16. August 2020, 08:00
Spaziergang durch Marktoffingen

Vom größeren und kleineren Offingen

Idyllisch im Nordwesten des Rieskraters liegt Marktoffingen. Bild: Maximilian Bosch
Die Gemeinde Marktoffingen liegt im Nordwesten des Rieskraters und besteht aus den Pfarrdörfern Marktoffingen und Minderoffingen, dem Weiler Wengenhausen sowie dem Ramsteiner Hof und den Schnabelhöfen. Gut 1300 Einwohner leben in dieser erstmals im Jahr 1143 urkundlich erwähnten Gemeinde, die in der heutigen Form seit 1978 besteht und zur Verwaltungsgemeinschaft Wallerstein gehört. Um mehr über Marktoffingen zu erfahren, hat sich unser Redakteur Maximilian Bosch mit Bürgermeister Helmut Bauer getroffen.

Für unseren Spaziergang haben wir uns am zentral in Marktoffingen gelegenen Rathaus verabredet. Dieses frühere Schulhaus ist seit 1. Mai 2014 der Arbeitsplatz von Helmut Bauer als ehrenamtlichem Bürgermeister. Gleich als erstes bekomme ich ein dickes Buch überreicht: „Zur Geschichte der Gemeinden Marktoffingen und Minderoffingen 1143 – 1993“, herausgegeben von Josef Th. Groiß anlässlich der 850-Jahr-Feier der Gemeinde. Das umfangreiche Werk gibt einen umfassenden Überblick über die Landschaft, Geschichte, Kunstdenkmäler, Familien und Vereine von Marktoffingen und Minderoffingen. 

Intaktes Dorfleben: gastlich, gesellig und aktiv 

Wie mir Bürgermeister Bauer berichtet, ist man hier stolz auf die lebendige Wirtshauskultur in den beiden Wirtschaften Lamm und Zum Ochsen, auf die renommierte Trachtenkapelle Marktoffingen, die aktive Jugend in beiden Ortsteilen und das rege Vereinsleben. In sportlicher Hinsicht hebt Bauer die Abteilung Volleyball des FSV Marktoffingen hervor, deren Damen mit vier Teams teils hochklassig spielen. „Das ist bayernweit einmalig für einen Ort wie Marktoffingen“, so Helmut Bauer. Auch den Verein für Gartenbau und Landespflege erwähnt der Bürgermeister lobend: Die Mitglieder pflegen und bewirtschaften jedes Jahr hunderte von Obstbäumen im Gemeindebesitz – ebenfalls ein Merkmal Marktoffingens. 

Lange bleiben wir nicht im Büro, sondern machen uns auf zu einer Tour durch das Dorf. In direkter Nachbarschaft zum Rathaus befindet sich die Pfarrkirche Mariä Himmelfahrt, die mit ihrer dicken Wehrmauer und dem wuchtigen Turm fast burgähnlich wirkt. Erwähnung findet der mächtige Bau bereits in der ersten Urkunde von 1143. Von der „forensis ecclesia (Markt- Kirche) in maiori Offingen (Größer Offingen)“ ist da die Rede, ebenso wie von der „baptismalis ecclesia“ (Taufkirche) in „minor Offingen“ (Kleiner Offingen). Die beiden auch heute verbundenen „Offingen“ gab es also schon damals im Doppelpack, auch wenn Minderoffingen zwischenzeitlich eigenständig war.

Gleich hinter der Pfarrkirche befindet sich die Grundschule Marktoffingen. Hier werden aktuell die 3. und 4. Klassen unterrichtet, die Kinder der 1. und 2. Klassen gehen in Maihingen zur Schule. Der Parkplatz, über den wir gehen, ist gleichzeitig der Pausenhof für die Schulkinder. Eine Erweiterung des Schulgeländes ist laut Helmut Bauer für die Zukunft zumindest angedacht.

Herrlicher Ausblick ins Ries

Wir setzen unseren Weg fort und gehen den Ulrichsberg hoch. Hier oben können Besucher Marktoffingens die St. Ulrichskapelle sowie eine Mariengrotte bewundern und den hervorragenden Blick über Marktoffingen und ins Ries hinein genießen. Wie mir Helmut Bauer berichtet, wird auf dem Ulrichsberg jährlich eine Bergmesse abgehalten. Auch das große Gemeinschaftskonzert beim Bezirksmusikfest 2016 fand hier auf der Wiese statt – ein unvergessliches Erlebnis.

Als nächstes Ziel steuern wir den Kindergarten an, in dem die „Riesrandzwerge“ zuhause sind. Von den Erzieherinnen und den Kindern werden wir freundlich empfangen. Während der Kindergarten über zwei Gruppen verfügt, ist es in der Krippe eine Gruppe. „Besonders stolz sind wir auf den Garten“, meint Bauer, und zeigt mir die schön im Schatten großer Bäume gelegene Freifläche mit vielen Spielgeräten. Während wir weiterziehen, weist mich der Bürgermeister auf die Obstbäume am Hang des Ulrichsbergs hin, die sich wie erwähnt im Gemeindebesitz befinden und vom Gartenbauverein gepflegt werden. Die Einwohner freuen sich jedes Jahr auf das Obst, und so mancher hat dabei „seinen Baum“, dessen Früchte er in jedem Fall haben muss.

