Neben insgesamt acht Spielerinnen konnte im Sommer auch Headcoach Niko Kuusi von einem Verbleib in Nördlingen und damit bei den Eigner Angels überzeugt werden. Für den Basketball-Bundesligisten ein wichtiger Schritt in der Personalplanung. Nur wenige Monate später stehen die Angels bereits vor ihrer 18. Bundesliga-Saison in Folge. Im Vergleich zu den Vorjahren hat sich bei den Angels nur wenig verändert. Gleicher Trainer, gleicher Mannschaftskern, gleiches familiäres Umfeld und trotzdem will man auch in der kommenden Saison wieder sportlichen Erfolg und Playoff-Basketball in der Hermann-Keßler-Halle sehen. Mit Coach Niko Kuusi haben wir in der Spielstätte der Mannschaft im Rieser Sportpark über die anstehende Saison, die Basketball-EM in Finnland und seinen Alltag als Bundesliga-Trainer gesprochen.
Coach, am Samstag geht die Saison los. Wie ist die Stimmung – und wie lief die Vorbereitung?
Niko Kuusi: Es ist wie jedes Jahr ein Mix aus Vorfreude und Nervosität. Das erste Spiel ist immer eine kleine Wundertüte, weil man meist nur wenig über den Gegner weiß und unklar ist, was genau auf die Mannschaft zukommt. Der Hauptgrund hierfür: Viele Teams stellen ihren Kader in der Offseason komplett um.
Es ist Ihre zweite Saison hier in Nördlingen. Ein großer Teil des Teams ist zusammengeblieben. Wie wichtig ist das für Sie?
N.K.: Sehr wichtig, es ist natürlich ein großer Vorteil. Wenn acht Spielerinnen aus dem Vorjahr bleiben, müssen wir nicht bei null anfangen. Die Mädels kennen unsere Standards, unsere Spielphilosophie – und sie kennen mich. Das macht die Integration der Neuzugänge hier in Nördlingen deutlich einfacher. Natürlich bedeutet das aber auch, dass ich selbst kreativer werden muss, um das Team weiterzuentwickeln. Ich habe deshalb in der Vorbereitung auch mich kritisch hinterfragt und überlegt, wo wir noch besser werden können.
Gibt es konkrete Schwachstellen, an denen ihr diesbezüglich arbeitet und über die du so kurz vor der Saison sprechen kannst?
N.K.: Ja, wir haben ein paar Dinge in der Defense angepasst. Nach der letzten Saison haben wir zwei Analysen gemacht – eine für die Phase vor Weihnachten, in der wir viel Verletzungspech hatten und der Kader noch nicht stand, und eine Analyse für die Zeit danach. Da waren wir ein völlig anderes, viel stärkeres Team, das gegen jeden Gegner konkurrenzfähig war. Diese Erkenntnisse haben wir genutzt, um kleine, aber wichtige taktische Änderungen vorzunehmen – im Angriff und in der Verteidigung. Konkreter kann ich allerdings nicht werden.
Wie sieht der typische Alltag eines Bundesliga-Trainers bei den Angels aus?
N.K.: Ich stehe meistens um 5:30 Uhr auf, plane die erste Trainingseinheit des Tages, bringe meine Tochter in die Kindergrippe und arbeite dann am Wochenplan meines Teams. Mittags trainieren wir zum ersten Mal. Zunächst jede Spielerin individuell im Kraftbereich, danach findet Mannschaftstraining statt. Am Nachmittag versuche ich selbst Sport zu machen – aktuell viel Laufen – und bereite dann die Abend-Einheit vor, die um 18:00 Uhr startet.
Momentan, also zu Saisonbeginn, ist es häufig etwas hektischer, weil neue Spielerinnen und Staff-Mitglieder erst in die Abläufe finden müssen. In der zweiten Saisonhälfte wird es meist einfacher, weil sich das Team besser kennt und eingespielter ist.
