13. Februar 2022, 08:00
Spaziergang durch Kaisheim

Geschichte trifft auf Moderne

Die Marktgemeinde Kaisheim. Bild: Markt Kaisheim
Die Marktgemeinde Kaisheim, idyllisch im Kaibachtal gelegen, ist ein geschichtlich bedeutender Ort. Bekannt ist Kaisheim vor allem für das Kloster, das heute als Justizvollzugsanstalt genutzt wird.

Bürgermeister Martin Scharr und ich haben uns am Rathaus verabredet. Schon von Weitem sehe ich, dass sich das Kaisheimer Rathaus gerade im Umbau befindet. Eigentlich sollte die Baumaßnahme, die vor knapp zweieinhalb Jahren begann, schon vor Monaten abgeschlossen worden sein, die Corona-Pandemie hat diese Pläne aber durchkreuzt. „Im Mai soll die Erweiterung und die Sanierung des Rathauses fertiggestellt werden. Die bisherigen Räumlichkeiten sind im Laufe der Zeit zu klein geworden“, erzählt mir Martin Scharr, als wir gemeinsam durch die Gemeindeverwaltung und den Erweiterungsbau laufen. Highlight soll in Zukunft der neue Saal im Dachgeschoss des ehemaligen Rathauses werden.

Bauarbeiten in vollem Gange

Der derzeit fehlende Bürgersaal stelle den Bürgermeister und die Verwaltung immer wieder vor neue Herausforderungen. Die Marktgemeinderatssitzungen finden seit den Umbauarbeiten in der Turnhalle statt. „Dadurch gibt es für unsere Vereine deutliche Einschränkungen. Alle Beteiligten haben aber großes Verständnis dafür“, sagt Scharr. Auf unserer Tour zeigt mir der Bürgermeister auch das Erdgeschoss des historischen Strauß Hauses, das direkt an das Rathaus angrenzt und einst ein Wirtschaftsgebäude des Klosters war und anschließend viele Jahre als Wohnhaus diente. Dort befindet sich nun ein circa 130 Quadratmeter großer Saal. Hier treffen moderne Elemente, wie große Glastüren und viel Helligkeit, auf historische Überbleibsel, wie das Deckengewölbe.

Wir werfen noch einen kurzen Blick nach draußen und Martin Scharr zeigt mir den Münsterplatz, der sich direkt vor dem historischen Rathauseingang befindet. Normalerweise findet hier jedes Jahr der Weihnachtsmarkt statt, doch wegen der umfangreichen Umbaumaßnahmen fand dieser zuletzt im Jahr 2019 auf dem Kaisheimer Schulgelände statt. 2022 soll der beliebte Markt dann endlich wieder stattfinden können – in gewohnter Kulisse vor dem neu sanierten Rathaus.

Bild: Markt Kaisheim

Kloster Kaisheim inmitten des Dorfes

Direkt vom Rathaus aus mache ich mich mit vielen wertvollen Tipps und Infos von Bürgermeister Martin Scharr auf meinen Spaziergang durch Kaisheim. Weit weg führt mich mein Weg aber nicht, denn gleich neben dem Rathaus befindet sich das Kloster. Dieses wurde im Jahr 1133 von Graf Heinrich I. von Lechsgemünd gegründet und vermittelt auch heute noch einen imposanten Eindruck. Im Zuge der Säkularisation 1803 wurde das Kloster Kaisheim aufgelöst. Ein Großteil der Zisterziensermönche verließ den Ort, aber von 1804 bis 1815 erfüllte nochmals mönchisches Leben die Räume, als die aus ihren Klöstern in Bayern vertriebenen Franziskaner hier eine vorübergehende Heimat fanden. Im Jahr 1816 wurde im ehemaligen Kloster eine Zwangsarbeitsanstalt für Männer und Frauen untergebracht und schließlich im Jahr 1849 in eine Strafanstalt umgewandelt. Von 1863 bis 1945 wurde die Anstalt als Zuchthaus geführt. Seit 1970 befindet sich hinter den Klostermauern die JVA Kaisheim. Unter Abt Rogerius I. Röls, der von 1698 bis 1723 regierte, erhielt der Klosterkomplex sein heute noch prägnantes barockes Aussehen. Die klösterlichen Regeln und Ideale, wie Weltflucht und der Armutsgedanke, waren höfischer Prachtentfaltung gewichen. Den glanzvollen baulichen Höhepunkt bildet neben dem Bibliothekssaal zweifellos der Kaisersaal innerhalb der barocken Klosteranlage.

