21. August 2021, 08:00
Spaziergang durch ... Ederheim

Von Wanderwegen, Aussichtspunkten und viel Geschichte

Burgruine Niederhaus im Ederheimer Ortsteil Hürnheim. Bild: Mara Kutzner
Geheimnisvolle Ruinen, herrliche Ausblicke und ein lebendiges Dorfleben – so könnte man Ederheim wohl gut beschreiben. Die Gemeinde liegt am südlichen Rand des Rieskraters und zählt mit ihren Ortsteilen Hürnheim und Christgarten sowie einigen Einödhöfen und Mühlen entlang des Forellenbachs und des Retzenbachs nicht ganz 1200 Einwohner*innen.

Ederheim wurde erstmals im 8. Jahrhundert im Zusammenhang mit Schenkungen fränkischer Könige an das Kloster Fulda erwähnt. Die Tour mit Bürgermeisterin Petra Eisele beginnt im Ortsteil Christgarten. Eisele leitet seit Mai letzten Jahres die Geschicke der Gemeinde. Eigentlich stammt die 38-Jährige aus dem Altmühltal, doch die Liebe hat sie ins Ries verschlagen. Dass sie jetzt sogar Bürgermeisterin in Ederheim ist, hat sie sich damals wahrscheinlich selbst nicht vorstellen können. Ein aufregendes Jahr mit vielen wichtigen Entscheidungen für die Gemeinde liege hinter ihr, geprägt von einem guten Miteinander im Gemeinderat, resümiert Eisele ihr erstes Jahr als Gemeindechefin, während es vom Parkplatz zum alten Kirchlein in Christgarten geht. Das kleine Kirchdorf im Kartäusertal hat seinen Namen vom ehemaligen Kartäuserkloster. Die Grafen Ludwig und Friedrich von Oettingen stifteten im Jahr 1383 bei einer schon vorhandenen, vielleicht zur Pfarrei Bollstadt gehörenden Peterskapelle, das Kartäuserkloster „Unseres Herrgotts Garten“, später „Christgarten“ genannt. Im Schmalkaldischen und im Dreißigjährigen Krieg wurde das Kloster schwer zerstört. 1648 wurde es dann endgültig aufgelöst. Heute steht nur noch der Chor, der als evangelische Pfarrkirche St. Peter genutzt wird. Von den alten Klostermauern sind noch Überreste stehen geblieben, wodurch die Kirche beliebter Ort für evangelische als auch katholische Trauungen und Taufen sowie überregional bekanntes Ausflugsziel ist. In der Kirche gibt es keinen Stromanschluss, die Glocke wird noch von Hand geläutet und auch der Blasebalg für die Orgel wird händisch betrieben. Gottesdienste finden nur im Sommerhalbjahr statt, im Winter gibt es lediglich Adventsandachten. Von der Kirche geht es über Wiesenwege und einen Waldweg entlang am Forellenbach, wo sich der Biber ordentlich zu schaffen gemacht hat, weiter in östliche Richtung bis zum Wasserfall an der Hoppelmühle. Die ehemalige Mühle wird mittlerweile als Pfadfinderheim genutzt und ist regelmäßig Unterkunft für Kinderfreizeiten und Jugendgruppen.

Wasserfall an der Hoppelmühle. Bild: Mara Kutzner

Entlang des Südries-Panoramawegs

Auf gleichem Weg geht es die gut 500 Meter zurück zum Parkplatz in Christgarten, und von dort aus weiter mit dem Auto zur nächsten Sehenswürdigkeit auf Ederheimer Flur. Wer gut zu Fuß ist und Lust auf eine Wanderung hat, dem empfiehlt Bürgermeisterin Eisele aber die schönsten Ecken rund um ihre Gemeinde entlang des Südries-Panoramawegs zu erkunden. Der 16 Kilometer lange Rundweg führt von Reimlingen zum geschichtsträchtigen Albuch, der mit seiner Steinpyramide an die Schlacht im Dreißigjährigen Krieg erinnert. Vorbei an der Burgruine Niederhaus lohnen sich Abstecher zur Ruine Hochhaus und nach Christgarten, bevor es schließlich über Wiesen und Heiden mit Blick auf Ederheim und entlang des Schäferwegs wieder zurück zum Ausgangspunkt geht. Als Einstieg in den Rundwanderweg eignet sich aber selbstverständlich auch die spektakuläre Burgruine Niederhaus. Von der Anhöhe östlich der Ruine wird deutlich: Der Wanderweg hat seinen Namen zu Recht! Wander*innen bietet sich hier ein herrlicher Ausblick in die Riesebene hinein. Die Ruine der einstigen Stauferburg thront auf dem schmalen Felsen über dem Kartäusertal. Die Burganlage geht auf die Herren von Hürnheim im 12. Jahrhundert zurück. Noch heute sind Pallas, Bergfried und Teile der Außenmauer gut erhalten und lassen sich bei einem Familienausflug oder bei einer Wanderung entlang des Südries-Panoramawegs auf eigene Faust entdecken. Teilweise erfordern die Wege rund um die Ruine Trittsicherheit. Als nächstes führt unsere Route weiter zum Wanderparkplatz oberhalb der Pulvermühle. Zu Fuß geht es über Magerrasenflächen ein Stückchen hinauf, auf den Hohen Stein. An den felsigen Hügeln und den knorrigen Resten einer vom Blitz getroffenen Buche toben und klettern nicht nur Kinder gerne herum, sondern von hier aus bietet sich eine wunderbare Aussicht auf den Ederheimer Ortsteil Hürnheim und hinüber zum Höhenzug des Albuchs. In Hürnheim tut sich gerade einiges, wie Bürgermeisterin Eisele berichtet. Die Straßen im Dorf werden derzeit erneuert und in diesem Zuge auch neue Leitungen verlegt, erzählt sie, während wir uns hier umschauen und an der Kirche St. Veit und am Hürnheimer Feuerwehrhaus vorbeikommen.