Weil ich bei den Angels für alles verantwortlich bin, was den Basketball direkt angeht, kann ein Tag schonmal lange werden. Dazu zählen neben Training auch Taktik, Analyse und Scouting – Strength und Conditioning übernimmt unser Athletik-Coach Ben.
Wie funktioniert Scouting und die Vorbereitung auf kommende Gegner im Profi-Bereich?
N.K.: Wir arbeiten dafür mit einem speziellen Programm namens XPS. Darüber steuern wir alles – u.a. Krafttraining, Belastungssteuerung und Fragebögen an unsere Spielerinnen. Außerdem nutze ich das Programm, um meine Videoanalysen und Präsentationen zu erstellen. Für uns ein wertvolles Tool, das die tägliche Arbeit stark erleichtert.
Wie leicht fiel Ihnen die Entscheidung im Sommer, hier in Nördlingen zu bleiben?
N.K.: Sehr leicht – vor allem, als früh klar war, dass einige wichtige Spielerinnen ebenfalls bleiben werden. Auch für meine Familie – für mich die wichtigsten Bezugspersonen - war es rückblickend eine gute Entscheidung. Dazu musst du wissen: Ohne meine Frau Sara wäre das hier alles nicht möglich – sie arbeitet in Finnland, ihr Arbeitgeber erlaubt ihr aber, remote von hier aus zu arbeiten. Nur so ist meine Tätigkeit als Basketball-Coach in Deutschland überhaupt möglich. Nördlingen ist außerdem ein großartiger Ort für Kinder: sicher, klein und familiär.
Vor Kurzem hat Finnland das Halbfinale der EuroBasket erreicht – der größte Erfolg der Basketball-Geschichte Ihres Heimatlandes. Wie haben Sie das erlebt?
N.K.: Ich bin und war unglaublich stolz. Niemand hatte erwartet, dass sie Serbien schlagen – um ehrlich zu sein, ich auch nicht. Und trotzdem kam der Erfolg nicht aus dem Nichts, sondern ist das Ergebnis jahrelanger konstant guter Arbeit. Ich hoffe, dass der Erfolg viele neue Kinder zum Basketball bringt. Auch weil er zeigt, dass man auch als kleines Land Großes erreichen kann, wenn man zusammenarbeitet.
Auch im Frauenbasketball läuft es sehr gut: Unsere U16-Nationalmannschaft gewann bei der Europameisterschaft 2024 Gold und unsere U18 erkämpfte sich in diesem Jahr die Silbermedaille. Es gibt also auf beiden Seiten – Männer wie Frauen – einen richtigen Aufschwung.
Wo steht Basketball in Finnland im Vergleich zu anderen Sportarten?
N.K.: Hinter Eishockey und Fußball klar auf Platz drei.
Schauen Sie privat noch Basketball?
N.K.: (lacht) Schwierig. Selbst vor dem Fernseher analysiere ich automatisch. Ich liebe Basketball, das ist keine Frage. Aber wirklich entspannend ist es für mich nicht immer.
Was sind Ihre Ziele für die bevorstehende Saison?
N.K.: Vor allem möchte ich sehen, dass jede Spielerin einen Schritt nach vorne macht. Natürlich wollen wir gewinnen – aber wenn die individuelle Entwicklung stimmt, kommt der Erfolg fast von allein. Persönlich will ich eine Kultur schaffen, in der sich die Spielerinnen sicher fühlen, frei sind und ihr volles Potenzial ausschöpfen können.
Letztes Jahr sind wir Achter geworden. Wenn wir Siebter werden, haben wir uns bereits verbessert. Vielleicht können wir auch im Pokal etwas reißen – aber ich schaue nicht zu weit voraus, konzentriere mich auf das Hier und Jetzt, auf die nächste Einheit und das nächste Spiel. Alles Weitere schauen wir Schritt für Schritt.
Und wer ist für Sie der große Favorit in der Liga?
N.K.: Ganz klar Keltern – sie haben wieder ein starkes Team zusammengestellt – zumindest auf dem Papier.