blick von „außen“ auf die Stadt habe und so im Stadtrat eine neue Perspektive mit einbringen kann.

Wo sehen Sie in Ihrer „Wahlheimat“ Rain Entwicklungsbedarf?

J.D.: Das Thema Jugend lag mir schon immer besonders amHerzen, weil ich als Vater selbst miterleben musste, dass ich meine Kinder viele Stunden durch die Gegend gefahren habe, weil es in Rain kein passendes Angebot gab. Deshalb freue ich mich, dass es mittlerweile wenigstens ein Interims-Jugendzentrum unter dem Pfarrsaal gibt. An einer endgültigen Lösung werden wir allerdings noch weiter arbeiten müssen. Problematisch ist aktuell leider nur, dass wir im Stadtrat Dinge beheben und nachholen, die 20 Jahre lang mehr oder weniger schleifen gelassen wurden. Man hat sich in der Vergangenheit oft lieber um Projekte gekümmert, die prestigeträchtig waren, als sich auf die grundlegenden Aufgaben der Stadt zu konzentrieren. Gutes Beispiel ist die Gartenschau. Die war sicherlich toll, hat uns viel Anerkennung und Publicity gebracht, gleichzeitig aber auch viele Ressourcen und Geld gekostet. „Normale Sachen“ wie Wasserversorgung, Straßensanierung, Kläranlage etc. sind eher stiefmütterlich worden und müssen jetzt für teures Geld nachgeholt werden. Das ärgert mich einfach ein bisschen.

Haben Sie in Rain oder möglicherweise auch außerhalb der Stadtgrenzen einen „Lieblingsort“, an dem Sie entspannen und zur Ruhe kommen können?

J.D.: Mein Lieblingsort im gesamten Landkreis ist wohl mein Esszimmertisch. Dort kann man Rätsel lösen, lesen, essen, trinken und mit Leuten reden.

Kommen wir zum Self-Rating Test. Schätzen sie bitte ihre Fähigkeiten von null Punkten - völlig unbegabt - bis zu zehn Punkten -maximale Begabung- ein.

Schüler?

J.D.: 6 Punkte.

Lehrer?

J.D.: 7 Punkte.

Zuhörer?

J.D.: 5 Punkte.

Rockstar?

J.D.: 2 Punkte.

Rainer?

J.D.: 8 Punkte.

Welche persönliche Eigenschaft würden Sie beim Selfrating-Test mit 10 bzw. 0 Punkten bewerten?

J.D.: Mit 10 Punkten würde ich wahrscheinlich am ehesten meinen Humor bewerten. Was mir wirklich schwer fällt, ist es Dinge mit letzter Konsequenz durchzuziehen, ohne Rücksicht auf Verluste – hier würde ich mir 0 Punkte geben.

Vielen Dank, Herr Düsing, für das Gespräch!