4. November 2020, 09:00
Blättle

Waldsterben: Wer ist schuld daran?

Symbolbild. Bild: pixabay
Rund 26 Prozent der Landkreisfläche ist von Wald bedeckt, insgesamt sind das mehr als 33 000 Hektar. Das entspricht der Fläche von 785 Oktoberfesten. Und damit liegt der Landkreis noch deutlich unter dem bayernweiten Durchschnitt. Insgesamt ist der Freistaat Bayern nämlich mit einer Waldfläche von über 2,6 Millionen Hektar zu fast 37 Prozent bewaldet. Peter Birkholz ist Bereichsleiter Forsten des Amtes für Ernährung, Landwirtschaft und Forsten in Nördlingen. Seit Anfang 2017 kümmert er sich um den Waldbestand im Landkreis Donau-Ries, er kennt die größten Gefahren für den heimischen Wald.

Wald prägt unsere bayerische Landschaft und Heimat. In keinem anderen Bundesland in Deutschland gibt es einen größeren Waldbestand als bei uns. Er gibt unserer Region ihr unverwechselbares Gesicht und ist zugleich unverzichtbarer Bestandteil eines gesunden Lebensraumes. Er schützt Siedlungen, Menschen, Straßen und Ressourcen, er dient der Erholung des Menschen und liefert Waldbesitzern mit seinem Holz ein nachhaltiges Einkommen. Darüber hinaus ist er Lebensraum für zahlreiche Tier- und Pflanzenarten.

Einmalige Voraussetzungen im Landkreis

Das Nördlinger Ries, das Tertiär-Hügelland im Südosten des Landkreises und die Auwälder entlang der Flüsse und Bäche – allesamt bieten der Vegetation mit ihren mannigfaltigen Standorten abwechslungsreichste Bedingungen. „Nicht nur die geologischen Verhältnisse sind im Landkreis ausgesprochen vielfältig, auch die Waldbestände mit ihren unterschiedlichen Baumarten sind vielschichtig“, erzählt Peter Birkholz. Entgegen dem Volksglauben dominiert nicht die Fichte die Donau-Rieser Wälder, vielmehr ist es eine Mischung aus Laub- und Nadelhölzern. „Der Waldbestand im Landkreis besteht zu 55 Prozent aus Laubbäumen“, sagt Birkholz.

So wachsen überwiegend Buchen, Eichen, Bergahorne oder Eschen in den heimischen Wäldern. Die restlichen 45 Prozent der Waldfläche werden von Nadelhölzern, wie zum Beispiel Fichte oder Kiefer, eingenommen.

Doch wie steht es eigentlich um den Waldbestand im Landkreis?

Den Wäldern in Deutschland geht es derzeit allgemein sehr schlecht. Schuld daran ist vor allem der Klimawandel mit hohen Temperaturen und wenig Niederschlag. Im Landkreis sind wir besonders in diesem Jahr mit einem blauen Auge davongekommen“, erzählt Peter Birkholz vom AELF. Die zwei vorangegangenen Jahre hingegen haben den Bäumen massiv zugesetzt.

„Die Jahre 2018 und 2019 waren sehr heiß. Glücklicherweise hat es aber im Landkreis immer wieder mal zum richtigen Zeitpunkt geregnet und gewittert. Daher haben sich die Schäden in Grenzen gehalten“, so Birkholz. Er führt weiter an: „Es ist schön, dass die vergangenen Jahre so glimpflich für uns verlaufen sind. Wir sollten uns jedoch nicht in Sicherheit wiegen.“

Dass der Klimawandel aber auch an den Waldbeständen im Donau-Ries nicht spurlos vorbeigeht, kann man an der Fichte erkennen. Diese leidet immens unter den extremen Temperaturen über 30° C. Die Folge: Die geschwächten Bäume verlieren vorzeitig ihr Laub und ganze Kronenteile sterben ab.

Giftpilz aus Asien hält Einzug

Als weitere Bedrohung für den heimischen Wald sieht Peter Birkholz vom AELF vor allem die Globalisierung. Für das großflächige Eschentriebsterben ist vor allem ein asiatischer Pilz, das Falsche Weiße Stängelbecherchen, verantwortlich. „Von Jahr zu Jahr verlieren die Eschen an Vitalität“, so Birkholz. Zu verhindern sei die Ausbreitung nicht, die heimischen Bäume seien zum einen nicht an den fremden Pilz gewöhnt, zum anderen werden die winzigen Pilzsporen durch den Wind über weite Strecken übertragen.

Gefahr für Mensch, Tier und Wald

Seit Mitte der 1990er Jahre beobachtet die Bayerische Landesanstalt für Wald und Forstwirtschaft ein verstärktes Auftreten des Eichenprozessionsspinners. Dieser ist nicht nur gefährlich für Mensch und Tier, sondern auch für Bäume, insbesondere, wie der Name schon sagt, für Eichen. „Seit vier Jahren ist die Ausbreitung hier im Landkreis besonders schlimm“, sagt Peter Birkholz und erzählt weiter: „Normalerweise verwenden wir zur Bekämpfung von Schädlingen keine Chemikalien, aber um die Ausbreitung einzudämmen haben wir erstmalig auch Insektizide eingesetzt.“

Was tun, um das Waldsterben zu verhindern?

Das Stichwort lautet: Diversität! „Man darf nicht mehr nur auf eine Baumart vertrauen. Wir vom AELF setzen daher darauf, dass sich Waldbestände künftig aus mindestens vier Baumarten zusammensetzen. Dazu gehören Eichen, Buchen, die Elsbeere, die Baumhasel oder Walnussbäume, aber auch Nadelhölzer wie die Douglasie oder die heimische Tanne“, berichtet Peter Birkholz. Besonders die Elsbeere hält der Förster für eine gute Wahl: „Die Elsbeere ist bei uns eigentlich schon seit jeher heimisch und kommt meist aufgrund ihrer eher kleineren Wuchshöhe in Eichenbeständen als‚ Begleitbaumart‘ vor. Sie produziert aber durchaus ein sehr wertvolles Holz und durch ihre hohe Toleranz gegenüber Hitze und Trockenheit hat sie beste Zukunftsaussichten.“

Das Wild gehört zum Wald

Zudem setzt das AELF darauf, neue Baumarten zu pflanzen, die mit dem Klimawandel besser zurecht kommen – mit ihren tiefen Wurzeln können vor allem Laubmischwälder Stürmen und Trockenperioden besser standhalten als zum Beispiel Fichten. Für wichtig erachtet Birkholz auch die Regulierung der heimischen Rehbestände, denn hohe Wildbestände führen zu artenärmeren und damit weniger stabilen Wäldern: „Natürlich gehört Wild zum Wald. Wir wollen auf gar keinen Fall, dass die Rehe ausgerottet werden. Rehe sind aber Feinschmecker und fressen sehr selektiv. Die Baumarten, die den Rehen weniger schmecken, bleiben stehen und können sich so in der Verjüngung gegenüber den anderen Baumarten verstärkt durchsetzen. Dadurch entmischen sich artenreiche Verjüngungen und es entstehen meist nur von einer Baumart dominierte Bestände.“