Die Alte Gärtnerei Tapfheim hat sich den Erhalt alter Sorten auf die Fahnen geschrieben. Bild: Alte Gärtnerei e.V.
In der modernen Landwirtschaft werden heute sogenannte Hybridpflanzen eingesetzt: Kreuzungen, die einen hohen Ertrag bringen bei gleichzeitig hohem Energieverbrauch. Diese Sorten kann man aber nicht eigenständig nachbauen. Das Gegenteil davon sind „samenfeste“ Pflanzen, die man aus den eigenen Samen wieder nachziehen kann. Um den Erhalt und die Vermehrung dieser auch „alte Sorten“ genannten Pflanzen kümmert sich seit 2016 der Verein „Alte Gärtnerei e.V.“ aus Tapfheim.

Der Artenschwund greift auch bei den Pflanzen voll durch. „Seit Einführung der industriellen Landwirtschaft sind 75 Prozent der Gemüsesorten verloren gegangen“, berichtet Christian Schmid, 1. Vorstand des Vereins. Die früher genutzten samenfesten Gemüsesorten können in Punkto Ertrag nicht mit Hybridpflanzen konkurrieren und verschwanden so aus der Landwirtschaft. Heutzutage sind die „alten“ Sorten nicht mehr zugelassen, sie dürfen daher unter normalen Umständen auch nicht mehr in Verkehr gebracht werden.

Nicht nur eine große Vielfalt an einzigartigen Erbsen, Bohnen, Kartoffeln, Tomaten, Gurken, Kürbissen, Paprika und vielem mehr geht dadurch verloren, sondern auch besonders robuste Sorten, die auf Klima und Standort angepasst sind.

Auf dem Bild zu sehen (von links): 1. Vorstand Christian Schmid, Kassiererin Dr. Martina Achzet, Beisitzer Ludwig Kronthaler, Schriftführerin Christine Schmid, Beisitzerin Sieglinde Faltenhauser, 2. Vorstand Benjamin Zucker. Bild: Bettina Schaal

Viele Einzelne arbeiten für das große Ganze

Um dem entgegen zu wirken haben Christian und Christine Schmid mit Gleichgesinnten im Jahr 2016 den Verein „Alte Gärtnerei e.V.“ gegründet. Dessen Ziel ist es Saatgut von Kultur- und Nutzpflanzen, aber auch Nutztiere zu erhalten, zu vermehren und zu verbreiten. Dabei geht es um alle Sorten, alte wie neue, die ihre Eigenschaften an ihre Nachkommen weitergeben können.

„Jedes Mitglied kann sich beteiligen und mit seinem eigenen Garten mitwirken beim Saatguterhalt“, erklärt Christian Schmid. Die Alte Gärtnerei hat nämlich keinen eigenen Grundbesitz. Der Verein will stattdessen Menschen dazu inspirieren, kleine „Mini-Archen“ für die Tier- und Pflanzenvielfalt aufzubauen. Jedes der aktuell circa 110 Mitglieder kann die Ziele der „Alten Gärtnerei“ bei sich zuhause umsetzen.

Wer sich für die Vielfalt bei Tier und Pflanze begeistern kann und Saatgut erhalten möchte, oder auf anderem Wege sich beteiligen will, ist herzlich willkommen. Ausgelegt ist der Verein auf einen Umkreis von circa 20 Kilometern um Tapfheim herum. Schließlich gehören zum Verein auch die Möglichkeit des Erfahrungsaustauschs und die Bildung eines Saatgutnetzwerks, in dem die alten Sorten möglichst regional Verbreitung finden sollen. Für gemeinsame Treffen dient ein Wanderstammtisch, der alle ein bis zwei Monate im Wohnort eines Mitgliedes stattfindet. Der jährlich stattfindende Frühjahrsmarkt auf dem Gelände einer mittlerweile geschlossenen Tapfheimer Gärtnerei, in der Familie Schmid zuhause ist, dient der Verbreitung der alten Sorten.

Breit angelegte Satzung

Damit die Alte Gärtnerei sich in Richtung Vielfalt entwickeln kann, ist auch die Satzung des Vereins sehr breit angelegt: Das angestrebte Ziel ist eine Kreislaufwirtschaft, in der Dinge wertgeschätzt und so viel wie möglich weiterverarbeitet anstatt weggeworfen werden. Neben dem Erhalt der samenfesten Gemüsesorten gehört daher auch eine Nähgruppe zur Alten Gärtnerei. Die Mitglieder treffen sich einmal im Monat und nähen je nach Lust und Laune was Spaß macht und gebraucht wird. 

Gut im Verein vertreten ist auch die Imkerei. Sieben Hobbyimker sind Mitglied bei der Alten Gärtnerei, einige weitere befinden sich in der Warteschleife. Vorgaben macht ihnen der Verein natürlich nicht, aber Christian und Christine Schmid werben bei den Imkern für mehr „Bienenfreundlichkeit“. Mit den Tieren soll möglichst artgerecht und schonend umgegangen werden, das heißt mit Naturwaben, ohne Unterdrückung der Schwarmvermehrung, ohne Schleudern und mit wenig Zufütterung. Dafür wird den Bienen mehr vom eigenen Honig überlassen.

Der Verein soll sich langsam entwickeln

Für Christian Schmid ist die Begeisterung, mit der neue Mitglieder sich in den Verein einbringen, der größte Ansporn. Über neue Gesichter freut er sich immer, auch wenn er sich wünscht, dass die Alte Gärtnerei lieber langsam und stetig statt explosiv wächst. Über ein paar mehr aktive Mitglieder aus dem Ries würde sich der Verein freuen, damit sich der Nordschwäbische Kreis um Tapfheim schließt. 

Weitere Informationen

Weitere Infos, Bilder und Kontaktinformationen gibt es im Internet unter www.facebook.com/altegaertnereiev und www.altegaertnerei.org.

Samenfeste Gemüsesorten bieten eine Vielfalt, die man im Gemüseregal nicht findet. Bild: Alte Gärtnerei e.V.