2. Februar 2019, 08:00
Heimatgeschichte

Das Tilly-Denkmal in Rain

Bild: Wikimedia commons, allgemeinfrei
Mitten auf dem Marktplatz in Rain steht die lebensgroße Feldherrengestalt des Johann Tserclaes Tilly, aufgestellt 1914 zu Ehren des Generalfeldmarschalls. Vom schwedischen König geschlagen, erlag der oberste Heerführer der Katholischen Liga und der kaiserlichen Armee seinen schweren Verletzungen. Bis heute erinnert das Tilly-Denkmal an die Schlacht bei Rain am 14. und 15. April 1632.

Johann Tserclaes Graf von Tilly war kaiserlicher Feldherr und eine der herausragendsten militärischen Figuren des dreißigjährigen Krieges. Nach dem großen Sieg des schwedischen Heeres unter der Leitung von König Gustav Adolf über das Heer der Katholischen Liga in der Schlacht bei Breitenfeld im September 1631 hatten die Schweden Nürnberg und anschließend Donauwörth eingenommen. Im Frühjahr des Jahres 1632 marschierte Gustav Adolf mit 40 000 Mann nach Süden und kämpfte in der Schlacht bei Rain gegen Feldherr Johann Tserclaes Tilly. Am 15. April 1632 wurde Feldmarschall Tilly von einer Doppelhakenkugel schwer verwundet. Nur wenige Tage später starb er an den Folgen seiner Verletzung. Schließlich wurde er im Jahr 1652 in Altötting beigesetzt. Zu Ehren seiner Person wurde in Rain eine Gedenktafel und eine lebensgroße Tilly-Statue errichtet.

Zweifelsfrei gehört das Tilly-Denkmal inmitten des Marktplatzes in Rain zu den Wahrzeichen der Stadt. Vorläufer der Tilly-Statue war eine Gedenktafel aus weißem Marmor, gestiftet im Jahr 1897 von dem Burgheimer Eisenbahnexpeditor Johann Bengesser und seiner Ehefrau Johanna. Im Laufe der Jahre wechselte der Standort der weißen Marmortafel mehrere Male. Ursprünglich war die Tafel an der westlichen Außenwand der Stadtpfarrkirche Rain angebracht. Nach dem ersten Weltkrieg wurde jedoch an dieser Stelle ein Soldatenehrenmal errichtet, sodass die Gedenktafel weichen musste. Die Tafel wurde anschließend an der Westfassade der profanierten Allerheiligenkapelle am Kirchplatz befestigt. Während des dritten Reiches wurde die Gedenktafel  im Treppenschacht, der in die Krypta der ehemaligen Allerheiligenkapelle hinabführte, angebracht.

Die Inschrift der Tafel lautet:
„Frommes Andenken an den bayrischen Feldmarschall Graf Johann von Tilly, Sieger in 20 Schlachten, tödlich verwundet in der Schlacht bei Rain am Lech (am) 5. April 1632, gestorben zu Ingolstadt, (am) 20. April 1632, begraben zu Altötting. Gelobt sei Jesus Christus! Errichtet 1897 von Johann und Johanna Bengesser.“

Dass eine Gedenkstätte als Erinnerung an Johann Tserclaes Graf von Tilly errichtet werden soll, dies genehmigte Prinzregent Luitpold von Bayern am 4. Mai 1911 in einem Schreiben an die Stadt. Gestiftet wurde das Denkmal von der Augsburger Bürgerkongregation. Jedoch war die Genehmigung Luitpolds mit einer Aufl age verbunden: Das Monument müsse außerhalb der geschlossenen Siedlung, auf dem Schanzwall neben der Heilig-Geist-Mühle errichtet werden. Vehement wehrte sich jedoch der damalige Rainer Magistrat gegen einen Standort außerhalb der Stadtmitte.