Zurück in Ederheim selbst, geht es vom Rathaus über den Ahornweg und den Bogenweg über „Am Lindle“ in Richtung des Neubaugebiets. Das Gebiet ist bereits vollständig erschlossen und für 18 Bauplätze ausgewiesen. „Jetzt geht es an den Verkauf, und das Interesse ist groß“, berichtet Eisele auf dem Weg zum nächsten Aussichtspunkt oberhalb des Neubaugebiets und der Thalmühle im Osten Ederheims. Schilder deuten wieder auf den Südries-Panoramaweg hin, der wiederum hier entlangführt. Über einen kleinen Trampelpfad geht es hinab in den Dorfkern. Der Weg führt entlang der Thalmühlstraße und Hauptstraße, bevor man nach rechts in die Schulstraße einbiegt. Immer wieder begegnet Petra Eisele Ederheimer* innen. Mit allen hält die Bürgermeisterin ein kurzes Pläuschchen, mal ist es nur Small-Talk, mal gibt es Wichtiges zu besprechen. „Ich bin kommunikativ“, sagt die junge Bürgermeisterin von sich selbst. Als „Zugezogene“ habe sie sich schnell in die Dorfgemeinschaft integriert Ederheim bezeichne sie längst als ihre Heimat. „Das hat mir durch die Pandemie gefehlt, der Austausch mit den Menschen“, sagt sie.

Blick auf Hürnheim Bild: Mara Kutzner

Das Ederheimer Vereinsleben ist aktiv

Was sie aber freut: Trotz schwieriger Zeiten hält man in Ederheim zusammen. Auf dem Weg vom Feuerwehrhaus zur Schule (8), wo je eine Klasse von 1 bis 4 unterrichtet wird, und weiter zur Mehrzweckhalle, erzählt Eisele vom aktiven Vereinsleben in der Gemeinde. Besonders in Erinnerung ist ihr das „Balkonkonzert“ des Musikvereins im ersten Lockdown geblieben. Musiker*innen haben jeweils auf dem heimischen Balkon musiziert. Der Dirigent war allen per Video zugeschaltet, sodass das Konzert aus allen Ecken im Dorf zu hören war. Auch der Sportverein habe sich außerordentlich engagiert. Nicht nur, dass am Sportplatz ordentlich
gewerkelt wurde und außerdem ein neuer Trainingsplatz in der Entstehung ist, der Verein hat während der Corona-Zeit einen Lieferdienst für Speisen auf die Beine gestellt. Als wir die Waldstraße entlanglaufen und am Evangelischen Kindergarten vorbeikommen, spricht Eisele an, dass gerade über die Zukunft des Kindergartens diskutiert wird. Dringend müsse sich hier etwas tun. Noch wird ermittelt, ob ein Neubau oder eine Sanierung sinnvoller ist. Den Kindergarten besuchen aktuell 45 Kinder. Die Kinderkrippe „Bärenburg“ ist direkt nebenan und beherbergt zurzeit 15 Buben und Mädchen. Von der Waldstraße biegen wir in die Kirchstraße ab und machen einen kurzen Abstecher zur Kirche St. Oswald, bevor es zurück über die Dorfstraße geht. Auf Höhe der Hausnummer 34, am sogenannten „Judenbuck“, machen wir Halt. Die jüdische Geschichte Ederheims geht bis auf das Jahr 1503 zurück. 1736 wurde hier eine Synagoge errichtet, im Laufe der Jahrhunderte hat es außerdem zwei jüdische Ritualbäder, sogenannte Mikwen, gegeben. 1879 verließ schließlich die letzte jüdische Familie Ederheim. 1942 wurden fünf in Ederheim geborene Juden Opfer des NS-Terrors. Bürgermeisterin Petra Eisele erzählt, dass 2016 im Rahmen der Ortschronik die jüdische Geschichte von Ederheim
aufgearbeitet wurde. Da aber im ganzen Dorf kein einziger Hinweis auf diesen wichtigen Teil der Ederheimer Vergangenheit zu finden war, wurde vom Gemeinderat beschlossen, hier am „Judenbuck“, dem früheren Zentrum der jüdischen Gemeinde, eine Informationstafel anzubringen. Die Tafel wurde erst im Mai, angesichts der Coronapandemie im kleinsten Kreis, feierlich enthüllt.

Kirche St. Oßwald in Ederheim Bild: Mara Kutzner