Der Kaisersaal im Kloster. Bild: Markt Kaisheim

Der Hofwirtschaft wurde wieder Leben eingehaucht

Mein Weg führt mich zurück am Rathaus vorbei, durch den Kaisheimer Torbogen direkt zur Hofwirtschaft. Seit Januar 2003 stand die Traditionsgaststätte im Ortskern mit ihrem Nebengebäude leer und die Bausubstanz verfiel. Engagierte Bürger*innen der Marktgemeinde überlegten, wie die Hofwirtschaft wieder zu neuem Leben erweckt werden könnte. Im Juni 2005 wurde deshalb in der alten Turnhalle in Kaisheim, der „Förderverein zum Erhalt der Hofwirtschaft mit Vereins- und Bürgerzentrum e. V.“ gegründet. Mit dem Spatenstich am 10. Mai 2008 wurde mit der Neubaumaßnahme für das Nebengebäude und dem Umbau der Hofwirtschaft offiziell begonnen. Anders als in vielen anderen Gemeinden müssen sich die Bürger*innen von Kaisheim keine Sorgen um die Gastronomie in der Marktgemeinde machen. Neben der Hofwirtschaft gibt es in Kaisheim unter anderem das Gasthaus Schlössle und das Thaddäus, den Landgasthof Grünenwald in Altisheim, das Weinrestaurant Bacchus und das Schlosshotel in Leitheim.

Zahlreiche Baumaßnahmen in Kaisheim

Der Kaisersaal im Kloster. Unten: Der Kaisheimer Torbogen.
Bild: Markt Kaisheim

Als ich meinen Blick noch einmal zurück durch den Torbogen Richtung Kloster schweifen lasse, fallen mir die Straßenbaumaßnahmen auf, von denen mir das Gemeindeoberhaupt in unserem Gespräch schon erzählt hatte. Der Bürgermeister und auch der Marktgemeinderat legen großen Wert auf die Sanierung der Kanal- und Wasserleitung in Kaisheim und auch in den Ortsteilen, wie zum Beispiel in Bergstetten oder Gunzenheim.

Von der Hofwirtschaft aus mache ich mich auf den Weg Richtung Kindergarten und Kinderkrippe Zauberwald. Beide befinden sich im Wilhelmine-Strauß-Weg und sind unmittelbar im Ortskern von Kaisheim. Martin Scharr erzählt mir von den Bedarfsprognosen für die Kinderbetreuung und wie stark diese das derzeitige Angebot an Betreuungsplätzen übersteigt. „In Zukunft brauchen wir 10 bis 15 Krippenplätze und 20 bis 25 Kindergartenplätze mehr. Genau deswegen haben wir einen neuen Arbeitskreis gegründet, um für die Zukunft jeder Familie einen Betreuungsplatz anbieten zu können“, sagt Bürgermeister Scharr. Er könne sich vorstellen, in unmittelbarer Nähe zu Kindergarten und Kinderkrippe weitere Gebäude anzumieten. Eine langfristige Lösung sei dies aber laut Rathauschef nicht.

Als nächstes geht es für mich zur Graf-Heinrich-Grundschule. Scharr hat mir im Vorfeld erzählt, dass die Schule in den 1970er-Jahren gebaut wurde, aber in die Jahre gekommen sei. Mittlerweile wurde bereits das Dach saniert, in nächster Zeit soll die Fassade folgen. Auch die Sportanlage in der Schulstraße soll bald saniert werden. Die Gemeindevertreter*innen wollen den Bürger*innen Kaisheims und Umgebung einen attraktiven Ort zum Sport machen bieten können. Das sei laut Martin Scharr auch wichtig, um Jugendliche wieder mehr für Vereine und Sport begeistern zu können.