Danach geht es weiter zur Mehrzweckhalle. Hier sind die St. Ulrich Schützen und die Trachtenkapelle Marktoffingen beheimatet. Überwiegend nutzen die Volleyballdamen die Halle für ihr Training und die Heimspiele, aber auch für Musik ist hier Platz, zum Beispiel zu Weihnachten und im Frühjahr, wenn die Trachtenkapelle zu ihren traditionellen Konzerten einlädt. 

Klimafreundlich heizen dank Biogas 

Auf dem Weg bekomme ich weitere Informationen zur Gemeinde. Zum Beispiel höre ich, dass es ganze drei Biogasanlagen gibt, die die beiden Nahwärmenetze für die zwei Ortsteile versorgen. Auch einen für zwei Millionen Euro sanierten Straßenzug in der Wohnsiedlung laufen wir entlang, und kommen an dem neuen Bushäuschen in der Walter-Stelzle-Straße vorbei. Von dort führt ein Weg zum Spielplatz, „einem der schönsten, die ich kenne“, wie der Bürgermeister anmerkt. Auch hier spenden große Bäume angenehm Schatten.

Auf unserem Weg durch das Dorf kommen wir vorbei am früheren Marktoffinger Bahnhof, der heutzutage privat bewohnt wird, ebenso wie die ehemalige Molkerei. Ganz in der Nähe befindet sich auch das Gebäude, in dem früher die gemeindliche Gefrieranlage untergebracht war und das jetzt als Vereinsheim für Education 94 Marktoffingen e.V., einen der beiden örtlichen Jugendvereine, dient. Erst vor einem Jahr hat der Verein sein 25-jähriges Jubiläum gefeiert. 

Zurück auf der Hauptstraße erreichen Helmut Bauer und ich die beiden Gasthäuser, das Lamm und den Ochsen. Sie liegen sich fast direkt gegenüber und sind die letzten verbleibenden Wirtschaften in der Gemeinde. Der Bürgermeister ist stolz, dass beide einen ausgezeichneten Ruf als Speiselokale sowie als Veranstaltungsorte für Hochzeiten, Geburtstage, Feste und Feiern genießen. Für Veranstaltungen der Gemeinde werden die Gasthäuser ebenfalls gerne genutzt, wobei im jährlichen Wechsel einmal das Lamm und einmal der Ochse zum Zug kommen. 

Auf zur ältesten Kirche im Ries

Die letzte Etappe auf unserem Spaziergang legen wir mit dem Auto zurück. Wir begeben uns in den Ortsteil Minderoffingen, circa zwei Kilometer nördlich von Marktoffingen. Zunächst kommen wir dabei an der Minderoffinger Bude vorbei: der G’friere. Sie ist in den Räumen der früheren Gemeindegefrieranlage untergebracht, daher der Name. Zusätzlich zu ihrem aktiven Vereinsleben organisieren die Mitglieder, wie auch ihr Marktoffinger Gegenstück Education 94, jährlich ein Fest für die Gemeindemitglieder, immer einer der Höhepunkte in der jährlichen „Festabfolge“.

Mitten im Ort befi ndet sich mit der romanischen Wehrkirche St. Laurentius die wohl älteste Kirche im Ries mit einem Baujahr um 1100. Mit ihrem rings ummauerten Kirchhof und dem achteckigen Kirchturm, dem Turmoktogon, ist sie klar das dominante Bauwerk im Dorf. Zusammen mit der Marktoffinger Kirche gehört sie zu den besterhaltenen ehemaligen Wehrkirchenanlagen im Ries. Als wir die Kirche betreten, spüren wir die lange Geschichte dieses Ortes. Man kann leicht erkennen, dass die Anlage mit dem Gedanken, sie gegen bewaffnete Angriffe zu verteidigen, erbaut wurde.

Nicht unerwähnt bleiben sollen an dieser Stelle auch die Sportanlage der SpVgg Minderoffingen, die als Veranstaltungsort bekannte und beliebte „Alte Schule“ sowie das erst 2017 neu gebaute Schützenheim von Edelweiss Minderoffingen – sie alle tragen zum gesunden gesellschaftlichen Leben im Ort ihren Teil bei. 

Die Kirche liegt genau wie die Alte Schule und die G’friere an der Dorfstraße, die durch den Ort führt und laut Helmut Bauer im Jahr 2021 samt Kanal saniert werden soll. 

Hier trennen sich dann auch unsere Wege. Auch wenn ich selbst als Dürrenzimmerer nur zwei Dörfer weiter wohne und Marktoffingen natürlich schon kannte, bin ich froh, einmal einen tieferen Einblick in die Gemeinde und ihre Eigenheiten erhalten zu haben, und freue mich auf meinen nächsten Besuch im Nordries.

Minderoffingen ist ein Ortsteil von Marktoffingen und war einst eigenständig. Bild: Maximilian Bosch