24. Juli 2022, 08:00
Heimat & Tradition

Donauwörth mit anderen Augen betrachten

Sylvia Huber bloggt auf ihrem Instagram-Kanal über Donauwörths Geschichte. Bild: Mara Kutzner
Was machen Blumenvasen auf einem Hausdach in der Reichsstraße? Ist die Tür einer alten Schatzkammer in Wahrheit eigentlich das Eingangsportal einer mittelalterlichen Synagoge? Und was steckt hinter so manchen Straßennamen in der Donauwörther Innenstadt? Was Sylvia Huber ihren Instagram-Follower*innen darüber berichtet, geht mal tief in die Stadtgeschichte, ist mal kurios, mal amüsant und meistens mit einem kleinen Augenzwinkern versehen.

Wenn Sylvia Huber einen Spaziergang durch Donauwörth unternimmt, dann ist ihre Handykamera stets im Einsatz. Für ihren Instagram-Kanal „Entdeckt in Donauwörth“ fotografiert sie die schönsten Gebäude, Statuen und Ecken der Stadt. In dem bunten Feed strahlen einem Donauwörths bunte Häuserfassaden,
Straßenzüge und Gebäude entgegen. Die Bloggerin schreibt dann über die Geschichte der Häuser und fast vergessene Begebenheiten über Donauwörths schönste Ecken. Fast 2000 Menschen folgen ihr mittlerweile, nachdem sie 2020 begonnen hat ihr Wissen und das was sie in ihren vielen Bücher über Donauwörth gelesen hat, für Social-Media aufzuarbeiten.

Oft sind es „Zufallsfunde“, die die Donauwörtherin macht und dann dazu in ihren unzähligen Büchern über die Donauwörther Stadtgeschichte recherchiert. „In 300 Worten ist es manchmal gar nicht so einfach, das alles so rüber zubringen“, stellt Sylvia Huber fest, denn Instagram gibt pro Bildbeschreibung eine begrenzte Wort- und Zeichenzahl vor. Ihr ist aber besonders wichtig nicht nur nüchtern Jahreszahlen und Fakten aneinander zu reihen, sondern sie „verzählt“ die Geschichten meist lebendig und hier und da in schwäbischem Dialekt.

Verblüffendes über das Rieder Tor

Die neu sanierte Fassade des Rieder Tors nahm Sylvia Huber beispielsweise zum Anlass über das prominente rosafarbene Tor an der Wörnitz zu erzählen: „Erbaut wurde es bereits im 14. Jahrhundert und man kann es sich scho au so vorstellen, wie bei der Playmobil-Ritterburg mit Zugbrücke, einen hohen gotischen Spitzhelm als Dach und zwei Erkertürmchen.“ Und weiter: „Seid’s froh, dass es das Rieder Tor no gibt. In den Jahren um 1900 gab es beschlossene Abrisspläne der Stadtverwaltung, der Magistrat wollte aber sanieren. So kam ein Stein ins Rollen, der eine kuriose Wendung nahm“. Das Königliche Landbauamt in München wollte das Tor – so wie die Bürger*innen Donauwörths – aber erhalten. Eine List sollte aber trotzdem zum Abriss führen. Man beantragte in München eine Erneuerung der Brücke am Rieder Tor und dazu müsse man das Tor wegreißen. In München durchschaute man aber dieses Spiel. In einem Gutachten hieß es dann abschließend: „Möchten doch die Bürger Donauwörths selbst zur Einsicht kommen, daß sie besser tun, das wenige Alte zu erhalten und sich ihm auf irgendeine Weise anzupassen“.

Ein anderes Mal erzählt Sylvia Huber über eine echte Sensation, die im linken Erkerturm des Rieder Tors – im Haus der Stadtgeschichte – steht. „Es ist eine 110 Kilogramm schwere Eisentür, wo mer über Jahrhunderte dachte, dass sie aus der im Jahr 1308 abgetragenen Mangoldsburg stammte und dann angeblich die Schatzkammer im Rathaus verschloss. So hat mer das bis vor vier Jahren verzählt. Ein Zufall brachte aber im Jahr 2018 ganz neue Erkenntnisse zu dieser
alten Tür ans Licht, als man sie nach Erfurt für eine Ausstellung ausgeliehen hatte. Denn man erkannte, dass es eine sehr ähnliche Tür in Mödling/Österreich gibt und bei der handelt es sich gwieß um eine alte Synagogentür.“ Untersuchungen haben gezeigt, dass die Tür aus dem 13. oder 14. Jahrhundert stammt. Wo genau es damals eine Synagoge in der Stadt gegeben hat, da weiß allerdings keiner so ganz genau. Diese Eisentür zählt international zu den sehr wenig erhaltenen Zeugnissen mittelalterlicher Synagogen.

Blumenvasen auf einem Donauwörther Hausdach

Bei einem Spaziergang durch Donauwörth macht Sylvia Huber vor dem Haus in der Reichsstraße 7 Halt. Ein zwar großes, aber doch eher unscheinbares
Gebäude in der unteren Reichsstraße. „Schaut öfter nach oben! Da gibt es was zu entdecken“, sagt Sylvia Huber und deutet auf den Hausgiebel. An dem denkmalgeschützten Haus aus dem 18. Jahrhundert gibt es nämlich eine echte Besonderheit. Auf den Simsen oben am Giebel sind Skulpturen angebracht. Wer genau hinsieht erkennt die Vasen mit Blumensträußen an diesem Haus. Zwischen diesem Gebäude und dem Nachbarhaus führt außerdem ein kleines Gässchen entlang, das manch waschechter Donauwörther nicht kennt. Huber schreibt, dass der ehemalige Glockenwirt des Hauses (das mit den Blumenvasen), der Namensgeber für die Glockengasse war.

29 Wirtshäuser für 2000 Einwohner*innen

Die ehemaligen Wirtshäuser in Donauwörth sind ohnehin ein Thema das bei @entdeckt_in_donauwörth immer wieder auftaucht. Sylvia Huber berichtet zum Beispiel, dass es 1785 ganze 29 Weinschänken und Wirtshäuser samt angeschlossener Brauereien in der Stadt gab. Donauwörth zählte damals nur etwa 2000 Einwohner*innen. Viele Straßen- und Gassennamen erinnern bis heute an diese alte Wirtshaustradition. Im mittleren Bereich der Reichsstraße führt die Rosenwirthsgasse Richtung Kronengasse. Ihren Namen hat sie vom gegenüberliegenden ehemaligen Rosenwirth. Rosen sind noch heute gut an der Fassade und in einem bunten Fenster erkennbar. Die Lammwirtsgasse erinnert an den Gasthof zum Lamm. Die Gasse ist ebenfalls eine Verbindung von der Reichsstraße zur Kronengasse. Das Gebäude wurde 1945 zerstört.

Das neuste Thema auf @entdeckt_in_donauwoerth ist nun alles rund um die Geschichte des Donauwörther Freibads, dass im Juni nach zweijähriger Sanierung wiedereröffnet hat. Aber es geht auch um Badestellen an Donau und Wörnitz im 19. Jahrhundert und warum das bis heute sogenannte „Saubad“ in der Nähe des Kanuclubs eigentlich nichts mit Schweinen zu tun hat.