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Am 24. September 2017 wird der 19. Deutsche Bundestag gewählt. 61,5 Millionen Menschen sind dann aufgefordert, ihre Stimme abzugeben und so ihrem im Grundgesetz verankerten Wahlrecht nachzukommen.
Landkreis - In Deutschland ist es für alle Bürgerinnen und Bürger eine Selbstvertständlichkeit, wählen zu dürfen. Mit zunehmender Politikverdrossenheit wird das Wahlrecht allzu oft nicht mehr als Grundrecht angesehen, sondern als lästig erachtet. Allerdings musste sich das Privileg, wählen zu dürfen, Mitte des 19. Jahrhunderts schwer erkämpft werden.
Der lange Weg zum Wahlrecht
Im Februar des Jahres 1848 dankte der französische König ab und die Französische Republik wurde gegründet. Das hatte auch Auswirkungen auf Deutschland: Der Ruf nach einer Nationalversammlung wurde immer lauter. Im Mai 1848 fanden die Wahlen zur "Deutschen Verfassungsgebenden Nationalversammlung" statt. Für je 50.000 Männer wurde ein Abgeordneter gewählt. Das Wahlrecht war an die 'Selbständigkeit' geknüpft. Nach Schätzungen besaßen etwa 85 % der Männer das aktive und passive Wahlrecht. Frauen hatten kein Wahlrecht. Im Dezember 1848 wurde von der Deutschen Verfassungsgebenden Nationalversammlung ein Grundrechtekatalog für alle Deutschen beschlossen. Er enthielt unter anderem die Gleichheit vor dem Gesetz, das Recht auf freie Meinungsäußerung, Presse- und Versammlungsfreiheit und das Recht auf Freiheit der Person. Im März 1849 wurde die Deutsche Reichsverfassung verabschiedet. Wahlberechtigt waren danach alle männlichen Deutschen mit einem Alter von mindestens 25 Jahren, die im Besitz der bürgerlichen Ehrenrechte waren.
Wahlrecht nach dem 1. Weltkrieg
Die Niederlange Deutschlands im Ersten Weltkrieg war Ende 1918 unübersehbar. Der amtierende Reichskanzler Prinz Max von Baden übergab die Regierungsgeschäfte im November an den Vorsitzenden der SPD, Friedrich Ebert, der einen Rat der Volksbeauftragten gründete. Ende November 1918 beschloss der Rat, eine verfassungsgebende Nationalversammlung wählen zu lassen. Alle Bürgerinnen und Bürger über 20 Jahren erhielten das aktive und passive Wahlrecht - somit erstmals auch Frauen. Allgemeine, gleiche, geheime und direkte Wahlen zur Nationalversammlung fanden am 19. Januar 1919 statt.
Wahlrecht im Nationalsozialismus
Am 30. Januar 1933 ernannte Reichspräsident Hindenburg Adolf Hitler zum Reichskanzler. Erstmals wurden Nationalsozialisten an der Reichsregierung beteiligt. Bereits am 1. Februar wurde der Reichstag aufgelöst. Von 1933 bis 1945 galt im Deutschen Reich eine Führerdiktatur unter Adolf Hitler und der Nationalsozialistischen Deutschen Arbeiterpartei (NSDAP). Nach dem Wahlrecht war die Bevölkerung in dieser Zeit zwar zu mehreren Wahlen zum Reichstag aufgerufen. Die Abstimmungen hatten allerdings nicht den Charakter von freien Wahlen sondern von Scheinwahlen.
Neubeginn in Westdeuschland
Nach 1945 wurde der Neubeginn in Westdeutschland wesentlich durch die Alliierten bestimmt. Die Landtage von elf westdeutschen Ländern wählten den Parlamentarischen Rat, der am 1. September 1948 zu seiner konstituierenden Sitzung in Bonn zusammentrat. Seine Aufgabe war es, ein Grundgesetz zu erarbeiten. Dieses wurde am 8. Mai 1949 verkündet: Die Geburtsstunde der Bundesrepublik Deutschland (BRD). Das allgemeine, freie, gleiche, geheime und unmittelbare Wahlrecht wurde darin verankert. Das aktive Wahlrecht (das Recht zu Wählen) hatten Wahlberechtigte ab dem 21. Lebensjahr, das passive Wahlrecht (das Recht, gewählt zu werden) ab dem 25. Lebensjahr. Das damalige Wahlsystem entsprach im Wesentlichen dem System von heute. Allerdings hatte jeder Wähler nur eine Stimme, mit der er sowohl einen Kandidaten aus seinem Wahlkreis als auch die Landesliste einer Partei wählte. 1972 durften erstmals auch die 18 bis 21-Jährigen wählen. 1975 wurde auch das passive Wahlrecht an die Volljährigkeit geknüpft.
Die erste Bundestagswahl im vereinigten Deutschland
Der 2. Dezember 1990 war ein historischer Tag: Nur zwei Monate nach den Feierlichkeiten zur Wiedervereinigung am 3. Oktober 1990 fand in ganz Deutschland wieder eine freie Parlamentswahl statt. Neben den rund 46,5 Millionen wahlberechtigten Westdeutschen waren auch gut elf Millionen Wahlberechtigte in Ostdeutschland sowie etwa 2,5 Millionen Berliner aufgerufen, den zwölften Deutschen Bundestag zu wählen.
Die Wahl nach einem Mischsystem aus Mehrheits- und Verhältniswahlreicht, dem sogenannten personalisierten Verhältniswahlreicht, gibt es seit 1953. Seitdem haben Wahlberechtigte eine Erst- und eine Zweitstimme. Mit der Erststimme wird ein Direktkandidat aus dem jeweiligen Wahlkreis bestimmt. Im Wahlkreis 254, der aus den Landkreisen Donau-Ries und Dillingen sowie Teilen des Landkreises Aichach-Friedberg zusammengesetzt ist, stehen am 24. September 2017 acht Direktkandidaten zur Wahl. Wer am Wahltag durch die Erststimme die meisten Stimmen aus dem Wahlkreis bekommt, gewinnt das sogenannte Direktmandat und kommt als (Wahlkreis-)Abgeordneter in den Bundestag. Mit der Zweitstimme entscheiden Wahlberechtigte über die Mehrheitsverhältnisse im Deutschen Bundestag, also darüber, wie viele der insgesamt 598 Sitze welche Partei erhält. Wie stark die einzelnen Fraktionen im Bundestag vertreten sind, wird also mit der Zweitstimme entschieden.