„Gemäß dem Grundsatz ‚Wer nicht wagt, der nicht gewinnt‘ preschte der Rainer Magistrat im Alleingang vor und erteilte kurzerhand dem Münchner Metallbildhauer Hygin Kiene, der schon vor längerer Zeit bei der Stadt Rain einen Kostenvoranschlag für ein Tillygedächtnismal eingereicht hatte, den Auftrag für ein Standbild – nicht für ein Kreuz“, heißt es im Buch „Die Stadt Rain und der Dreißigjährige Krieg“ von Harald Johannes Mann. Nach einem Entwurf des Münchner Bildhauers Anton Kaindl goss Kienes in seiner Münchner Werkstätte für künstlerische Kupferarbeit das Denkmal. Derweil gab es immer noch ernste Streitigkeiten über den Standort des Erinnerungsmals. Weiterhin bestanden das Innenministerium und Prinzregent Luitpold auf den Standort am Schanzwall bei der Heilig-Geist-Mühle. Jedoch versprach er, ein zweites Mal gegen die Errichtung der Statue auf dem Marktplatz nicht gewaltsam vorzugehen. Der Neuburger Landtagsabgeordnete Martin Loibl schrieb am 27. Juni 1913 aus Neuburg einen Brief an die Stadt Rain:
„In München habe ich bei Herrn Staatsrat von Kahr in Sachen des Tillydenkmals folgenden Bescheid erhalten: Eine Allerhöchste Genehmigung kann nicht erneut erholt werden. Es bleibt aber dabei, dass seitens der Behörden gegen die Aufstellung des Denkmals vor dem Rathaus keine Erinnerung erhoben wird; nur kann dann bei der Eröffnung seitens der Behörden eine offizielle Vertretung nicht erfolgen.“

Aus einem Schreiben vom 22. Juli 1913 des Rainer Magistrats an den Bayerischen Verein für Volkskunst und Volkskunde geht hervor, dass das Standbild von Hygin Kiene mittlerweile vollendet sei. Im Frühling des darauffolgenden Jahres schloss der Augsburger Bildhauer Josef Sager seine Arbeiten am Steinsockel ab.

Am 18. Juni 1914 bestätigte der Rainer Magistrat dem Künstler den Erhalt der Figur: „Wir beehren uns Ihnen mitzuteilen, dass die Tillyfigur und die Reliefs gut angekommen sind. Es ist, so viel sich beurteilen lässt, alles unbeschädigt angekommen und machte die schöne Figur auf alle einen großartigen Eindruck. Wir gratulieren Ihnen bereits jetzt zu dem gediegenen Ausfall Ihres Meisterwerkes.“ In einer zweifellos idealisierten Feldherrengestalt wurde Graf von Tilly im faltigen Reitermantel, mit wallendem Federhut und spornbewehrten Stulp-Reiterstiefeln, in der rechten Hand den Marschallstab und in der
linken Hand eine Landkarte Südbayerns haltend dargestellt. Eigens dafür wurde der Marienbrunnen versetzt und an das entgegengesetzte Ende des langgestreckten Markplatzes platziert. Von Sonntag, 18. Juli, bis Montag, 20. Juli 1914, wurde ein rauschendes Enthüllungsfest, organisiert von Stadtpfarrer Karl Rieger, in der Blumenstadt gefeiert. Zur Überraschung aller erschien dann doch noch eine weltliche Obrigkeit.

In der Berichterstattung über das Fest im „Rainer Wochenblatt“ vom 23. Juli 1914 hieß es: „Speziellen, ehrerbietigsten Dank … vor allem Seiner Majestät, unserm allergnädigsten König Ludwig! In väterlicher Huld entsandte er als allerhöchsten Vertreter den Königlichen Kämmerer und Regierungsdirektor Freiherrn von Müller.“

Nach den unsäglichen Differenzen zwischen der Stadt Rain und den ihr übergeordneten Amtsstellen konnten die Rainer wirklich stolz auf dieses Entgegenkommen sein.