14. Juni 2020, 08:00
Spaziergang durch Genderkingen

Wo der Lech in die Donau mündet

Die Hauptstraße in Genderkingen schlängelt sich durch die Gemeinde. Bild: Jenny Wagner
Die Gemeinde Genderkingen liegt im südlichen Teil des Landkreises Donau-Ries und gehört seit Mai 1978 der Verwaltungsgemeinschaft Rain an. Insgesamt leben in Genderkingen und den sieben weiteren Einödhöfen rund 1200 Einwohner. Unsere Redakteurin Jenny Wagner hat sich auf den Weg nach Genderkingen gemacht, um Leonhard Schwab zu treffen.

Im Ortskern Genderkingens, direkt vor dem Rathaus, wartet bereits der neue Bürgermeister auf mich, um mir mehr über die Gemeinde zu erzählen. Leonhard Schwab ist seit Mai diesen Jahres der Nachfolger von Roland Dietz. Schwab wurde bei der Kommunalwahl im März 2020 zum neuen Oberhaupt des kleinen Dorfes im Süden des Landkreises gewählt und wird fortan als ehrenamtlicher Bürgermeister die Geschicke Genderkingens leiten.

Vorab habe ich aber bereits einiges über die Geschichte der Gemeinde erfahren. Im Heimatbuch „Genderkingen – Aus dem Leben eines Dorfes“ von Gabriele Schwab, Kurt Latzel und Werner Geilinger heißt es: „Die eigentliche Ortsgründung des Dorfes Genderkingen fällt in die Zeit zwischen dem 5. und 7. Jahrhundert n. Chr. Sie vollzog sich also während der alamannischen Siedlungsnahme in der sogenannten Reihengräberzeit. Allein die typische Nachsilbe ‚-ingen‘ zeigt uns, daß es sich um eine alamannische Ursiedlung handelt. Der Name ‚Genderkingen‘ dürfte sich von ‚Gundrechingen‘ ableiten und bedeutet soviel wie ‚bei den Leuten des Guntrich‘. Guntrich war vermutlich der Sippenführer der damaligen Siedlerschar.“

Mit dem zukünftigen Bürgermeister werfe ich einen Blick in den Ortskern. Dort erzählt er mir, dass das Rathaus um die Jahrtausendwende neu gebaut wurde. „Dort, wo heute unser Rathaus steht, war früher das Wohnhaus der Lehrer. Nebenan befand sich nämlich bis 1965 die Schule. In der 1. und 2. Klasse wurde ich noch dort unterrichtet“, schmunzelt Leonhard Schwab. Direkt gegenüber dem Rathaus befindet sich der kleine neugestaltete Dorfplatz, dort findet man das sogenannte Wasserband. Ein kleiner Wasserlauf, der die Kirche und das Rathaus verbindet. Gleich dahinter zeigt mir Leonhard Schwab das „Enzler-Haus“, das im Jahr 1884 von Förster Joseph Enzler im weitläufigen Garten des Schlosses Genderkingen erbaut wurde. „Jährlich wird das Enzler-Haus von unseren örtlichen Vereinen für die Adventsfeier geschmückt“, erzählt mir Leonhard Schwab.

Ein Schmuckstück im Dornröschenschlaf

Gemeinsam laufen wir ein paar Schritte entlang der Hauptstraße und Leonhard Schwab zeigt mir das Schloss Genderkingen. Dieses liegt versteckt hinter einem großen Tor und zahlreichen Bäumen, doch der Giebel des hiesigen „Schlößles“, das um das Jahr 1673 erbaut wurde, ragt hervor. Im Jahr 1803 wurde Genderkingen im Zuge der Säkularisation des Klosters Kaisheim dem Königreich Bayern eingegliedert und so wechselte ebenso das Schloss seinen Besitzer. Zunächst wurde es Staatseigentum, bis es schließlich an Alois von Haidolf verkauft wurde.
Nach zahlreichen Eigentümerwechseln ist das Schloss mittlerweile im Privatbesitz.

Leonhard Schwab und ich überqueren die Hauptstraße und machen uns gemeinsam auf in das neue Baugebiet der Gemeinde. Auf dem Weg erzählt mir Schwab von der derzeitigen Nahversorgungssituation: „Mehrmals in der Woche hält für einzelne Stunden ein Bäcker- und ein Metzgerwagen am Dorfplatz und versorgt die Bürger. Früher gab es im Dorf noch zwei kleine Lebensmittelläden. Bereits seit vielen Jahren haben aber beide Geschäfte geschlossen. Zum Einkaufen müssen wir daher in die umliegenden Städte und Gemeinden fahren.“