Ein weiteres wichtiges Thema, das Bürgermeister Martin Scharr beschäftigt, ist die große Nachfrage nach Bauplätzen in Kaisheim. „Wir wollen die Kaisheimer hier behalten“, sagt er. Das Baugebiet „Ziegelanger“ sei bereits in Planung und in jüngster Vergangenheit konnten bereits zehn Bauplätze durch eine Privatperson an Bauwillige veräußert werden. Gemäß dem Leitspruch „Innen statt Außen“ der bayerischen Förderinitiative will die Marktgemeinde Kaisheim vorrangig Flächen innerhalb der Ortschaft als Bauland nutzen. In diesem Zuge macht Scharr auch auf das Thema Seniorenbetreuung aufmerksam. Ihm seien nicht nur Familien und Kinder wichtig, sondern er sorge sich auch um die älteren Mitbürger*innen. „Viele Menschen möchten im Alter hier vor Ort bleiben“, erzählt er mir. Zudem kommen wir auf das Thema Nahversorgung in Kaisheim zu sprechen. Über einen Supermarkt, eine Apotheke, eine Bäckerei und eine Arztpraxis sei man in der Marktgemeinde sehr froh.

„In der Abteistraße befindet sich außerdem Göschls Laden. Mit seinem Geschäft belebt Herr Göschl unser Dorf. Er besorgt alles, was man so braucht“, lacht Martin Scharr.

Prachtvolle Erinnerungsstätte

Bild: Markt Kaisheim

Alleine mache ich mich nun noch auf den Weg zur Heidebrünnl-Kapelle. Dazu fahre ich am Gewerbegebiet vorbei und überquere die Bundesstraße. Im Kaisheimer Weg wartet ein wahres Kleinod auf mich. Schon von Weitem erkennen ich das vergoldete Zwiebeltürmchen der Heidebrünnl-Kapelle. Sie ist als Erinnerungsstätte an das Heidebrünnl im Altvatergebirge in Tschechien entstanden. Das Heidebrünnl war ein berühmtes und markantes Wallfahrer- und Wandererziel im Altvater.

Laut einer Sage schoss hier vor vielen Jahren ein Förster einen Hirsch an und der heilte seine Wunde mit dem Wasser dieser Quelle.

Auch der Förster, der zu erblinden drohte, konnte sein Augenlicht mit dem Quellwasser retten. Viele Menschen wallfahrteten daraufhin zu diesem Ort. Ernst Seifert gelobte einst seiner Mutter, die durch einen Blitzschlag am 30. Mai 1946 abgebrannte Kapelle neu zu errichten. 2004 hat der gelernte Tischler im Ruhestand sein Versprechen eingelöst und aus eigenen Mitteln aus Eichenholz, genau nach dem Original, diese Kapelle errichtet, wie sie einst im Altvatergebirge stand.

Das Schloss in Leitheim. Bild: Markt Kaisheim

Touristenmagnet Schloss Leitheim

Abschließend mache ich mich nun noch auf den Weg nach Leitheim, zu einem Ort, der weit über den Landkreis hinaus bekannt ist. Das Schloss Leitheim ist die ehemalige Sommerresidenz der Äbte des Klosters Kaisheim. Das Schloss wurde auf einer Anhöhe über dem Nordufer gebaut und bietet Gästen einen herrlichen Blick auf die Donau-Lechebene. Schon im Gespräch mit Bürgermeister Scharr hat er mich auf die einzigartige Schönheit von Kaisheim und seinen Ortsteilen hingewiesen. Der stetige Ausbau der Radwegenetze soll nun noch mehr dazu beitragen, die Einzigartigkeit unseres Landkreises bekannt zu machen.