Der zukünftige Bürgermeister berichtet mir aber auch von den vielen Firmen, die sich in den vergangenen Jahren in den beiden Industriegebieten südlich und nordwestlich der Gemeinde niedergelassen haben. Außerdem erzählt mir Leonhard Schwab, dass es in Genderkingen noch drei Gastronomie-Betriebe gibt. Im Ortskern, direkt neben der Kirche, befindet sich der Gasthof Schilke. Überliefert ist, dass schon seit dem Jahr 1577 dieser Hof im Zusammenhang mit einer Wirts- und Bäckereigerechtigkeit nachweisbar ist. Angekommen im Neubaugebiet Riedfeld Süd genieße ich den schönen Ausblick, den man von dort aus auf die unbebaute Natur hat. „Dort drüben befindet sich der Flugplatz. Im Sommer starten von dort aus stündlich mehrere Flugzeuge“, erzählt Leonhard Schwab und zeigt Richtung Nordwesten. Der Flugplatz wurde auf Initiative von fünf Männern und Frauen gebaut. Gabriele Schwab schreibt im Heimatbuch über die Gemeinde Genderkingen: „Die erste Maschine wurde im Januar 1967 eingekauft, und zwar handelte es sich hier um den ‚Bruch‘ einer ‚Garden Horizon‘, die in der Werkstätte von Franz Klopfer wieder zusammengebaut wurde. Am 19. Mai 1967 wurde die ‚Motorfluggruppe SIAT WMD Donauwörth‘ ins Leben gerufen“.

Unser Blick richtet sich wieder gen Baugebiet und Leonhard Schwab berichtet über die Entwicklungen: „Die Gemeinde hat circa 30 Bauplätze im Baugebiet ausgeschrieben, mittlerweile stehen aber nur noch zehn Plätze zum Verkauf. Zwei Drittel der Bauplätze werden vorrangig an Einheimische vergeben, ein Drittel der Grundstücke dürfen auswärtige Personen erwerben“.

Ein neuer Spielort für die Kleinsten 

Gemeinsam steuern Schwab und ich unser nächstes Ziel an. Über die Schulstraße gelangen wir zur Grundschule. Diese wurde im Jahr 1965 eröffnet und ist seitdem Unterrichtsort für die Kinder der Ortschaft. „Aktuell gehen in zwei Kombiklassen zwischen 40 und 50 Schüler aus Genderkingen hier zur Schule. Das war aber nicht immer so. Früher besuchten auch die Kinder aus Niederschönenfeld und Feldheim die Grundschule“, erläutert Leonhard Schwab. Außerdem erzählt mir der Bürgermeister, dass derzeit auch die Kindergartenkinder in der Schule untergebracht sind. Er deutet auf den großen Erdwall gleich neben der Schule: „Dort sind erst vor Kurzem die Bauarbeiten für den neuen Kindergarten gestartet. Bis zum Start des Kindergartenjahrs im September 2021 soll das neue Gebäude fertig sein“, so das Gemeindeoberhaupt.

Wir gehen zusammen die Schulstraße entlang und ich erspähe auf der linken Straßenseite das Feuerwehrhaus der Freiwilligen Feuerwehr
Genderkingen. Dieses wurde pünktlich zur 100-jährigen Jubiläumsfeier im Jahr 1975 in Betrieb genommen. Im Heimatbuch heißt es: „So mancher Teilnehmer wird sich noch an den verheerenden Wolkenbruch erinnern, der damals das ganze Festzelt überflutete, so daß die Jubelwehr zusammen mit anderen anwesenden Wehren zum Katastropheneinsatz übergehen und das Wasser aus dem Zelt pumpen mußte“. Außerdem erzählt mir Leonhard Schwab, dass in der Amtszeit von Roland Dietz das Feuerwehrhaus umgebaut und ein neues Löschfahrzeug angeschafft wurde.

Wir setzen unseren Spaziergang fort und überqueren nochmals die Hauptstraße. Von Weitem zeigt mir Leonhard Schwab die Kläranlage: „Der Bau einer neuen Kläranlage steht auf der Agenda des Gemeinderates. Wir hoffen auf einen Baubeginn im kommenden Jahr“.

Wir gehen weiter und machen einen kurzen Halt am Mühlbach. Der schmale Bach zieht sich zum großen Teil unterirdisch in Kanalrohren durch die Gemeinde, im Pfarrgarten jedoch offenbart er sich und zeigt sich in seiner vollen Schönheit.

Einzigartige Rokokokunst

Wir spazieren weiter und machen unseren letzten Halt an der katholischen Pfarrkirche St. Peter und Paul. Diese wurde auf Initiative und mit eigenen Mitteln von Pfarrer Maximilian Hegenauer in den Jahren 1750 bis 1755 neu erbaut. Nach mehrjähriger Ausstattung erfolgte schließlich am 30. August 1781 die offizielle Einweihung. Leonhard Schwab und ich betreten das Innere der Rokokokirche und halten einen
Moment inne, bevor er mich auf die 15 Kreuzwegstationen hinweist. Diese sind von Johann Baptist Enderle gestaltet worden und gehören zu seinem Frühwerk. Erst vor Kurzem wurden die einzelnen Elemente nach über 100 Jahren erneut restauriert und zieren nun wieder die Wände der St. Peter und Paul Pfarrkirche.

Die St. Peter und Paul Kirche in Genderkingen. Bild: Jenny Wagner

Wir verlassen das Gebäude und machen uns gemeinsam auf in Richtung Rathaus. Mit vielen neuen Informationen über die Gemeinde Genderkingen im Gepäck bedanke ich mich bei Leonhard Schwab und mache mich auf den Heimweg.